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Warum machen Sie das? Den Gewinn sehen lernen…

23. November 2023

Gemälde im Speisesaal des Offenen Jugendvollzuges der JVA Hövelhof.

Die Jahreslosung für das Jahr 2024 „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe“ (1. Korinther 16, 14) könnte man als eine Überschrift, ein Motto oder eine Art Absichtserklärung verstehen, lässt man ihren appellhaften Charakter einmal beiseite. Aufforderungen, Verhaltensregeln oder ethische Dresscodes, so positiv die Motivation dahinter sein mag, sie ermüdet uns im besten Falle. Sehen wir doch eher den mahnenden Zeigefinger als die Botschaft hinter der Botschaft. Und die Botschaft lautet: Es geschehe in Liebe.

Und dabei habe ich sofort an das Wort „Menschenliebe“ gedacht. 10 Jahre arbeite ich schon im Jugendvollzug in der JVA Herford. Und allen gemeinsam sind immer wieder die Fragen von außen: Warum machen Sie das? Oder: Wie halten Sie das aus? Eine einfache Antwort gibt es nicht. Und wenn ich Zeit habe, dann stelle ich mich gern in die Reihe viele berufstätiger Menschen, denen man die gleiche Frage stellen könnte. Steckt doch hinter dieser Frage oft der Satz: Ich könnte das nicht! Und mir geht es nicht anders: Ich bin kein Arzt gleichwelcher Fachrichtung, kein Erzieher, kein Altenpfleger, keiner Geselle, keine Techniker, geschweige denn ein Meister, keine Reinigungskraft, kein Arbeiter in einer Fabrik, kein Fußballprofi, kein Polizist, kein Politiker…

Etwas tun, was ich mir nicht vorstellen kann

Und noch so vieles mehr bin ich alles nicht! Aus gutem Grund! Und doch kenne ich Menschen, die etwas tun, was ich mir nicht vorstellen kann. In ihrem Beruf Freude und Anerkennung finden und darin aufgehen. Oft werden sie leider nicht genug dafür wertgeschätzt. Mich faszinieren die Menschen, die gerade in den oft weniger beachteten Arbeitswelten, ihre Erfüllung gefunden haben. Und warum? Vielleicht weil sie auf die Frage: „Warum machen Sie das? Oder: Wie halten Sie das aus?“ die gleiche Antwort geben würden wie ich: Aus Menschenliebe! Je älter ich werde, je mehr treten die Rahmenbedingungen meiner Arbeit in den Hintergrund und die Begegnung mit den Menschen gewinnt die Oberhand.

Danken für den Gewinn

Nicht klagen über die Arbeit, sondern danken für den Gewinn, der ein Lächeln, eine kluge Antwort, ein Lob für die Leistung, ein Staunen über die Kreativität mit sich bringt. Ich denke, es ist klar, was ich für das neue Jahr wünschen möchte: Weniger Apelle und Absichtserklärungen, als das besonderen Gefühl für den Augenblick im Alltag und die Wertschätzung, was jeder und jede andere für uns leistet. Nicht die Last, sondern den Gewinn sehen lernen, weil es in Liebe geschehen ist. Nur ein frommer Wunsch? Nein, vielmehr der Glaube an den, der das Leben des Jesus von Nazareth unter uns Menschen als Mensch wie Du und ich und mit allen Höhen und Tiefen in Liebe geschehen ließ.

Stefan Thünemann | JVA Herford

 

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