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Warum ist das Gefängnis ein Andersort?

8. Januar 2022

Andersorte? Rückbeziehend auf Micheal Foucaults Konzept der „Heterotopie“, hat die Philosophisch-Theologische Hochschule Münster Denkanstöße der „Andersorte von Spiritualität und Seelsorge“ vorgestellt. Als Andersort verstehen sie dabei wirkliche Orte, aber auch soziale Gefüge inmitten der Gesellschaft, die als Gegenplatzierungen oder Widerlager wirken, in denen Gesellschaft und Kultur gleichzeitig repräsentiert, bestritten und gewendet sind.

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Im Video stellt der Gefängnisseelsorger Hans-Gerd Paus den „Andersort“ Gefängnisseelsorge vor. Warum ist das Gefängnis ein Andersort? Welche Rolle spielt die Seelsorge und warum sind Häftlinge alle „eine weiße Fläche mit schwarzem Punkt?“ Diese und andere Fragen beantwortet Paus im Video. Hans-Gerd Paus arbeitet nach langjähriger Tätigkeit als Gemeindepfarrer an der JVA Geldern als Gefängnisseelsorger. Das Gefängnis in Geldern-Pont verfügt derzeit über rund 700 Haftplätze. Das Gelände der JVA innerhalb der Mauer ist 60.000 Quadratmeter groß. Die Anlage ist ein Hochsicherheitstrakt. Die sechs Meter hohe Gefängnismauer ist mehr als 1000 Meter lang.

Hans-Gerd Paus ist ein gefragter Gesprächspartner hinter den Mauern. Nicht für Tabak oder Telefonanrufe. Letzteres ist eh im Knast sehr beschränkt. Die Themen am „Andersort“ sind wie draußen die Familie, die eigene Biografie oder die belastete Partnerschaft. „Straftaten sind ebenso Thema, wenn es der Inhaftierte anspricht“, sagt Paus. Ausgerechnet die Gefängnisseelsorge hat er sich vor einigen Jahren ausgesucht. Schon in der Kirchengemeinde ist er durch den Umzug in einen VW-BUs aufgefallen. Besitz und Statussymbole sind Paus fremd. In den letzten Jahren war er mit Bediensteten und In Inhaftierten zu Fuß unterwegs. „Zu Fuß erfahre ich die Welt besser, als mit dem Wohnmobil“, sagt er. Ein Wohnmobil hat er letztlich, um von einer Wohnung unabhängig zu sein. So erging er zu Fuß den Jakobsweg. „Vor einigen Jahren war dies noch mit gelockerten Gefangenen möglich“, sagt Paus. Jetzt ist dies kaum mehr realisierbar. Zu sehr ist die Gefahr da, dass Gefangene den „Ausgang“ für eine Entweichen ausnutzen könnten.

Das lässt Hans-Gerd Paus nicht beirren. Bald wird er in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. „Nicht um in Ruhe zu gehen, sondern auf Wanderung“, sagt er verschmitzt. „Kirche selbst nennt sich: Volk Gottes auf dem Weg. Spüren kann ich das nur sehr fragmentarisch. Erlebe ich meine Kirche doch eher sesshaft und behäbig. Ich muss auf den Weg. Meine Wohnung verlassen. Auch die Menschen verlassen, die mir wichtig sind. Meine Habe verlassen und aufbrechen. So begann ich nach und nach alles zu verschenken. Auch die Dinge, an denen mein Herz hing. Nur noch das Wesentliche sollte mir bleiben.“ Dies hat er weiterhin umgesetzt. Seine Wohnung will er bald aufgeben und losziehen. Den Knast lässt er zurück. Nicht aber seine offene Haltung, die er stets den Inhaftierten wie Bediensteten weitergibt. Mehr auf seiner persönlichen Nord-Süd-Route

 

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