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Christus mit rauer Stimme Inhaftierter begleiten

11. April 2020

Es ist der menschenleere Petersplatz, der in diesem Jahr der Coronavirus-Pandemie die Kulisse des Kreuzwegs bietet, statt des Kolosseums in Rom. Die Betrachtungen zu den 14 Stationen der Gebete, die viele jeden Freitag beten, wurden dieses Jahr von verschiedenen Laien verfasst, darunter ein Richter und Vollzugsbeamte, die Angehörigen eines Mordopfers sowie mehrere Insassen der Haftanstalt von Padua. Es gehe darum, Christus auf seinem Kreuzweg „mit der rauen Stimme der Menschen, die in der Welt der Gefängnisse leben, zu begleiten“, erklärte dazu der Vatikan.

Die Kreuzweg-Betrachtungen kommen in diesem Jahr von der Gefängnisseelsorge der Justizvollzugsanstalt „Due Palazzi“ in Padua. Auf Einladung von Papst Franziskus betrachteten vierzehn Personen die Leidensgeschichte Jesus Christus und stellten einen aktuellen Bezug zu ihrem Leben her. Unter ihnen sind fünf Strafgefangene, eine Familie, die von einem Mordanschlag betroffen ist, die Tochter eines zu lebenslanger Haft verurteilten Mannes, eine Gefängnispädagogin, ein Richter am Strafvollstreckungsgericht, die Mutter eines Häftlings, eine Katechetin, ein ehrenamtlich tätiger Ordensmann, ein Justizvollzugsbeamter und ein Priester, der zunächst angeklagt und schließlich nach einem acht Jahre dauernden Prozess freigesprochen wurde.

Wenn wir Christus mit der rauen Stimme der Inhaftierten auf seinem Kreuzweg begleiten, kann man dabei Zeuge eines seltsamen Zweikampfs zwischen Leben und Tod werden und entdecken, wie die Fäden des Guten unweigerlich mit den Fäden des Bösen verflochten sind. Den Kalvarienberg hinter Gittern zu betrachten ist anzunehmen, dass man ein ganzes Leben in wenigen Augenblicken verspielen kann, wie es dem guten Schächer passiert ist. Es genügt, diese Momente mit Wahrheit zu füllen: Reue für die begangene Sünde, die Überzeugung, dass der Tod nicht ewig ist, die Gewissheit, dass Christus der zu Unrecht verspottete Unschuldige ist.

Dem, der glaubt, ist alles möglich, denn selbst in der Dunkelheit der Gefängnisse ertönt die hoffnungsvolle Botschaft: „Für Gott ist nichts unmöglich“ (Lk 1,37). Wenn ihm jemand die Hand reicht, kann ein Mensch, der zu den schrecklichsten Verbrechen fähig war, zum Hauptdarsteller einer völlig unerwarteten Wiederauferstehung werden. Wir sind gewiss: „Auch wenn wir vom Bösen erzählen, können wir lernen, Raum für die Erlösung zu lassen, können wir inmitten des Bösen auch die Dynamik des Guten erkennen und ihr Raum geben“ (Botschaft von Papst Franziskus zum Welttag der Sozialen Kommunikationsmittel 2020).

So wird die Via Crucis zu einer Via lucis – der Kreuzweg wird zu einem Weg des Lichtes. Die Texte, die von Gefängnisseelsorger Don Marco Pozza und der ehrenamtlichen Mitarbeiterin Tatiana Mario zusammengestellt wurden, sind in der ersten Person geschrieben, aber es wurde beschlossen, die jeweiligen Namen nicht zu nennen. Diejenigen, die diese Betrachtung mitgestaltet haben, wollten ihre Stimme all jenen in der Welt leihen, die sich in einer vergleichbaren Situation befinden. In der Stille der Gefängnisse, will die Stimme eines Einzelnen zur Stimme aller werden. Betrachtungen mit Papst Franziskus im vollen Wortlaut

Catholic News Agency (CNA) | Titelfoto: Peter Jank

 

1 Rückmeldung

  1. Carl Bessell sagt:

    Auch wenn der Kommentar verspätet kommt. Klasse, dass ihr die Gebete der Gefangenseelsorge aus Padua auf dem Petersplatz vom Karfreitag in deutscher Übersetzung veröffentlicht habt. Die Texte sind unglaublich gut. Mich hat am am meisten der Text des Vollstreckungsrichters beeindruckt, da ich selber zwei juristische Examina abgelegt habe.

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