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Willkür und Repression im Zuchthaus Werl zur NS-Zeit

15. Mai 2020

Aus Anlass des offiziellen Kriegsendes, das am 8. Mai begangen wurde, ist in der Anstaltskirche „St. Peter in Ketten“ der Justizvollzugsanstalt Werl in Nordrhein-Westfalen den Opfer des NS-Regime in einem Gottesdienst gedacht worden. Das Leben in der Anstalt war zu dieser Zeit von Willkür, Repression und Rassenwahn geprägt. Die Menschenverachtung wurde in den Jahren 1944/45 selbst sonntags demonstriert, wenn SS-Posten von den Emporen herab ihre Maschinenpistolen in die mit Gottesdienstbesuchern überfüllte Kirche richteten. Ein Mahnmal für die Opfer des Bombenangriffs von 1944 ist nahe des Gefängnisses errichtet. In der Inschrift sind die 77 Toten aus der JVA genannt.

Unmittelbar im Norden der JVA, die damals „Zuchthaus und Sicherungsanstalt“ hieß, hatte das NS-Regime ab 1935 einen Militärflugplatz errichtet. Ein kleiner Bildstock in der Feldflur, das sogenannte Flerker Hilligenhuisken (für alle, die kein Platt versehen: Heiligenhäuschen) wurde dafür beseitigt; es war zwar nicht dem Flugplatz im Wege, hätte als christliches Bauwerk die nationalsozialistische Idylle aber sehr gestört! Vor und im Zweiten Weltkrieg produzierte die JVA überwiegend Rüstungsmaterial. Man ging davon aus, dass sie nicht angegriffen würde, weil die Alliierten unter den Insassen Kriegsgefangene vermuteten und diese nicht gefährden wollten.

Jesus in den Armen der Maria. Ein eindrucksvolles Bild, das ein Symbol der Trauer von Müttern heute ist.

Das Leben in der Anstalt war zu dieser Zeit von Willkür, Repression und Rassenwahn geprägt. Seit Ende 1942 gab es Transporte in Konzentrationslager. Und die Menschenverachtung wurde 1944/45 selbst sonntags demonstriert, wenn SS-Posten von den Emporen herab ihre Maschinenpistolen in die mit Gottesdienstbesuchern überfüllte Kirche richteten (so bezeugt von dem damaligen Werler Priester Bernhard Hellmann).

Und noch aus einem anderen Grund war der Aufenthalt in der JVA lebensgefährlich. Denn der benachbarte Militärflugplatz wurde ab 1940 mehrmals bombardiert. Fast 2000 Inhaftierte waren den Angriffen vollkommen schutzlos ausgeliefert. Am 19. April 1944 warfen US-amerikanische Bomber rund 2000 Brand- und 1200 Sprengbomben ab mit dem Ziel, den Militärflugplatz zu zerstören, aber viele Bomben trafen andere Gebäude in der Stadt und die JVA. Zeugen berichteten später, dass viele Gefangene verzweifelt und in Todesangst aus den Zellenfenstern schrien.

Bei diesem Angriff starben insgesamt 132 Menschen, 134 wurden verletzt. Die JVA wurde getroffen, und 77 Gefangene verloren ihr Leben; 66 waren verletzt. Die Narben am Gebäude sind noch heute sichtbar; was aus den Verletzten und Traumatisierten geworden ist, bleibt dagegen unbekannt. Am 8. April wurde Werl von Truppen der 8. US-Panzerdivision besetzt. Damit endete die Naziherrschaft auch in der JVA (nicht erst am 22. April, wie auf der Internetseite der JVA Werl zu lesen ist). Der Tag der Befreiung – so hat ihn erstmals Bundespräsident Richard von Weizsäcker 1985 genannt – liegt in unserer Stadt also einen Monat vor dem offiziellen Datum des Kriegsendes.

Vor einigen Jahren wurde an der Belgischen Straße ein Mahnmal für die Opfer des Bombenangriffs von 1944 errichtet. In der Inschrift sind die 77 Toten aus der JVA genannt. In der Stele ist eine Pieta aufgestellt, die Mutter Maria also, die ihren toten Sohn Jesus in den Armen hält, ein eindrucksvolles Bild, das ein Symbol der Trauer von Müttern um ihre toten Kinder ist (von den beiden oberen Etagen des Hauses IV in der JVA aus kann man die Stele sehen!).

Theo Halekotte | JVA Werl

Der Psalm 91 passt zu fast jeder Lebenssituation, gibt uns uralte und immer noch aktuelle Worte bei Frust, Enttäuschung und Einsamkeit, bleibt aber nicht darin verfangen, sondern macht Mut, schenkt Vertrauen und Lebensenergie – ein Zeugnis des Gottvertrauens.

Psalm 91

Wer im Schutz des Höchsten wohnt und ruht im Schatten des Allmächtigen,
der sagt zum Herrn: „Du bist für mich Zuflucht und Burg, mein Gott, dem ich vertraue.
Er rettet dich aus der Schlinge des Jägers und aus allem Verderben.
Er beschirmt dich mit seinen Flügeln, unter seinen Schwingen findest du Zuflucht,
Schild und Schutz ist dir seine Treue.
Du brauchst dich vor dem Schrecken der Nacht nicht zu fürchten,
noch vor dem Pfeil, der am Tag dahinfliegt,
nicht vor der Pest, die im Finstern schleicht, noch vor der Seuche, die wütet am Mittag.
Fallen auch tausend an deiner Seite, dir zur Rechten zehnmal tausend,
so wird es doch dich nicht treffen.

Ja, du wirst es sehen mit eigenen Augen, wirst zuschauen, wie den Frevlern vergolten wird.
Denn der Herr ist deine Zuflucht, du hast dir den Höchsten als Schutz erwählt.
Dir begegnet kein Unheil, kein Unglück naht deinem Zelt.
Denn er befiehlt seinen Engeln, dich zu behüten auf all deinen Wegen.
Sie tragen dich auf ihren Händen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt;
Du schreitest über Löwen und Nattern, trittst auf Löwen und Drachen.
„Weil er an mir hängt, will ich ihn retten;  ich will ihn schützen, denn er kennt meinen Namen.
Wenn er mich anruft, dann will ich ihn erhören. Ich bin bei ihm in der Not,
befreie ihn und bringe ihn zu Ehren.
Ich sättige ihn mit langem Leben und lasse ihn schauen mein Heil.“

 

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