Der Umgang mit Gegensätzen erfordert Akzeptanz, Perspektivwechsel und Kommunikation: Licht – Dunkel. Lärm – Stille. Tradition Innovation. Krieg – Frieden. Fülle – Leere. Anspruch – Wirklichkeit. Macht – Ohnmacht. Armut und Reichtum. Wir leben in Gegensätzen. Manchmal erzeugen sie eine Spannung, die kaum auszuhalten ist: Politisch, gesellschaftlich, familiär oder kirchlich. Und ganz sicher im eigenen Herzen.

Weihnachten ist nicht minder von Gegensätzen begleitet: Himmel – Erde. Staub – Sterne. Ewigkeit – Zeitlichkeit. Kind – König. Gott und Mensch. Und all die anderen eben genannten. Der Umgang mit Gegensätzen erfordert Akzeptanz, Perspektivwechsel und Kommunikation, anstatt sich gegen Unterschiede zu wehren. Perspektivwechsel und Kommunikation: In Jesus verändert Gott seine Perspektive, und in ihm finden wir uns angesprochen. Weihnachten feiern wir, dass Gott in Jesus das sich mit uns Verbindende sucht und lebt. In Jesus wird Gott anfassbar und verletzlich, schreit mit menschlicher Stimme, weint salzige Tränen, trägt menschliche Krankheiten, trinkt den gleichen Wein wie wir, stirbt einen grausamen Tod.
Gespür auf das verwiesen sein
Sich auf das andere und auf die andere oder den anderen einzulassen, fordert mich heraus und bedeutet, dass ich aus mich heraustrete. Gott tritt aus sich heraus, bleibt nicht bei sich. Wer weiß, ob das gut geht… Aber wie viele Konflikte und Auseinandersetzungen hätten anders ausgehen können und würden anders ausgehen, wären unsere Blicke nicht auf das Unterschiedliche oder Trennende gerichtet, sondern auf das Menschen Gemeinsame und Verbindende, wären Menschen aus sich herausgetreten. Gegensätze werden fruchtbar, wenn sie sich nicht bekämpfen: Der Tag frisst nicht die Nacht, die Nacht frisst nicht den Tag. Stattdessen gehen sie eine Beziehung ein. Es müssen nicht gleich Liebesgeschichten werden wie die zwischen Gott und Mensch; das Gespür für das aufeinander verwiesen sein genügt. Der gute Landwirt, die gute Landwirtin weiß um die Chancen und den Reichtum, der im Verschiedenen liegt: Wechselnde Kulturen halten die Pflanzen gesund und den Boden langfristig fruchtbar. Mischwälder sind widerstandsfähiger gegen Stürme, Trockenheit und Schädlinge als Monokulturen.
Wir feiern das große „UND“
Kranken wir am Blasen-Denken, am immer gleichen, am Fernhalten des uns Fremden oder Widersprüchlichen? Die Schöpfung Gottes ist keine Monokultur, und das weiße Licht ist nur, weil alle Farben in ihm enthalten sind. Gott hält sich das Fremde nicht vom Leib. Und bleibt doch der, der er ist. „Unvermischt und ungetrennt“ hat es ein Konzil im 5. Jahrhundert formuliert mit Blick auf die Göttlichkeit und Menschlichkeit Jesu. Weihnachten feiern wir kein „entweder oder oder“. Wir feiern das große „UND„: Gott und Mensch, Licht und Dunkelheit, Tod und Leben, Frau und Mann – und all die Vielfalt dazwischen. Und ahnen, wie sehr sich alles durchdringt, nichts voneinander getrennt sein kann. Die biblischen Erzählungen meinen, Weihnachten geht gar nicht anders: Einheimische Hirten und fremdländische Weise, Ochs und Esel, Menschen von nah und fern, Müde und Wache kommen zusammen. Nur so tun sich Welten, nur so tut sich das Leben selbst auf. Nur so wird Gott Mensch.
Bernd Mönkebüscher





