Der Cannabis-Konsum ist durch die Haltung der Union nach wie vor verboten. Jenseits der Union haben zur Bundestagswahl alle demokratischen Parteien Konzepte zur Entkriminalisierung oder Legalisierung von Cannabis vorgelegt. Die SPD spricht sich für eine Lösung zwischen den Fronten aus. Modellstädte sollen den Weg ebnen. Der jährlich stattfindene Weltdrogentag wurde von den Vereinten Nationen 1987 mit dem Ziel ausgerufen, eine Gesellschaft ohne Drogenmissbrauch zu erreichen.
Gerade bei Cannabis zeigt sich, wie das Verbot des Rauschmittels diesem Ziel in die Quere kommt. Laut dem Zukunftsprogramm der SPD konnte der bisherige Umgang mit dem Thema Cannabis den Konsum der Droge nicht senken. Stattdessen steht er effektiver Suchtprävention und dem Jugendschutz entgegen, heißt es in dem Wahlprogramm weiter – und würde enorme Ressourcen bei Justiz und Polizei binden.
Umdenken in der Cannabis-Politik
Damit bahnt sich ein Umdenken in der Drogenpolitik an. Vor allem geht es um die Frage der Legalisierung beziehungsweise Entkriminalisierung des Cannabis-Konsums. Den Beginn machte allerdings bereits 2017 ein Gesetz, das Ärzten in Deutschland erlaubt, Cannabis als Medikament verschreiben. Die Union hält bisher an ihrer vehementen Verbotshaltung fest und weist dabei auf die gesundheitlichen Risiken und Langzeitfolgen hin. Das stößt in verschiedenen Reihen auf Unverständnis, so auch bei Burkhard Blienert, Vorsitzender der SPD im Kreis Paderborn und Bundestagskandidierender. Das neuartige Konzept sei schließlich entworfen worden, um Probleme, die es momentan durch den illegalen Cannabiskonsum gibt, zu bekämpfen: „Wir wollen durch eine regulierte Abgabe den Schwarzmarkt austrocknen, die Prävention und Gesundheitsvorsorge verbessern und den Konsum von Cannabis entkriminalisieren“.
Modellprojekte an neue Drogenpolitik heranführen
Konkret fordert die SPD eine regulierte Abgabe von Cannabis an Volljährige in Modellprojekten: In einem Positionspapier sprach sich die SPD-Bundestagsfraktion bereits im vergangenen Jahr für dieses Vorgehen aus. Blienert hält dies für eine sinnvolle Maßnahme, damit Kommunen und Länder Erfahrungen sammeln können. Eine heiße Anwärterin als Modellstadt, wie die SPD hätte dieses Konzept bereits mit der Stadt Frankfurt am Main: Die Jusos sowie die Jugendorganisationen der Grünen und der Linken in Frankfurt fordern bereits seit 2019 eine Weiterentwicklung der Cannabispolitik: Sie wollen eine legale Ausgabestelle für das Rauschmittel in Frankfurt. Die Stadt machte sich bereits in den vergangenen Jahren mit ihrer progressiven Drogenpolitik einen Namen, die als „Frankfurter Weg“ bekannt ist. Omar Shehata will sich als junger Stadtverordneter der Frankfurter SPD für das Projekt stark machen: „Das Modellprojekt wäre eine echte Chance, den Kampf gegen den organisierten Drogenhandel einzudämmen und gleichzeitig bei den KonsumentInnen für Aufklärung zu sorgen. Dies könnte in angespannten Vierteln zu mehr Sicherheit für die AnwohnerInnen führen, die seit Jahren unter dem organisierten Drogenhandel leiden.“
Präventions- und Beratungsmaßnahmen für Jugendliche
Das jetzige Konzept des Zukunftsprogramms sieht weiterhin vor, dass die Lockerungen mit Präventions- und Beratungsmaßnahmen für Jugendliche begleitet werden. Außerdem soll bundeseinheitlich geregelt werden, dass der Besitz kleiner Mengen von Cannabis nicht mehr strafrechtlich verfolgt wird. „Wie Alkohol ist auch Cannabis eine gesellschaftliche Realität, mit der wir einen adäquaten politischen Umgang finden müssen“, lautet die Begründung hierzu im Zukunftsprogramm. Begrüßt wird dieser Vorstoß auch bei den Jusos. Für die Bundesvorsitzende Jessica Rosenthal ist eine neue Drogenpolitik überfällig: „Wir Jusos kämpfen dafür, dass die Realität des Kiffens auch politisch endlich anerkannt wird. Das Verbot von Cannabis hat den Konsum bisher nicht reduziert – im Gegenteil. Uns geht es aber um noch mehr: Wir wollen dafür sorgen, dass Konsument*innen nicht mehr wie Kriminelle dargestellt und verfolgt werden“.
Damit legt die SPD einen Kompromiss vor zwischen der Forderung nach strikter Legalisierung, wie sie von den Grünen und den Linken gestellt wird und der Abwehrhaltung der Union. Die sozialdemokratische Forderung nach Entkriminalisierung bedeutet, die Strafbarkeit abzuschaffen. Eine Legalisierung wie von Grünen und Linken gewünscht würde auch den Handel mit dem Rauschmittel erlauben. Die FDP setzt sich ebenfalls für einen legalisierten Handel mit Cannabis ein, fordert jedoch eine vergleichsweise hohe Steuer für das Rauschmittel. Hierfür wurde die Partei zuletzt vom Deutschen Hanfverband kritisiert. Pro 100 mg THC soll nach Forderung der FDP eine Steuer von 10 Euro anfallen. Dies würde den Preis für Cannabis auf dem legalen Markt dermaßen in die Höhe treiben, dass der Schwarzmarkt nach wie vor attraktiv bleibe.
Alica Aldehoff | Vorwärts
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Cannabis-Verbot landet in Karlsruhe
Das Vorschriften des BtMG, soweit sie den Besitz von Cannabis betreffen, sind nach den Urteilen der Amtsgerichte Münster und Bernau verfassungswidrig. Wegen 0,4 Gramm muss sich das BVerfG nun mit einer weiteren Richtervorlage befassen. Das Amtsgericht (AG) Münster hält die Strafvorschriften im Betäubungsmittelgesetz (BtMG), die den Besitz von Cannabisprodukten betreffen, für verfassungswidrig. Ein Verfahren, in dem einem Mann der Besitz von 0,4 Gramm Marihuana zur Last gelegt worden war, hat das AG deshalb ausgesetzt und nach Art. 100 Abs.1 Grundgesetz (GG) dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Entscheidung vorgelegt (sog. konkrete Normenkontrolle) Der Beschluss findet sich in der Rechtsprechungs-Datenbank des Landes Nordrhein-Westfalen (Beschl.v. 12.11.2020, Az.: 50 Cs.260 Js 1073/20-184/20). Mehr Infos hier…