Der Straf- und Maßnahmenvollzug in Österreich ähnelt in Facetten dem in Deutschland. Oberste Vollzugsbehörde ist das Bundesministerium für Justiz. Die Steuerung des Strafvollzugs wird zentral und nicht in den neun Bundesländern vorgenommen. Die höchste Strafe, die an einem Gericht in der Alpenrepublik über eine Person verhängen kann, ist nach § 18 des Strafgesetzbuches die Freiheitsstrafe auf Lebensdauer. Durchschnittlich werden solche Gefangene nach 21 Jahren auf Bewährung entlassen, allerdings gibt es auch Täter, die wesentlich länger einsitzen.
In den letzten Jahren ist die Zahl der Ausbrüche und Ausbruchsversuche stark zurückgegangen, begründet wird dies mit einer zunehmenden Modernisierung der Sicherheitstechnik. Bei den Fluchten aus Justizanstalten, die auch in Österreich nicht als Straftat verfolgt werden, wird unterschieden zwischen Ausbrüchen (aus dem geschlossenen Bereich), Entweichungen (aus dem offenen Vollzug oder im Rahmen einer Ausführung) und Nichtrückkehrern aus einer Vollzugslockerung unterschieden. Die Zahl der Ausbrüche ist gegen Null zurückgegangen
Justizanstalten (JA) in Österreich
In den 28 Gefängnissen (offiziell Justizanstalten genannt) und deren 12 Außenstellen wurden in den letzten Jahren durchschnittlich knapp 10.000 Menschen eingesperrt. Wie bei in Deutschland hat der Vollzug von Freiheitsstrafen zum Ziel die Gemeinschaft zu schützen und dem Straftäter zu einer rechtschaffenen Lebenseinstellung zu verhelfen. Laut Strafvollzugsgesetz sollen Freiheitsstrafen darüber hinaus das Unrecht der begangenen Handlung bewusst machen und als Prävention andere davon abhalten eine Straftat zu begehen. Das oberste Ziel des Strafvollzugs ist auch in Österreich die Reintegration des Straftäters in die Gesellschaft.
Knapp 20 Prozent der Inhaftierten halten sich in der U-Haft auf und gut zehn Prozent gelten als „Untergebrachte“, das sind Menschen, die als geistig abnorm gelten oder entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher sind, etwa sieben Prozent der Inhaftierten sind Frauen. Auch in Österreich der Gefangene verpflichtet Arbeit zu leisten. Dafür stehen in den Justizanstalten verschiedene Werkstätten und Betriebe in rund 50 verschiedenen Sparten zur Verfügung. Im Rahmen des Freigangs besteht für Unternehmen die Möglichkeit Insassen für Arbeiten außerhalb der Anstalt heranzuziehen. Als sogenannte Freigänger verlassen die Inhaftierten am Morgen die Anstalt, arbeiten tagsüber in einer Firma und kehren nach Arbeitsende wieder in die Justizanstalt zurück. Dadurch wird die Möglichkeiten gegeben im Berufsleben zu bleiben oder den Wiedereinstieg zu schaffen, sich ein wenig an das „Normale“ Leben zu gewöhnen.
1974 wurde das Strafvollzugsgesetz in der Alpenrepublik reformiert, damit fielen die Haftformen “Schwerer Kerker”, “Kerker”, “Strenger Arrest” und “Arrest” weg und wurden in Strafhaft umgewandelt. Die Strafform der Einweisung in ein Arbeitshaus wurde umgewandelt in Unterbringung in einer Anstalt für gefährliche Rückfalltäter. Häftlinge im Maßnahmenvollzug sind auch dem Resozialisierungsgedanken unterworfen, wegen der Gefährlichkeit dieser Insassen wird hier besonderes Interesse auf die Maßnahmen wegen der Gefährlichkeit der Täter gelegt. Die Unterbringung soll den Zustand der Untergebrachten soweit bessern, dass von ihnen keine Gefahr der Begehung einer neuen Straftat mehr ausgeht.
Zum 1. Januar 2008 erlangte das neue Haftentlastungspaket in Österreich seine Gültigkeit. Im Vorfeld war viel über diese Haftnovelle der Justizministerin debattiert worden. Unter dem Schlagwort „Schwitzen statt sitzen“ konnten jetzt Personen, die zu einer Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt waren statt der Haft gemeinnützige Arbeit verrichten. Weitere Punkte der Novelle waren eine Ausweitung bedingter Entlassungen durch die Aufhebung der Generalprävention bei der Zwei-Drittel-Entlassung, mehr Weisungen und Bewährungshilfen. Außerdem wurde die elektronische Fußfessel im österreichischen Strafvollzug eingeführt. Die Justizministerin glaubte zunächst nicht, dass viele der Inhaftierten das „Schwitzen statt sitzen“ wählen würden, sie erhoffte sich vielmehr eine deutlich höhere Bereitschaft die Geldstrafen doch zu zahlen.
Justizbetreuungsagentur
In 2008 wurde bekannt, dass das Bundesministerium der Justiz plante, einen eng eingegrenzten Bereich der Strafvollzugsaufgaben an ein privates Unternehmen abzugeben. Mit der neu geschaffenen Justizbetreuungsagentur sollte es möglich sein vermehrt Fachärzte und Psychologen anzustellen. Die elektronische Aufsicht, umgangssprachlich meist “Elektronische Fußfessel” genannt, ist seit 2010 eine Möglichkeit zur Strafmilderung im österreichischen Strafvollzug. Dadurch sollten die Justizanstalten entlastet werden, der Gefangene wird praktisch zu Hause unter Hausarrest gestellt. Dadurch wird der Gefangene nicht völlig aus seinem sozialen Umfeld herausgerissen, was letztendlich auch der Resozialisierung zugute kommt.
Eine Besonderheit gilt es anzumerken: Das Fürstentum Liechtenstein verfügt über keine eigenen Haftanstalten, daher haben sie ein Abkommen mit den Österreichern getroffen, dass Gefangene aus dem Fürstentum im Nachbarland ihre Strafe absitzen. In Österreich existieren 15 gerichtliche Gefangenenhäuser. Meistens sind diese baulich direkt an das Gerichtsgebäude angeschlossen oder befinden sich in unmittelbarer Nähe. Die Ausnahmen sind Salzburg und Innsbruck, die beide etwas außerhalb der Stadtzentren liegen. In den gerichtlichen Gefangenenhäusern werden vornehmlich Untersuchungshäftlinge festgehalten sowie Freiheitsstrafen bis zu 18 Monaten abgebüßt.
Die Haftarten
Gesetzlich werden die Justizanstalten in gerichtliche Gefangenenhäuser, Strafvollzugsanstalten und Sonderanstalten unterschieden (§ 8 StVG). In der Praxis kommen zu dieser Vollzugsart Strafanstalten für Jugendliche, für weibliche Straftäterinnen sowie für lungenkranke Inhaftierte. Einzelnen Justizanstalten sind Außenstellen organisatorisch angegliedert, in denen der gelockerte Strafvollzug durchgeführt wird.
Täter in einer Haftanstalt im Zuge des Maßnahmenvollzugs unterzubringen gibt es in Österreich unabhängig von der begangenen Tat oder der zu verbüßenden Strafe. Ob ein Täter im Maßnahmenvollzug untergebracht werden soll wird vom Gericht entschieden, entscheidend für eine solche sehr restriktive Maßnahme ist ausschließlich die Gefährlichkeit des Täters. Ein solcher Straftäter kann in eine Anstalt für gefährliche Rückfalltäter, eine Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher oder in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen werden. Aus einer solchen Unterbringung wieder in die Freiheit entlassen zu werden, ist von vielen Gutachten und einer günstigen Prognose abhängig. Nicht wenige Täter verbringen eine deutlich längere Zeit in dieser Unterbringungsform, sie ist mit der in Deutschland praktizierten Sicherungsverwahrung zu vergleichen.
Strafgefangene in Österreich werden im Normalvollzug in Gemeinschaftszellen untergebracht. Obgleich das Strafvollzugsgesetz für die Zeit der Nachtruhe eine Einzelunterbringung der Inhaftierten vorsieht, sind diese meistens aus organisatorischen Gründen auch in der Nacht in Gemeinschaftszellen eingeschlossen. Am Tag sind im Normalvollzug die Türen von Zellen und Gemeinschaftsräumen im Allgemeinen nicht verschlossen. Ein Gefangener kann als besondere Form einer Disziplinarstrafe oder auf eigenen Wunsch einzeln inhaftiert werden. Unterbringung in Einzelhaft mit einer Dauer von über vier Wochen ist nur mit Zustimmung des Vollzugsgerichts zulässig, das über den Antrag des Anstaltsleiter zu entscheiden hat. Bei einer Einzelunterbringung von über sechs Wochen hat der Häftling diese ausdrücklich zu verlangen und der Anstaltsarzt muss sie genehmigen.
In der JA Mittersteig sind die Inhaftierten zumeist in Einzel- oder Doppelzellen untergebracht. Hier werden Straftäter mit mehrjährigen Haftstrafen weggesperrt. Auf Grund der langen Haftdauer versuchen die Inhaftierten im Gegensatz zu Häftlingen in den Untersuchungshaftgefängnissen ihren Haftraum ein wenig aufzuhübschen. Die Metallbetten sind aber auch hier die Standarteinrichtung, in fast allen Hafträumen wurden die Trennwände zum WC entfernt, ein Stück Privatsphäre ging so bei der letzten Renovierung verloren. Bilder und Poster können an einer Pinwand angebracht werden, viele Gefangenen haben ihren grünen Daumen entdeckt, Pflanzensammlungen und Setzlinge werden gehegt und gepflegt. Fernseher, Stereoanlage, Kühlschrank und eigene Bettwäsche ermöglichen eine halbwegs persönliche Einrichtung.
Bei entsprechend guter Führung können Häftlinge in Österreich im Rahmen ihrer Freiheitsstrafe im gelockerten Vollzug untergebracht werden. Die häufigste Form ist der offene Vollzug, die Gefangenen können sich frei auf dem Anstaltsgelände bewegen, die Bewachung bei der Arbeit, auch außerhalb der Anstalt, kann aufgehoben werden. Zudem können dem Gefangenen zwei Ausgänge im Monat zugebilligt werden. Die Entscheidung darüber obliegt immer dem Anstaltsleiter. Wenn ein Häftling zum ersten Mal eine Freiheitsstrafe in einem österreichischen Gefängnis verbüßt, muss er von den restlichen Gefangenen getrennt im Erstvollzug untergebracht sein. Gefangene, die eine Strafdauer von über drei Jahren haben, können auf dieses Recht verzichten. Während des Tages ist diese Trennung aber nicht vorgesehen, sie wirkt sich nur auf die Zellenunterbringung der Häftlinge aus. Strafgefangene, die wegen einer fahrlässig begangenen Straftat inhaftiert sind, haben ein Recht auf gesonderte Unterbringung. Zudem müssen sie an Unterrichtstunden zur Unfallverhütung und an Erste-Hilfe-Kursen teilnehmen.
Quelle: Kuckucksei JVA Schwerte