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Projekt: Bibliographie zur Gefängnisseelsorge

3. Juni 2019

Vor 30 Jahren im Jahr 1998 legte Peter RASSOW die „Bibliographie Gefängnisseelsorge“ vor. Von 1965 bis 1993 war er evangelischer Gefängnisseelsorger in der Justizvollzugsanstalt Celle, und er war langjähriger Vorsitzender der „Evangelischen Konferenz für Gefängnisseelsorge in Deutschland“ sowie „Beauftragter der EKD für die Seelsorge an Justizvollzugsanstalten“. RASSOW, machte sich in vielfacher Weise um die Gefängnisseelsorge verdient, unter anderem durch etliche Veröffentlichungen  und nicht zuletzt durch die von ihm veröffentlichte Bibliographie. „Es gibt kaum etwas (zum Thema Gefängnisseelsorge)“ war unter den GefängnisseelsorgerInnen damals zu hören, und auch später war es schwer, Fachliteratur zu erhalten, obwohl es sie gab, freilich sehr verstreut und schwer zugänglich.

RASSOW´s Anliegen war es damals Pfarrern „Fachliteratur als Praxishilfe“ an die Hand zu geben, und so entstand über drei Jahrzehnte in sehr akribischer Arbeit ein 1703 Titel umfassende Bibliographie, ergänzt durch ein systematisches und ein chronologisches Register sowie einem Autoren- und Stichwortregister. Seither sind 20 Jahre vergangen, und es gibt gute Gründe RASSOW´s Arbeit fortzuführen. Die Idee hierfür entstand eher zufällig bei der Suche nach neuen Veröffentlichungen zur Vorbereitung der jährlichen „Fachtagung Kirche im Justizvollzug“, die 2019 zum 47. Male stattfand. Diese Fachtagung ist Teil eines im Vierjahreszyklus durchgeführten Curriculums zur Weiterbildung zur GefängnisseelsorgerInnen und umfasst vier Themenbereiche:

  1. „Seelsorge in der Institution Gefängnis“, mit dem Ziel, „die besonderen Rahmenbedingungen des Arbeitsplatzes Gefängnis kennenzulernen und sich dazu verhalten zu können“,
  2. „Mein Selbstverständnis als SeelsorgerIn“ mit dem Ziel „die eigene Rolle und Aufgabe in der Institution Gefängnis zu reflektieren“,
  3. „Die Inhaftierten“ mit dem Ziel, „einen ganzheitlichen Blick auf die Zielgruppe der Inhaftierten zu bekommen“ und
  4. „Liturgie im Gefängnis“ mit dem Ziel, „sich mit den besonderen Fragen und Herausforderungen einer liturgischen Feier im Gefängnis zu befassen“.

Die TeilnehmerInnen dieser Tagungen zeigen immer wieder Interesse an Publikationen zur Gefängnisseelsorge. Ebenso fragen PraktikantInnen in der Gefängnisseelsorge danach. Hinzu kommen Theologiestudierende, die sich vorstellen können, selbst einmal in der Gefängnisseelsorge tätig sein zu können oder die Literatur für Haus-, Bachelor-, Masterarbeiten oder Dissertationen zum Thema schreiben wollen. Genug Gründe als RASSOW´s Bibliographie fortzuführen. Schließlich kann es auch für erfahrene SeelsorgerInnen lohnenswert sein, ihre eigenen, subjektiven Erfahrungen durch neue, aktuelle und bisweilen auch verstörenden Veröffentlichungen zu ergänzen und auf deren Hintergrund zu reflektieren. Schlussendlich sind es BesucherInnen der Justizvollzugsanstalten oder Veranstaltungen zur Gefängnisseelsorge, deren Interesse häufig auch kriminologische Themen, aktuelle Statistiken oder rechtliche Fragen betrifft.

Als Systematik ist eine andere als die von RASSOW´s geplant. Sie soll sich an den Themen des erwähnten Curriculums anlehnen: 1. kriminologische, 2. strafrechtliche, 3. seelsorgerliche und 4. liturgische Literatur. Diese Themen umfassen damit ein sehr breites Spektrum. Aber „GefängnisseelsorgerInnen arbeiten innerhalb eines besonderen strukturellen Rahmens, der sich von anderen pastoralen Feldern grundlegend unterscheidet und deshalb von den darin Tätigen besonderer Kenntnisse verwaltungsmäßiger Vorgänge und juristischer Regelungen bedarf.“ Bei der bisherigen Sichtung der Literatur fallen zwei Themenbereiche besonders auf – und sie sollen entsprechenden Raum bekommen: 1. Ethik und Menschenwürde sowie 2. Muslimische Gefängnisseelsorge.

Seit über 10 Jahren arbeiten katholische GefängnisseelsorgerInnen am Projekt „Ethik im Justizvollzug“. In drei Justizvollzugsanstalten haben bereits Ethikkomitees ihre Arbeit aufgenommen. An der Universität Würzburg wird das Projekt mit Prof. Dr. Michelle Becka wissenschaftlich begleitet.“ Daneben began sich in den letzten Jahren nach und nach die Muslimisch-religiöse Betreuung zu etablieren. Ein noch unabgeschlossener und schwieriger Prozess, aus dem eine Fülle von Literatur hervorging. Ob es muslimische Seelsorge überhaupt gibt bzw. ob für die Sorge der Muslime ein anderer Begriff geeigneter sei, soll hier nicht entschieden werden, die Fülle der Literatur spricht eher dafür, wenn auch Verständnis und Ansatz sich von einem christlichen Seelsorgeverständnis unterscheiden mögen. Aber auch letzteres dürfte kaum einheitlich sein. Das Strafvollzugsgesetz garantiert jedenfalls „Seelsorge“ bzw. die „religiöse Betreuung“ von Inhaftierten (§ 53 Bund; § 52 Niedersachsen), ohne näher zu bestimmen, was darunter zu verstehen sei. Damit und mit der zunehmenden Entkonfessionalisierung in Deutschland nehmen die Veröffentlichungen zu Religionsverfassungsrechtlichen Fragen zu. Im Gegensatz zu RASSOW soll auf eine Zusammenstellung wichtiger Gerichtsurteile verzichtet werden. Diese findet man derzeit am besten bei MÜLLER-MONNING (Stand 2017).

© simeon.reininger(at)web.de

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