Das ist wirklich der Prophet, der in die Welt kommen soll… Jesus hätte sich doch freuen können über diese Aussage der Menschen angesichts der Speisung der Vielen: Eine Ehrerbietung, eine Anerkennung, ein Lob. Wie leicht hätte er daran anknüpfen, darauf aufbauen können. Wenn einmal etwas gut läuft, wenn einmal etwas zündet, dann muss man das ausnutzen, erweitern, ausbauen. Immer größer, immer stärker, immer mächtiger.
Er tut es nicht. Macht das Gegenteil. In einem Satz fasst der Evangelist zusammen warum: Er erkannte, dass sie kommen würden, um ihn in ihre Gewalt zu bringen und zum König zu machen. Ein König als Angestellter seines Volkes. Ein König, der solange gut gelitten ist, wie er „Brötchengeber“ ist, wie er die Bedürfnisse der Menschen befriedigt, wie er sich die Gunst seines Volkes verdient.
Applaus für erwartetes Tun
Jesus in den Händen der Menschen… als Sattmacher, als Wunderwaffe, als gute Laune Garant, als Funktionär, vereinnahmt, auf eine bestimmte Rolle festgelegt, begrenzt, abhängig, fast wie eine Puppe, eine Marionette. Braver Applaus für erwartetes Tun. Sorgsames Erfüllen der Erwartungen. In der Gewalt der Menschen, bei Bedarf hervorgeholt und ausgesetzt, bei Bedarf gebraucht, irgendwie eingebaut, mehr Objekt. Und dafür gibt es ein Krönchen, ein Fleißkärtchen, ein Krönchen, das man jederzeit wieder abnehmen, ein Fleißkärtchen, das man jederzeit wieder aberkennen kann.
Ist das im Glauben ähnlich?
Jesus als Erfüller meiner Erwartungen? Können sogar unsere Gebete wie eine ihm von uns verliehene Krone sein, die sehr schnell zu glänzen aufhört, wenn der Bauch nicht satt, das Gefühl nicht befriedet, die Erwartung nicht erfüllt wird? Jesus in den Händen der Menschen… die ein Bild von ihm haben, einen Rahmen, den er ausfüllen muss. Jesus in den Händen der Kirche… die Deutungshoheit für sich in Anspruch nimmt und genau weiß, was er für alle Zeiten will und was nicht. Jesus in den Händen der darstellenden Kunst… die festhält, was nicht festzuhalten ist.
Jesus entzieht sich
Er will das nicht. Das raubt ihm auf eine andere Weise sein Leben, mehr als es das Kreuz vermag. Er lebt dann nicht mehr von Gott her, er lebt von den Menschen her. Ein sich entziehender Gott, wenn Menschen ihn in ihre Gewalt bringen, wenn Menschen ihn krönen wollen. Ein sich entziehender Gott: Kann es sein, dass wir – auch in Kirche – ihn manipuliert haben und weiterhin manipulieren, ein Gott nach unseren Vorstellungen zur bequemen Sättigung, ein Gott, mit dem man sich schmücken und zieren kann?
Das mir mögliche tun
Bevor sich Jesus allein auf den Berg zurückzieht, macht er in der Wundergeschichte deutlich, wie er sich und uns Menschen sieht: Das mir mögliche tun, wir unsers, er seins. Der heilige Augustinus hat einmal formuliert: „Bete, als hinge alles von Gott ab. Handle, als hinge alles von dir ab.“ Bring das ein, was du hast. Die fünf Gerstenbrote, die zwei Fische. Gib alles. Glaub nicht, es sei zu wenig, was du hast, was du bist. Und selbst wenn du es glaubst, tu es dennoch. Was daraus wird, liegt nicht in deinen Händen. Aber das dir mögliche hast du getan.
Bernd Mönkebüscher | Joh 6, 1-15