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100 Jahre Straffälligenhilfe: Vermittlung von Briefkontakten

26. Mai 2025

Am 9. Januar 1925 gründete der Jurist Johannes Muntau in Celle das heutige „Schwarzes Kreuz Christliche Straffälligenhilfe e.V.“, mit einer damals wegweisenden Idee: Ehrenamtliche sollten Gefangene begleiten und ihnen helfen beim Weg zurück in die Gesellschaft. Eine gezielte Förderung des Ehrenamts in der Justiz – was heute selbstverständlich erscheint, war damals eine Pionierleistung.

Johannes Muntau ist vor einem Jahrhundert Strafvollzugspräsident am Oberlandesgericht Celle. Er sieht Verurteilte, weggesperrt in den Gefängnissen, um die sich kaum jemand wirklich kümmert. Er will echte Resozialisierung – vor allem durch Menschen, die Anteil nehmen, sich vom Schicksal Inhaftierter bewegen lassen und sie begleiten. Als überzeugter Christ spielen da für ihn die Gefängnisseelsorger eine wichtige Rolle. Er will ihnen sogenannte „Laienhelfer“ an die Seite stellen, die sie unterstützen. 1924 gibt der Jurist einen entsprechenden Erlass heraus, und damit wird Ehrenamtlichen der Zutritt in die 112 ihm unterstellten Gefängnisse ermöglicht.

Briefkontakte und Aktionen

In den Kirchengemeinden reißt man sich keineswegs darum, in die Gefängnisse zu kommen. Da gibt es große Hemmschwellen. Muntau erkennt, dass zunächst Aufklärungsarbeit nötig ist. Die Kirchengemeinden müssen auf die Lage der Gefangenen, ihre Verantwortung und die Chancen dieses Dienstes aufmerksam gemacht werden. Erst dann können Menschen für die Mitarbeit gewonnen werden. Um das zu organisieren, schließen sich Muntau und vier weitere Männer 1925 zur „Christlichen Gefangenenhilfe“ zusammen – dem späteren Schwarzen Kreuz. Ein Jahrhundert ehrenamtliche Begleitung von Menschen in Haft, und das bundesweit: Das Schwarze Kreuz feiert dieses Jubiläum. Das Anliegen ist es, Inhaftierte auf ihrem Weg in ein Leben ohne Straftaten zu unterstützen. Damit leistet es einen wichtigen Beitrag zu Resozialisierung und Opferprävention. Ein Schwerpunkt sind die Briefkontakte zwischen Ehrenamtlichen und Inhaftierten. Sie sollen den Inhaftierten Stabilität und Lebensmut geben, damit sie es nach der Haft leichter haben, „draußen“ wieder Fuß zu fassen. Darüber hinaus gibt es regionale Arbeitskreise in verschiedenen Städten.

Zur Arbeit gehören verschiedene Projekte wie eine Weihnachtspaketaktion oder die erstellung eiens Knast-Kalenders mit Postkarten für Inhaftierte. Die Geschäftsstelle im niedersächsischen Celle begleitet und berät aktuell rund 640 Ehrenamtlichen und Mitglieder sowie Inhaftierte. Besonders wichtig ist dem Schwarzen Kreuz die Aus- und Weiterbildung der Ehrenamtlichen, damit sie die Besonderheiten der Lebenswelt Gefängnis kennen. Sie findet vor allem digital statt. Zum Schwarzen Kreuz gehört die Celler Anlaufstelle „Projekt Brückenbau“. Sie betreut straffällig gewordene Menschen in der Region. Das Schwarze Kreuz arbeitet konfessionsübergreifend, ist der Diakonie Deutschland angeschlossen und Mitglied in den Diakonien in Niedersachsen und Sachsen, ebenso im Evangelischen Bundesfachverband Existenzsicherung und Teilhabe e.V. (EBET) – Wohnungsnotfall- und Straffälligenhilfe. Die Arbeit wird überwiegend durch Spenden ermöglicht.

Bewusstein für Hilfen

Es gibt auch Bedenken. Auf der Evangelischen Konferenz für Straffälligenpflege wird 1951 über die Laienhelfer des Schwarzen Kreuzes kontrovers diskutiert. Einige Seelsorgende und Bedienstete haben Bedenken, „daß der Mangel an psychologischer Aus- und Vorbildung bei den Laienhelfern zu seelsorgerlichen Missgriffen führen könne.“ Das Schwarze Kreuz reagiert und gibt ein Heft mit dem Titel „Ratschläge für die Arbeit an Strafgefangenen und Strafentlassenen“ heraus. Mehr und mehr entwickelt sich innerhalb des Schwarzen Kreuzes ein Bewusstsein dafür, dass es bei einem ehrenamtlichen Einsatz für Gefangene nicht getan ist mit einem guten Charakter und guten Hilfeabsichten. Ein missionarischer Eifer zu einer möglichen „Bekehrung“ zum Christen von Gefangenen ist nicht das Ziel. Dieses oft zitierte Motiv freikirchlicher Gruppierungen wird durch die Weiterbildung entgegengengesteuert. Seit Januar 2025 ist Daniel Gröger neuer Geschäftsführer. Der evangelische Theologe hat in Hamburg studiert und lebt in Uelzen. Zuvor war er als Bildungsmanager für Soziale Arbeit, Pädagogik und Gesundheitsmanagement an einer privaten Hochschule tätig. 

 

 

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