Am heißesten Tag im Juni gab Bodo Wartke ein kostenloses Konzert in der Gefängniskapelle der JVA Frankenthal vor „ausverkauftem“ Haus: 55 Gefangene und einige Bedienstete waren das Publikum. Lohn war nicht das durchgeschwitzte T-Shirt des Musikers, sondern die Begeisterung der Inhaftierten. Schon beim zweiten Lied sprang der Funke über und die Zuhörer ließen sich von den scharfsinnigen wie lustigen Texten und den eingängigen Melodien mitreißen.
Neben seinen Klassikern „Ja Schatz“ und „Liebeslied“ trug der Musiker im einstündigen Konzert auch einige Lieder aus dem aktuellen Programm „Was, wenn doch?“ vor. Dazu gehörte neben „Nicht in meinem Namen“, das sich mit religiösen Fanatismus kritisch auseinander setzt auch das Lied „Das falsche Pferd“, das dafür wirbt, nicht aus Angst, sondern aus Liebe zu handeln. Immer wieder gebe es Menschen, die der Meinung sind, dass sich das nicht lohne. Seine Antwort ist die Frage: „Was, wenn doch?“. Bei den Temperaturen in der JVA sahen es die Gefangenen ihm auch nach, als er ein Lied neu anfangen musste, weil ihm der Anfang der zweiten Strophe nicht mehr einfiel. Bodo Wartke kommentierte den Hänger mit der Frage: „Ihr habt ja noch ein bisschen Zeit, oder?“ Auch damit hatte er die Lacher auf seiner Seite.
„Für Bodo Wartke war das nicht nur ein Auftritt an einem exotischen Ort, sondern ein echtes Anliegen, Menschen in einer schwierigen Lebenssituation etwas Humor und ein bisschen was zum Nachdenken zu schenken.“, so Gefängnisseelsorger Manfred Heitz, der das Konzert organisierte. Bodo Wartke habe sich im Vorfeld im Internet über die JVA Frankenthal und die Arbeit der Gefängnisseelsorge informiert und beim Vorbereitungstreffen viele Fragen zum Leben der Inhaftierten, zu Ursachen von Kriminalität und Rückfälligkeit und zu den Möglichkeiten der Resozialisierung gestellt. Zudem hat er sich gut überlegt, welche Lieder er in diesem Kontext bringen kann, die Haltungen und Handlungen infrage stellen, ohne dass er wie ein „besserer Mensch“ oder Oberlehrer rüberkommt. Der üppige Schlussapplaus und die Forderung nach einer zweiten Zugabe zeigen, dass ihm dies gut gelungen ist.
Es ist der dritte kulturelle Leckerbissen, der von der katholischen Gefängnisseelsorge in der JVA organisiert wurde – nach den Wise Guys 2014 und Spitz & Stumpf 2016. „Mir ist es wichtig, immer wieder die Brücke zwischen ‚drinnen‘ und ‚draußen‘ zu schlagen und etwas Abwechslung in den sonst eher tristen Knastalltag zu bringen.“, so Pastoralreferent Heitz. Er sei der festen Überzeugung, dass dies genauso zur Wiedereingliederung in die Gesellschaft beitrage wie behandlerische Angebote zu Deliktaufarbeitung und soziales Training.
Fotos: Bodo Wartke, Reimkultur
Bodo Wartke wurde als Sohn eines Ärzteehepaares geboren und wuchs in Reineck und Bad Schwartau in Schleswig-Holstein auf. Seine Schwester starb als Säugling, als Wartke drei Jahre alt war. Er machte 1996 das Abitur am Schwartauer Leibniz-Gymnasium und absolvierte seinen Zivildienst im Städtischen Krankenhaus Süd in Lübeck. 1997 begann er ein Physikstudium in Berlin, wechselte aber nach zwei Semestern das Fach und studierte in zehn Semestern Musik auf Lehramt an der Universität der Künste. Von 1998 bis 2004 war Bodo Wartke Mitglied bei SAGO, der Akademie für Poesie und Musik von Christof Stählin. Er ist Absolvent der Celler Schule und lebt in Berlin-Kreuzberg.