Mein Kollege in der Gefängnisseelsorge ist ein leidenschaftlicher Taucher. Ein technischer Taucher mit professioneller Ausrüstung. Unter Wasser fühlt er sich richtig wohl. Als ich in diesen Tagen Fotos von seinen Tauchgängen im Bodensee sehe, denke ich über den Hobbysport nach. Neben einer möglichen Bergung hat das Abtauchen auch etwas spirituelles, kam mir in den Sinn. In die Tiefe einzutauchen heißt, ein Wagnis einzugehen und seine eigene Sicherheit zu beachten.
Den Bodensee einmal von unten zu sehen war mir noch nie vergönnt. Die Bilder und der Unterwasser-Film meines Kollegen zeigen mir, wie schön es unter Wasser sein kann. Diese Welt zu entdecken bedeutet, sich gut auszurüsten. Technische Taucher verwenden verschiedene Atemgase und brauchen jede Menge Ausrüstung. Nicht zu vergessen die speziellen Neopren-Anzüge. Ein Tauchgang darf nie alleine durchgeführt werden. Jeder achtet auf den Anderen. Im Notfall bin ich als Taucher auf sie angewiesen. Bin ich erst mal unten, kann ich nicht wieder so schnell auftauchen. Je tiefer man taucht, umso höher wird der Wasserdruck. Alle zehn Meter nimmt er um 1 bar zu. Ich trete ein in eine Welt, die mir nah und doch so fern ist.
Da ist nichts mehr mit Oberflächlichkeiten. Die Tiefe, sie kann gefährlich sein, zwischen Abenteuer, Nervenkitzel und Beklemmung. Vor allem wenn der Tiefgang ungeahnte Einblicke gibt. Unter der Oberfläche ist das, was verdeckt, verborgen, nicht sichtbar und auch gerne verdrängt wird. Entdecke ich da womöglich eigene Untiefen? Beim Tauchen muss ich fit sein. Ich bin angewiesen auf das Atemgerät. Nur ein Lichtschein der Taschenlampe gewährt mir die Orientierung, wenn das Licht von oben ausbleibt. Dabei kann ich faszinierende Unterwassereindrücke gewinnen.
Beispielsweise das Schiffswrack im Bodensee bei Ludwigshafen. Es ist für Außenstehende verborgen. Erst wenn ich abtauche, kann ich es entdecken. In 50 bis 60 m Wassertiefe wird es etwas ungemütlicher. Überall Dunkelheit und kaum Sichtkontakt. Das Tauchen ist hier kein reines Vergnügen mehr… Im kalten Gewässer kann man schnell eine Panikattacke bekommen. Mit Sprache lässt sich unter Wasser nicht kommunizieren. Generell gilt der Tauchsport als relativ sicher, so lese ich nach.
Eine häufig Ursache von Tauchverletzungen sind Boote. Eine Signalboje wird daher vor dem Auftauchen unter Wasser aufblasen und nach oben gelassen. Das Wiederauftauchen muss gestaltet sein. Wie im richtigen Leben, denke ich. Die Fläche des Bodensees beträgt 473 km². Er erstreckt sich zwischen Bregenz und Bodman-Ludwigshafen über 63,3 km und ist zwischen Friedrichshafen und Romanshorn 14 km breit; an seiner tiefsten Stelle zwischen Fischbach und Uttwil misst er 251,14 m. Er ist damit der derzeit tiefste See in Deutschland.
Michael King | Fotos und Film: Stefan Thünemann