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Jüdisches Chanukkafest: Das Lichtwunder feiern

3. Dezember 2022

Dortmunder achtarmiger Chanukka-Leuchter inmitten der feiernden Gemeinde. Das neunte Licht ist der „Diener“, das Pilotlicht zum Anzünden der anderen. Inhaftierte aus der JVA Bochum-Langendreer nahmen mehrfach bei jüdischen Veranstaltungen in Dortmund und Bochum teil. Die Sicherheitshürden waren hoch, für die Überprüfung musste genügend Zeit einplant werden.

Das achttägige jüdische Chanukkafest gehört immer mehr zum festen Bestandteil der Jahreskalender der deutschen Kommunen, zumindest der größeren. Oft wirken BürgermeisterInnen selber mit bei der Eröffnung des Lichterfestes auf Ihrem Rathausplatz, in diesem Jahr am Abend des vierten Adventssonntages. Sie betonen, dass jüdisches Leben selbstverständlich dazu gehört. Dass die Stadtgesellschaft geschlossen hinter der jüdischen Community steht. Meist zünden sie selber das erste der acht Lichter an.

Am Anfang des Festes steht die Befreiung Judas von der Fremdherrschaft der Seleukiden, einer syrischen-griechischen Dynastie in der Nachfolge Alexander des Großen im zweiten Jahrhundert vor Christus. Die hellenistischen Herrscher hielten ihre Lebensweise im Vergleich zur alten Offenbarungsreligion für überlegen. Die frommen Juden waren für sie für rückständig und abergläubisch. Beschneidung und Sabbatgebot sollten abgeschafft werden. Überzeugte Gläubige waren gegen die Anpassung und begehrten auf. Auch der Zeus-Altar im Tempel war ihnen Dorn im Auge. Unter viel Blutvergießen konnte die Autonomie errungen werden. Beschrieben sind die Aufstände in den beiden alttestamentlichen Makkabäer-Büchern.

Juden begehen ihr Lichterfest Chanukka in 2022 ab dem 18. Dezember. ChristInnen feiern an Weihnachten Christus als das „Licht vom Licht“. Dem Dortmunder Stadtdirektor Jörg Stüdemann kam 2021 die Ehre zu, das erste Licht am Chanukkaleuchter zu entzünden.

Chanukkawunder

Ein Wunder geschieht bei der Wiedereinweihung des zweiten Tempels, des jesuanischen, 164 vor Christus. Nach Kämpfen mit den Seleukiden sei nur noch ein Krug geweihten Öles für die Menora, den siebenarmigen Leuchter, übrig gewesen. Der darf niemals erlöschen. Für einen Tag würde das Öl reichen, man braucht aber acht Tage, um neues reines herzustellen. Wie durch ein Wunder reicht das wenige Öl doch für acht Tage. Ob man die Dochte so dünn wie möglich machte? Ob es sehr gutes Öl war? Hinterher nennt man es das Chanukkawunder. Nach der Zerstörung dieses Tempels 70 n. Chr. feiert man das Fest in den Gemeinden und Familien weiter. Dabei steht immer im Zentrum das Anzünden der acht Kerzen an acht Tagen.

Alle sollen die Lichter sehen

In Bochum steht der Chanukka-Leuchter auf dem Rathausbalkon. In Dortmund wird er in der Regel am achten Tag von der Terrasse des Opernhauses auf die Kulturinsel des Phönixsees gebracht. Nach Reden und Segensspruch werden alle Kerzen angezündet. Fröhliche Musik erklingt, die Leute klatschen und schunkeln, der Rabbiner wippt im Takt mit dem Fuß, die Jungen der Gemeinde ziehen in Polonaise durch die Menge, es gibt Süßes und in Öl Gebackenes zu essen. Alle feiern ausgelassen das Hoffnungsfest. Beim wöchentlichen Sabbatkerzenentzünden geht es um den Frieden im Haus, bei den Chanukkakerzen um den Religionsfrieden in der Öffentlichkeit. Wer im höheren Stockwerk wohnt, soll die Chanukkia, den Leuchter, ans Fenster stellen, wer parterre wohnt, platziert ihn außen an der Haustüre. Gelegentlich gibt es Autokorsos mit elektrischen Chanukkias. Alle sollen die Lichter sehen. Auch öffentlich an bedeutsamen Plätzen der Stadt.

Jüdisches Vorbild

Chanukka ist zutiefst eine Feier der Widerständigkeit, der Nichtanpassung und der öffentlichen Bekenntnisfreudigkeit. Hier können wir als Christen einhaken. Bei aller äußeren Ähnlichkeit im Brauchtum haben Christen einen anderen Bekenntnisinhalt. Es geht um die Geburt des ewigen Gottessohnes. Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott, sagt das Glaubensbekenntnis. In ihrer Glaubenstreue jedoch und ihrer Unangepasstheit dürfen uns die leidensbereiten jüdischen Makkabäer vor 2200 Jahren in hellenistischer glaubensfeindlicher Umwelt durchaus Vorbild sein.

Alfons Zimmer

 

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