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Neue Tradition beginnt: Die Pfarrei geht nebenbei ins Gefängnis

13. Oktober 2023

Nach einer alten Volksweisheit spricht man von einer „Tradition“, sobald sich ein Ereignis zum dritten Male jährt. So geschah es in diesem Jahr, denn in der Pfarrei Hl. Dreifaltigkeit im rheinland-pfälzischen Frankenthal wurde erneut ein Videoprojekt zum Karfreitag umgesetzt. Alles begann vor zwei Jahren während der Corona-Pandemie, als in zeitweise menschenleeren Kirchen Gottesdienste gefeiert und per Videostream im YouTube-Kanal eingespeist wurden.

Zum Video der Pfarrei Hl. Dreifaltigkeit und der Gefängnisseelsorge der JVA Frankenthal.

Durch das Streamen und den Videos konnten die Gläubigen in sicherer Umgebung virtuell dem Gottesdienst folgen. In dieser Situation hatte sich der Liturgieausschuss zu einem Videoprojekt entschieden, um das Pfarreileben virtuell zu stärken, indem die einzelnen Gemeinden zusammen in einem Videoprojekt mitwirken sollten. In allen Kirchen wurde die Johannespassion abschnittsweise aufgenommen, am Schneidetisch geschnitten und zusammengesetzt. Während Karfreitagsandacht wurde dies ins Internet eingespeist. Da es für den ersten Versuch eine positive Resonanz gab, sollte im Folgejahr wieder ein Videoprojekt mit allen Gemeinden durchgeführt werden. Im Jahr 2022 hatten sich die MitgliederInnen des Liturgieausschusses für einen „Frankenthaler Kreuzweg“ entschieden, in dem Orte in Frankenthal, an denen Menschen ihre persönlichen Kreuzwege durchleben, als auch Schicksale von Zivilisten und Soldaten in der Ukraine skizziert werden sollten. Für dieses Projekt gab es viel Zuspruch.

An den Rand der Gesellschaft treten

In diesem Jahr stand beinahe zwangsläufig wieder ein Videoprojekt für Karfreitag in den Startlöchern. Eine zündende Idee hierzu kam von Pastoralreferent Manfred Heitz, der in der Justizvollzugsanstalt Frankenthal als katholischer Gefängnisseelsorger arbeitet. Wie Jesus es vorgelebt und eingefordert hat, treten ChristInnen an den Rand der Gesellschaft. Es entwickelte sich ein Gemeinschaftsprojekt der Pfarrei Hl. Dreifaltigkeit und der katholischen Gefängnisseelsorge der JVA Frankenthal. Ort des Geschehens waren die Gefängniskapelle und ausgewählte Kirchen der Pfarrei. Der rote Faden spannte sich entlang der vier prägnanten Fenstern der Gefängniskapelle. Dort sind zu die Verurteilung Jesu „Ecce Homo“, die Kreuzigung Jesu, Maria mit dem gestorbenen Jesus („Pieta“) und die Auferstehung Jesu zu sehen. Hierzu wurden passende Bibelzitate von den Lektoren gelesen, die anschließend um Gedanken von Inhaftierten, die im Rahmen von Bibelkreisen erarbeitet wurden, ergänzt wurden.

Gedanken Inhaftierter

Diese Grundidee fiel auf sehr fruchtbaren Boden und wurde kurzfristig mit großen Enthusiasmus umgesetzt. Die Aufnahmen sind authentisch, denn die Gedanken wurden im Video sogar teilweise von Inhaftierten selbst gelesen oder von den Bediensteten der JVA. Das Gesamtergebnis lässt sich auf jeden Fall sehen. Allen Beteiligten danken wir herzlich für ihr Engagement und ihre Offenheit. Gerade die Gedanken der Inhaftierten werfen Licht aus einem ganz anderen Blickwinkel auf die Passionsgeschichte, der einem „Normalbürger“ nur selten in den Sinn kommt.

Rainer Jacquemin

 

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