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Nicht vollständig in der Grube des Gefängnisses versinken

19. Januar 2021

GefängnisseelsorgerInnen erhalten des Öfteren Rückmeldungen von Inhaftierten: In den Gesprächen, aber auch in handschriftlicher Weise. Aus der Seelsorgepost in der JVA Bochum kommt eine Kurzmitteilung, die es sich zu lesen lohnt. Ein Dank, eine Erkenntnis und einen Gedanken, den jemand beschäftigt. „Schrei aus der Grube“, so betitelt ein Gefangener sein Schreiben an den Gefängnisseelsorger. Mit seinem Einverständnis wird der Text hier veröffentlicht.

Schrei aus der Grube

Der heutige Psalm 40 im grünen Kalender¹ trifft es genau: Er zog mich herauf aus der Grube!
Ich habe nie gezählt, wie oft ich in der Grube im Leben war. Oft genug jedenfalls. Und in letzter Zeit grauenhaft tief. Sehr tief. Viel zu tief. Schreien musste ich auch. Das ist in Aussagen und Protokollen aus D. überliefert.

Aus der Grube in D. bin ich lebend mit Frau und Kind herausgezogen worden. Wie im Jahr 2017 aus der Grube in S.. Ich überlege, ob ich das Gefängnis als Grube bezeichnen kann. Ja, es lässt sich mit einer Grube vergleichen. Ich danke Gott und Ihnen, dass ich keinesfalls vollständig in der Grube hier in B. versunken bin.

Ein Gottesdienst im Gefängnis ist etwas Wunderbares. So nah wie hier war ich in meinem bisherigen Leben noch niemals dran. Eventuell liegt es auch am Wasser², das an die Taufe erinnert. Das kann durchaus sein.
Das Orgelspiel³ ist jedes Mal so, als ob Engelein anwesend sind. So schön und hell. Vielen lieben Dank für Gottes Worte und die überlieferten Erlebnisse unseres Herrn und seiner Apostel…

T.S. | JVA Bochum

¹ Kalender der Aktion 365 | 17. Januar 2021

Die action 365 ist eine in den 50er Jahren gegründete ökumenische Laienbewegung. Sie entstand aus dem Gedanken heraus, dass es nicht genügt, über Probleme in Kirche und Gesellschaft nur zu diskutieren und Missstände anzuprangern – Lösungsansätze und konkrete Aktionen aber wenigen Experten zu überlassen. Im gemeinsamen Weltauftrag wollen evangelische und katholische Christen in kleinen Ökumenischen Basisgruppen an allen Tagen des Jahres (365) unter dem einen Wort Gottes zusammenarbeiten (action). Der Name „action 365“ ist Programm. In deren herausgegebenen Kalender mit dem gleichnamigen Titel stehen die täglichen Schriftlesungen im Mittelpunkt. Er basiert auf ausgewählten Schriftstellen des Ökumenischen Bibelleseplans. Jede Wochen-Doppelseite bietet eine Bibelstelle für den Tag, die durch einen kurzen Kommentar erläutert wird.

² Segnung

Manchmal Asperges/Besprengung mit je frischem Wasser statt Weihwasserbecken in Corona-Zeiten. Asperges (die; lateinisch aspergere ‚besprengen‘) bezeichnet in der römisch-katholischen, altkatholischen und anglikanischen Kirche den Begleitgesang zum sonntäglichen Taufgedächtnis, bei dem der Priester die Gemeinde als Segenshandlung mit Weihwasser besprengt.

³ Singen

In Corona-Zeiten darf nur der Organist in der Anstaltskirche von der Empore aus singen und spielen.

 

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