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Ein echter Drewermann: Richtet nicht! Strafrecht und Christentum

25. Mai 2023

Ein echter Drewermann, möchte man fast sagen: provokant, kompromisslos, streitbar, fast schon eine Kampfansage an einen machtausübenden Staat und an eine machtausübende Kirche, die ihrem ursprünglichen Auftrag untreu geworden ist – mit ihren Urteilen und ihrem Verurteilen, mit ihrem Richten und Strafen – spätestens seit dem 4. Jahrhundert. Die Kirchen müssten „aufhören dem Staat […] dienstbeflissen zur Seite zu stehen“, indem sie beispielsweise diesem Gefängnisseelsorger:innen „zur Verfügung stellen“, die „das bestehende System funktionstüchtig [zu] halten“. Ein echter Drewermann auch wegen der 2.299 Seiten, die die drei Bände umfassen, ca. 120 Seiten Literaturangaben und Personenregister – von den unzähligen Fußnoten einmal abgesehen. Das mag abschrecken, soll es aber nicht.

Viele (fast zu viele) Details machen die Lektüre zwar manchmal mühsam, erschließen aber historische Zusammenhänge und lassen die Gegenwart besser verstehen. Sie machen deutlich, wie akribisch und kenntnisreich, wenn auch bisweilen etwas einseitig, Drewermann an dieses Werk ging, lassen aber auch erkennen, dass nicht alles neu ist – zumal der Autor an vielen Stellen auf frühere Werke verweist. Dies macht die drei Bände freilich nicht weniger lesenswert, wenngleich sie ihres Umfanges wegen viel Interesse, Motivation und manchmal auch Geduld abverlangen. Die folgende Besprechung konzentriert sich auf die Bände I und II, die zusammen einen großen historischen Überblick der Strafrechtsgeschichte von den Anfängen (einschließlich einem evolutionsbiologischen Blick ins Tierreich) bis zur Französischen Revolution bieten. An der einen oder anderen Stelle soll zugleich ein erster Blick in Band III, der im Frühjahr 2023 erschien, geworfen werden.

Michel Foucaults Analysen

Drewermann greift in seiner Bewertung v.a. auf die Analysen des französischen Philosophen Michel Foucault (1926-1984) zurück. Diese bilden gewissermaßen den Rahmen der beiden ersten Bände (I, bes.63ff; II, bes. 735ff) und bieten den hermeneutischen Schlüssel für Drewermanns Sicht auf die Geschichte menschlichen Strafens. Sie ist eine Geschichte von (Disziplinier-) Macht und gewaltsamer Anpassung von Menschen an Moral und Normen derer, die die Definitionshoheit über diese haben und damit nichts anderes als ihre Herrschaft sichern wollen. „Es geht dabei nicht um ‚Gerechtigkeit‘, die – nach dem Schuldprinzip – am Einzelnen als Übeltäter durch die Strafe ausgeübt würde; bestraft wird lediglich die Tat als Störung der öffentlichen Ordnung“, fasst dies Drewermann zusammen (I, 112). Unabhängig davon, ob Foucaults Analysen der Komplexität der so genannten Zweiten Moderne noch gerecht werden, stellt sich die Frage, warum Drewermann keine anderen Deutungen zumindest in Betracht zieht , zumal er im Nachsatz, „und stabilisiert wird durch den Strafvorgang der innere Zusammenhalt des Sozialverbandes“ (ebd.) doch an den Ansatz des französischen Ethnologen und Soziologen Émile Durkheims (1858-1917) erinnert.

Nicht aus Sicht der Arrivierten und Etablierten

Neben Foucault ist es die Botschaft Jesu und dessen Erlösungshandeln, an dem Drewermann das menschliche Strafen bemisst. Keinesfalls sieht er im gewaltsamen Tod bzw. im Kreuz Jesu eine Legitimation menschlichen Strafhandelns im Namen eines gerechten und (deshalb auch) strafenden Gott. Im Gegenteil erblickt er gerade darin „ein Mahnmal […] gegen die Gewalt“ (I, 226-306), worin man ihm uneingeschränkt folgen kann. Hier wird Drewermann mit seiner konsequenten und kompromisslosen Haltung richtig unbequem. Im Blick auf die christliche Sicht auf die menschliche Strafpraxis sind die Einleitung „‚Ans Kreuz mit ihm‘ (Joh 19,14) oder: Ändert die Welt“ (I, 7-34) sowie die Kapitel III.1 e) „Rechtvorstellungen im Alten Israel“ und f) „Das Kreuz – ein Mahnmal Jesu gegen die Gewalt nach innen und nach außen“ (I, 226-306) sowie der Schluss „Die Konstitutionen von Melfi“ (I, 451-570, bes. 560ff) besonders interessant. Dabei wird auch seine gesamte Blickrichtung klar: „Denn so sah er [Jesus; SR] die Welt: Nicht länger aus der Sicht der Arrivierten und Etablierten, sondern aus der Sicht der Entfremdeten und Ausgestoßenen, der sich Verlierenden und Fallengelassenen, der Verirrten und Verwirrten“, „gefährlich für die Grundsätze der bürgerlichen Ordnung“ und deren Gesetze (I, 8f). Und: „Diese Gesetze regeln das Zusammenleben aller, die sich der jeweiligen Gemeinschaft […] zugehörig fühlen; wer gegen sie verstößt, fügt der Gemeinschaft und der sie tragenden Autorität (des Gottes, des Herrschers, der Verfassung) Schaden zu; deswegen steht er in der Pflicht, den entstandenen Schaden entsprechend seiner Größe wiedergutzumachen.“ (I, 9). So kann man zwar in dem mit der Staatenbildung fortschreitenden Strafrecht eine Zähmung und Überwindung der (Blut-) Rache und eskalierender Gewaltanwendung sehen, aber indem staatliche Autoritäten über dieses Strafrecht die Opfer ihres Unrechts gewissermaßen enteignen, wird deutlich, dass es gar nicht mehr um diese Opfer geht, sondern allein, wie oben schon angedeutet, um die staatliche Ordnung als solche (vgl. I, 75; I, 112ff).

Befreiung von Bindung an Staat und Gesellschaft

Ganz anders bei Jesus, dessen Botschaft diesbezüglich einfach lautet: „Wer Unrecht tut, braucht mehr an Liebe, nicht ein Mehr an Strafe.“ (I, 15) Jesus stellte das Strafen grundsätzlich in Frage und im Anschluss an ihn fragt Drewermann: „Wie läßt sich die Praxis des Strafens ersetzen durch eine Praxis des Helfens und des Heilens?“ (I, 33). Eine Frage, die dann in Band III ihre Antwort finden wird, indem etwa Alternativen zur Gefängnisstrafe aufgezeigt werden (III, 774-832). Diese Botschaft Jesu ist bereits in den staatskritischen Texten des Alten Testamentes und dann insbesondere bei Jeremia schon vorbereitet: „Der Glaube an Jahwe selber mußte transformiert werden: von außen nach innen, von Angst und Strafe in Vertrauen und Vergebung, von juristischer, theologischer und kultischer Vermittlung in die Gottesunmittelbarkeit einer gelebten Menschlichkeit und glaubhaften Güte.“ (I, 247) Drewermann denkt dabei sehr radikal (auch utopisch oder – wie manche vielleicht denken – realitätsfremd?), wenn er meint: „Erst die Befreiung des Menschen von jeglicher Zwangsbindung an Staat und Gesellschaft durch ein absolutes Vertrauen in Gott erlaubt die dringend nötige Vermenschlichung von Gesetz und Moral; im Schatten von Macht und Gewalt sind beide bloße Instrumente in den Händen der Herrschenden.“ (I, 253)

Die ersten 4 christlichen Jahrhunderte

Band I „Vergangene Gegenwart“ spannt einen großen Bogen vom Strafverhalten in der Tierwelt (I, 35-60) über frühere Kulturen wie Mesopotamien, Ägypten, Induskulturen, minoische und mykenische Kultur, China, Süd- und Mittelamerika, das alte Griechenland und Rom, die Antike und Spätantike bis zum Mittelalter (I, 61-570). Interessant ist dabei natürlich v.a., wie sich das Christentum seit dem 4. Jahrhundert positionierte und wie es (oder die Kirche) sich heute positioniert. So beruft er sich im Blick auf die römische Strafpraxis des 2. und 3. Jahrhunderts ausführlich auf den Historiker Jens-Uwe Krause (I, 403-408), übersieht aber im Weiteren, dass derselbe Autor wertvolle Hinweise auf den Umgang der frühen Kirche – auch in Opposition zum Staat – mit Straftäter:innen gibt. Dass er sich zudem seitenweise an Karlheinz Deschner orientiert (I, 431-445), dem selbst kirchenkritische Autoren wie der frühere Bamberger Kirchenhistoriker Georg Denzler einen problematischen Umgang mit den Quellen vorwerfen, passt hierzu.

Im Blick auf die ersten vier christlichen Jahrhunderte resümiert Drewermann: „Während der Staat blieb, was er war, verwandelte sich die Kirche in eine unbotmäßige Dienerin der Herren dieser Welt.“ (I, 412) Es sind völlig andere Prinzipien, denen der römische und zuvor schon der griechische Staat mit ihren vernunftgeleiteten philosophischen Ideen folgten – eben anders als die biblischen Schriften. Griechisches und römisches Denken drangen in das christliche ein. Das kann man kritisieren, wie es Drewermann tut. Es hat aber auch eine andere Seite, wie sie Thomas Ruster beispielsweise am Beispiel des christlichen Philosophen Justin (2. Jhd.) aufzeigt: Justin ging es darum das Christentum gegenüber dem Staat als nicht „staatsgefährdend“, sondern sogar als „staatstragend“ zu verteidigen: „Ohne solche Übersetzungsarbeit wäre die Botschaft unverstanden geblieben und verstummt.“ „Die biblischen Schriften müssen sich fügen; gewaltsam werden sie auf den apologetischen Kurs getrimmt. Folgerichtig entsteht das Bild eines gradlinigen angepaßten Christentums: brauchbar im Gleichklang mit den herrschenden Erwartungen, eine Stütze des Staates. Der widerständige Rest – das Kreuz Christi – wird ins Unverbindliche weg-symbolisiert.“ Hier kommt Drewermann zu einem anderen Schluss, wenn er bei Augustinus (4. Jhd.) von einem „resignativen ‚Realismus‘“ spricht (I, 420). Insbesondere stellt er dessen – schon in Teilen des Neues Testamentes vorgezeichnete – Opfertheologie in Frage, denn „eine solche Theologie verfälscht letztlich die befreiende Menschlichkeit der Botschaft Jesu in eine masochistische Leidensbereitschaft und Selbstunterdrückung. […] Vor allem: wenn es für Gott notwendig ist, das Kreuz als Instrument des gerechten Strafens zu gebrauchen, wie sollte man es dann den Herrschenden verwehren können?“ (I, 418). Strafrechtlich änderte sich nichts unter den christlichen Kaisern Roms.

Wichtige Rechtsgelehrte

Band II beginnt mit zwei „Betrachtungen“ über den russischen Schriftsteller Leo Tolstoi (1828-1910) und den französischen Victor Hugo (1802-1885). In Tolstoi sieht er den Kritiker von Staat und Kirche (von der er exkommuniziert wurde) und kann ihm nur zustimmen, wenn dieser schreibt: „herrschen heißt Gewalt ausüben“, d.h., „einem andern das antun, was wir uns selbst nicht angetan wissen wollen“. Und in Hugos großem Werk „Les Miserables“ (Die Elenden) sieht er „den jesuanischen Gegensatz von Gnade und Gesetz, von Gottesmacht und Staatsmacht, von Menschlichkeit und Moralismus als das zentrale Thema unseres Selbstverständnisses nachgezeichnet“ (II, 17). Danach setzt er nochmals bei Augustinus an, der im (weltlichen Staat) eine Notwendigkeit sieht, die sich aus der Sündhaftigkeit des Menschen ergibt, und zeichnet die Entwicklung nach, die zu Thomas von Aquin führt, der unter Rückgriff auf Aristoteles auf eine schöpfungstheologische Begründung der staatlichen Autorität setzt.

Schließlich zeichnet er den kirchlichen „Machtanspruch über die Seelen“ nach (II, 151-403, den Kampf der Kirch gegen „Ketzer“, Protestanten, Naturwissenschaften und natürlich gegen „Hexen“. Im Weiteren den staatlichen „Machtanspruch über das Leben“ (II, 405-767), den Kampf der Spanischen Inquisition gegen Juden und Mauren, gegen die Lutheraner (in den spanischen Niederlanden), gegen die indigenen Völker in Mittel- und Südamerika. Dann schlägt er einen Bogen über „die Bambergische Halsgerichtsordnung von 1508“ und „die Peinliche Gerichtsordnung Karls V. (Carolina)“ (hier hätte sich der „Sachsenspiegel“ gut einfügen lassen) bis zur „Wende zur Neuzeit“ und zum Humanismus, (II, 453-511), referiert die wohl wichtigsten Rechtsgelehrten bis hin zu Thomas Hobbes und dessen negativem Menschenbild (wonach die Menschen einen „Krieg aller gegen alle“ führen und „der Mensch […] dem Menschen ein Wolf [ist]“) (II, 512-573). Dass sich daraus ein entsprechendes Strafrecht ableiten müsse, ist wohl selbstredend. Daran anschließend beschreibt er den radikalen Umbruch im Strafrechtsdenken, nämlich den Wandel vom relativen zum absoluten Strafrecht über Cesare Beccaria bis Immanuel Kant und Friedrich Wilhelm Hegel (II, 574-715). Gottesrecht wird zunehmend durch Menschenrecht im Sinne von Vernunftrecht ersetzt. Beccaria und andere utilitaristische Denker des 18. Jahrhunderts fragten nach dem Nutzen der Strafe für die Gesellschaft. Ihre „relativen Strafzwecktheorien“ wollten zukunftsorientiert TäterInnen resozialisieren, um so weitere Straftaten zu vermeiden (Spezialprävention) und potenzielle TäterInnen abschrecken (negative Generalprävention) bzw. in der Gesellschaft das Vertrauen stärken, dass Recht auch durchgesetzt werde (positive Generalprävention). Dagegen argumentieren später Immanuel Kant und Georg W. F. Hegel prinzipiell und greifen auf das Tallionsprinzip zurück. Sie schauen vergangenheitsorientiert auf die Tat zurück, fordern Sühne, Vergeltung und Wiedergutmachung mit Verweis auf die übergeordnete Gerechtigkeit. – Abschließend zeigt er am Beispiel des habsburgischen Absolutismus und im Gegensatz dazu an dem der gegen den Absolutismus gerichteten Französischen Revolution, wie entgegen aller aufklärerischen Strömungen das Strafrecht wieder einen Rückschritt macht (II, 715-767).

Eugen Drewermann, Richtet nicht! Strafrecht und Christentum, Patmos Verlag: Ostfildern, Bd. 1: Vergangene Gegenwart, 2020, 601 S., Bd. 2: Gerichtsvorstellungen vom Mittelalter bis in die Neuzeit, 2021, 813 S., Bd. 3: Über die Widersprüche der Strafjustiz und Lösungsansätze in der Gegenwart, 2023, 885 S.

Lösung des gordischen Knotens

Drewermann legt eine Geschichte der Gewalt und Macht von Kirche und Staat vor, eine Geschichte des Strafens zur Absicherung und Stabilisierung staatlicher und kirchlicher Herrschaft. So ließe sich die Quintessenz der ersten beiden Bände zusammenfassen – ganz im Sinne Foucaults. Diese Grundaussage durchzieht das gesamte Werk. Denn „strafen kann nur, wer die Macht dazu besitzt“ (I, 61ff). Drewermann zeichnet nach, wie über das römische (und von der Kirche transportierte) Rechtsdenken die germanische Rechtsauffassung zunehmend verdrängt wird. Ein Gedanke, der eigentlich durchgehend das Werk Drewermanns durchzieht: Strafe, die die staatliche oder kirchliche Obrigkeit vollstreckt, verdrängt den direkten Interessensausgleich zwischen TäterInnen und Opfer bzw. die Wiedergutmachung als Ziel statt Vergeltung. Das Opfer wird, wie schon gesagt, seines Rechtes auf Vergeltung und/oder Wiedergutmachung spätestens durch die Carolina (siehe oben) beraubt, und der Staat beansprucht für sich das Strafmonopol (auch wenn damit eventuell eskalierende Gewalt und Gegengewalt vermieden werden). So ist noch heute der Staat Kläger in Person des Staatsanwaltes und nicht das Opfer. Erst mit dem Ersten Opferschutzgesetz von 1986 (!) konnten Opfer ihre legitimen Interessen in bestimmten Fällen einbringen. Es ist sicher eine der Stärken von Drewermanns Werk darauf aufmerksam zu machen, und er sieht folgerichtig im so genannten Täter-Opfer-Ausgleich, wie er seit den 1990er Jahren zunächst im Jugendstrafrecht später im Strafgesetzbuch eingeführt wurde , und dann in „Restaurative Justice“ eine Veränderung in die richtige Richtung – nicht nur zur Rückgewinnung der Opferrechte, sondern auch zur Überwindung eines Straf- und Vergeltungsdenken, das Drewermann als mit der Botschaft Jesu unvereinbar und deshalb als unchristlich demaskiert. Es ist deshalb nur folgerichtig, dass er in Band III als „Lösung des gordischen Knotens“ Wege zur „Versöhnung von Opfer und Täter“ aufzeichnet (III, 774-832).

Nicht System funktionstüchtig halten

Drewermanns Position ist eindeutig und konsequent, anders als die der Kirche, der er ein „sowohl als auch“ (III, 798) bzw. ein „Hand in Hand“ (III, 649) vorwirft. Die Kirchen „müssten [sie] aufhören, als bereitwillige Assistenten dem Staat in all seinen Begründungsdefiziten und -engpässen dienstbeflissen zur Seite zu stehen. Wenn sie schon ‚Militärseelsorger‘ und ‚Gefängnisseelsorger‘ dem Staat zur Verfügung stellen, dann müssten sie auf die absolute konträre Zielsetzung ihrer Bemühungen hinweisen: nicht das bestehende System funktionstüchtig zu halten […], sondern die Unmenschlichkeit der staatlichen Umgangsweise mit Menschen und Vorgehensweisen gegen Menschen möglichst eindringlich bewußt zu machen und in der Praxis in ihr Gegenteil umzuwandeln.“ (II, 72) Die Militärseelsorge soll hier einmal ausgeklammert werden.


Wie Drewermann zu dieser Einschätzung der Gefängnisseelsorge kommt, erschließt sich mir nach zwölfjähriger Praxis in der Gefängnisseelsorge ebenso wenig wie nach Kenntnis der einschlägigen Literatur zur Gefängnisseelsorge der vergangenen 40 Jahre, die an keiner Stelle zur Kenntnis genommen wird (siehe Literaturverzeichnis in III, 842-847). So ist es nur konsequent, dass er unter der Überschrift „Psychotherapie, Seelsorge und Sozialarbeit oder: Formen der Betreuung“ (III, 712) das Thema Seelsorge eigentlich nicht weiter aufgreift und es in den anderen Behandlungsmaßnahmen untergehen lässt. Schade eigentlich, aber vielleicht genügt auch ein erster Blick nach Band III nicht und es lässt sich ein abschließendes Urteil erst nach gründlicher Lektüre desselben erheben. Trotz aller kritischer Anmerkungen lohnt sich das Buch zu lesen, weil es doch einen ausgesprochen riesigen detaillierten Überblick über die Geschichte des Strafens ermöglicht und den Blick öffnet (Band III) für einen neuen Umgang mit dem Strafen. Es ist allen zu empfehlen, die mit dem Strafrecht zu tun haben: RichterInnen, in der Justiz Tätige, SeelsorgerInnen – auch wenn sie als HandlangerInnen des Staates, der im Drewermannschen Sinne eher ein Unrechtsstaat ist, diskreditiert werden. Aber lassen wir hier einfach im Sinne der Botschaft Jesu und des Autors Gnade vor Recht walten und das Werk nicht allein daran messen. Wer die Zeit und das Interesse hat, sollte die 2.299 Seiten lesen.

Simeon Reininger

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