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Ich war noch niemals in New York und niemals richtig frei

18. Februar 2020

Songs, Fotos und Texte aus dem Big Apple füllten im Mehrzweckraum der Justizvollzugsanstalt in Hünfeld einen „Abend in New York“ in Form einer Multi-Media-Performance: Die Gefangenen erlebten eine Mischung aus hervorragender akustischer Livemusik, alten und neuen Fotos und einer Lesung mit Tagebuchtexten und Briefen eines zeitweiligen New-York-Auswanderers – ein ‚Auswanderer-Opa‘ – vor hundert Jahren. Die Themen und Fotografien schlugen einen Bogen von den 1928ern bis in die Gegenwart und persönliche Briefe erzählten ein Auswandererschicksal, das stellvertretend auch für viele Menschen hinter Gittern steht.

„Ich war noch niemals in New York… Ich war noch niemals richtig frei“, so lautete die Eröffnungshymne des „Jail House College“-Kulturabends, die von Diakon Dr. Meins Coetsier zusammen mit den Gefangenen gesungen wurde. Nach dem Wilkommenslied sprach Peter Gebhard vom Vorstand des Vereins „Förderung der Bewährungshilfe in Hessen“ den Gefangenen ermutigende Worte zu und kündigte das Programm des Spurensuchers und Verlegers Ulrich Balß, den Gitarristen Thorsten Jütter und die New Yorker Sängerin mit Akkordeon und Gitarre Rachelle Garniez, an.

Aus den vielen Liedern, die es über New York gibt, hat das deutsch-amerikanische Trio ein spezielles Programm für die Gefangenen zusammengestellt. Dazu präsentiert Ulrich Balß, der Autor des Buches „New York. Past & Present“ Texte und Fotos des Leipziger Buchbinders Theodor Trampler. Auf der Suche nach einem besseren Leben reist der arbeitslose Buchbinder aus Leipzig nach New York. In seinen Tagebuchbriefen schildert er die Eindrücke und Lebensumstände eines Deutschen, der aus Not 1928 mit Kamera und Fahrrad nach Amerika geht, um dort Geld für seine Familie in Deutschland zu verdienen. Seine Briefe und seine Fotos bilden die Basis für „Ein Abend in New York“.

Was New York schlussendlich ausmacht ist schwer zu greifen, aber die zahlreichen Gefangenen zeigten sich tief beeindruckt. Die außergewöhnlich virtuose Gesangstimme der New Yorkerin, dem „weiblichen Tom Waits“, und der Bildvortrag zeigten sich als eine wechselseitig bereichernde Einheit. Die „New Yorkes“ kamen nicht umhin den lautstarken jubelnden Zugabewunsch zu erfüllen und zwar zusammen mit zwei Inhaftierten, die selbst ein Auswandererschicksal haben. Bei der ersten Zugabe sang ein Gefangener gefühlvoll in seiner Muttersprache, zum zweiten Lied kam ein geborener Rapper auf die Bühne, der seinerseits das Publikum zum Tanzen bewegte. Zum Schluss beschenkten die zwei Ehrenamtlichen der JVA Helmut Rensch und Heinrich Möller von den Gideons treu gemäß die Besucher mit Bibeln in den unterschiedlichsten Sprachen.

Kulturelle und musikalische Veranstaltungen wie diese kommen gut bei den Menschen im Gefängnis an. Die Unterstützung der Justiz mit Anstaltsleiter Lars Streiberger und ihrer Sicherheitsdienstleitung Uwe Möchel und Andrea Abel, die Hilfe des Sozialdienstes und die Koordination der Sportabteilung und einzelner Bedienstete wie Maik Schmauch, Peter und Waldemar Miosga, und vielen anderen Mitarbeitern, ist sehr lobenswert. Video…

 

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