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Vor Hinrichtung getauft: Mit Schicksal des Onkels befasst

12. Oktober 2023

Uli Borchers vom Bochumer Bündnis gegen Rechts, Mitorganisator des Besuches, mit Peter und Benita Dowding an der Außenmauer der Justizvollzugsanstalt Bochum.

Der Ex-Premierminister Peter Dowding von Westaustralien besucht Schicksalsorte seines Onkels Bruce: Die Gefängnisse Dortmund und Bochum. Heimlich und gegen den Willen der Eltern schreibt sich der junge Australier Bruce Dowding für einen Französischkurs an der Sorbonne in Paris im Jahr 1937 ein. Eine Schifffahrtslinie ist schnell gefunden. Wöchentlich schreibt er seiner verzweifelten Mutter, er werde bald nach Melbourne zurückkehren. Es kommt anders. Peter Dowding kommt dieser aufgeschrieben Geschichte und mit dem Portrait seines Onkels Bruce an der Gedenktafel bei der Jammerpforte an die Justizvollzugsanstalt Dortmund.

Peter Dowding mit seinem neuen Buch und dem Portrait seines Onkels Bruce an der Gedenktafel bei der Jammerpforte der JVA Dortmund. Siehe auch Artikel hier…

1939 meldet sich Bruce als Übersetzer beim britischen Militär. Er gerät aber bald nach Kriegsbeginn in Gefangenschaft. Dowding flieht und schließt sich der französischen Résistance an. Seine Gruppe bringt Untergetauchte, geflüchtete Kriegsgefangene, abgeschossene Flieger auf Geheimlinien an die spanische Grenze und rettet Hunderte. Das Risiko ist groß. Ein englischer Kleinkrimineller gewinnt das Vertrauen der Gruppe, stiehlt Hilfsgelder und verrät alle. 70 französische Aktivisten werden 1942 in Eisenbahnwaggons in Gefängnisse des Deutschen Reiches verbracht. Die Hauptverantwortlichen ins überfüllte Bochumer Zentralgefängnis. Viele Résistance-Gefangenen warten auf ihr Todesurteil. Das erreicht die Dowding-Gruppe im Frühjahr 1943. Am 29. Juni werden 5 Franzosen, 3 Belgier und der Australier Bruce von Bochum ins Gefängnis Dortmund für einen Tag verbracht. Am 30. Juni 1943 werden alle ab 19.03 Uhr im Dreiminutentakt unter der Guillotine hingerichtet. Zum 75. Gedenken kommen im Jahr 2018 französische Pfadfinder an die JVA Dortmund und ins Gefängnis Bochum zum Gottesdienst mit Gefangenen.

Ein noch nicht oder zu wenig gerühmter Held

Auf diese Begegnung wird Peter Dowding, Neffe des hingerichteten Bruce, aufmerksam. Der ehemalige Premier von Westaustralien, im Jahr von Bruce´s Hinrichtung geboren, befasst sich seit Jahrzehnten mit dem Schicksal des Onkels. 2023 veröffentlicht er mit 80 Jahren ein Buch über ihn: „Unsung Hero“. Ein noch nicht oder zu wenig gerühmter Held. Seinem Vater Keith, dem Bruder des Hingerichteten hat Peter Dowding vor 30 Jahren versprochen, eine diese Biographie zu schreiben. Das Ehepaar Dowding besucht nun ´ Schicksalsorte. In der JVA Bochum wird er von Anstaltsleiterin Karin Lammel empfangen, im Gefängnis Dortmund von Anstaltsleiter Ralf Bothge und Team. Wenig bekannt ist, dass Bruce kurz vor seiner Hinrichtung um die Taufe bat. In Paris hatte er die Katholische Kirche lieben gelernt. Sein Vorbild und Mentor wurde bald der Mitgefangene und mit hingerichtete Kaplan Pierre Carpentier.

Strahlend in den Tod gegangen?

Bei den Aktivitäten im französischen Untergrund hatte Bruce bei einem Besuch in der Kathedrale von Amiens ein intensives geistlich-mystisches Erlebnis. Er fand in diesen Tagen nicht die Gelegenheit zum formellen Eintritt in die katholische Kirche. Vor dem Dortmunder Staatsanwalt gab er als Konfession die Katholische an. So durfte der katholische Gefängnisseelsorger Vikar Steinhoff ihn aufsuchen. Er erklärte ihm, dass er in der Heiligen Kommunion den Erlöser Christus empfange und dass Christus ihm Auferstehung und ewiges Leben schenken werde. Drei Minuten vor dem Fall des Beiles spendete er ihm die Taufe und die Heilige Kommunion. Bruce sei gläubig, männlich und strahlend in den Tod gegangen, schreibt Steinhoff nach dem Krieg an die Angehörigen. Bruce´ Mutter ist dennoch untröstlich. 1948 stirbt sie an Gram.

Alfons Zimmer

 

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