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Pfingsten im Getöse des Herzens: Durchatmen

7. Juni 2025

Ein Brausen wie ein heftiger Sturm, Feuerzungen über einer Menge von Menschen, Getöse, Bestürzung und Fassungslosigkeit – so könnte heute ein Sturm der Empörung beschrieben sein, eine mächtige Demonstration auf den Straßen angesichts dessen, was da gerade in dieser Welt geschieht. Bestürzt und fassungslos müssen wir wahrnehmen, wie die Welt aus den Fugen gerät.

Terror, Krieg, massive Aufrüstung mit Waffen und rücksichtslose Egozentrik scheinen keinen Raum mehr zu lassen für ein Innehalten, für Gespräche, für eine Rückkehr zum Frieden. Aber was wir da aus der biblischen Botschaft hören, beschreibt die Wirkung des Pfingstereignisses, das geschah, als Gottes Geisteskraft die Menschen erfüllte.

Ein Ineinander

Kommt denn mit Pfingsten zu dem Getöse der Welt auch noch das von Gott dazu? Manche mögen sich dies wünschen, endlich ein vernichtender Zorn Gottes über diese, Entschuldigung, Idioten, die gerade unsere Welt in den Abgrund reiten. Anderen reicht das eine Getöse völlig aus, sie brauchen nicht noch mehr und wenden sich ab. Doch Pfingsten meint weder ein Nebeneinander noch ein Entweder – Oder von Getöse und göttlicher Geisteskraft, sondern deren Ineinander. Pfingsten wirkt im Getöse, ohne davon eingenommen zu werden.

Geisteskraft

In seiner Abschiedsrede im Johannesevangelium sagt Jesus, er gehe zu Gott, um wieder zu kommen. Das Weggehen Jesu ist sein Wiederkommen, dann ganz anders, nicht greifbar in einem einzigen Menschen, sondern unfassbar nah im Herzen aller Menschen. Weggehen aber bedeutete ja für Jesus seine Hinrichtung, der Tod am Kreuz. In diesen Schmerz hinein, in die Trauer, die Wut, das verlassen Sein kommt entgegen, was die Botschaft Jesu ausmachte: aufgerichtet Sein, Güte und Barmherzigkeit, Versöhnung und Freiheit. Dieses Entgegenkommen, diesen Segen kann nur spüren, wer sich dem aussetzt, was geschieht. Dabei sind Bestürzung und Fassungslosigkeit die innere Resonanz angesichts des Weltgeschehens. Das Getöse ist ein Getöse im eigenen Herzen. Da, im Herzen geschieht, was Jesus verheißen hat. Paulus schreibt: Gott wird eure sterblichen Leiber lebendig machen durch die Geisteskraft, die in euch wohnt. Damit ist nicht erst die Auferstehung nach dem Tod gemeint, sondern das lebendig Sein im Hier und Jetzt – und das in all dem, was auch immer gerade geschieht.

Beistand: Durchatmet sein

Das ist in diesen Tagen nicht einfach. Da kann das Getöse im eigenen Herzen schon sehr aufwühlen in Besorgnis und Angst. Und doch lässt sich dieses Getöse anders ertragen, wenn es möglich wird, in ihm zugleich das Entgegenkommen göttlicher Geisteskraft zu ahnen – auch, wenn wir sie (noch) nicht sehen können. Diese nennt Jesus im Johannesevangelium einen „Beistand…, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe“. So betrachtet mag Pfingsten womöglich öfter völlig unscheinbar und ganz alltäglich in den Herzen vieler Menschen geschehen, ohne dass davon groß berichtet wird. Wo das Scheitern in die Versöhnung führt und die Enttäuschung zu einem Neubeginn, wo die Traurigkeit das Loslassen ermöglicht und die Einsamkeit Fülle erfahren lässt, wo Angst sich wandelt in Zuversicht und Abgrenzung in Mitgefühl, da ist das leiderfahrene Herz offen für dieses geheimnisvolle Entgegenkommen göttlicher Kraft. Die Bibel benennt sie gleich zu Beginn mit dem weiblichen hebräischen Wort „ruach“, was Atem, Energie, Lebenskraft und Weite bedeutet – leibhaftig spürbar im eigenen durchatmet Sein. Pfingsten lädt ein, uns in dem, was geschieht, nicht festzumachen in Resignation, Aggression oder Verweigerung, sondern durchzuatmen und das Herz offen zuhalten in Güte und Freundlichkeit.

Christoph Kunz | Joh, 14, 15–16.23b–26

 

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