Durch einen Zufall wurde in der Justizvollzugsanstalt Würzburg eine neue Idee für den Advent geboren. Ursprünglich wollte die Gefängnisseelsorge einen wöchentlichen adventlichen Impuls über das Ansagemikrophon aus der JVA-Zentrale in die einzelnen Hafträume der Untersichungshaft senden. Beim Abklären der technischen Umsetzbarkeit brachte die zuständige Abteilung den hauseigenen Radiokanal ins Spiel. Neben den üblichen Radiosendern ist von dort ein Kanal frei bespielbar.
Die erst kürzlich neu im Dienst befindliche Gefängnisseelsorgerin Monika Schraut nutzt die Gelegenheit in der JVA Würzburg und gestaltet 24 akustische Adventstürchen. Es sind jeweils einzelne Blocks gebildet worden, die als Endlosschleife bis zur nächsten Einspielung via USB-Stick gesendet wurden. Nach einem Eingangsjingle gab es ein breit gefächertes Angebot an Hörsequenzen. Lustige und besinnliche Erzählungen, Rätsel, Gedichte und Meditationsanleitungen tauchten genauso auf wie Bibeltexte und die passende Auslegung dazu. Die Musik war vom professionellen RAP über Liedermachersongs, vom Kinderchor bis zum Oratorienchor breit gefächert. Um von der wiedergaberechtlichen Seite her korrekt zu sein, waren es durchgehend Aufnahmen von eigenen Chören bzw. Bands und Aufnahmen einer Liedermacherin, die bis vor kurzem als Seelsorgerin in der JVA gearbeitet hatte.
Die Folgen des Eingeschlossenseins thematisiert der Würzburger Bischof Dr. Franz Jung in einem Weihnachtsgruß für die Menschen in der Justizvollzugsanstalt. Coronabedingt muss sein Besuch in der JVA Würzburg entfallen. „Lockdown – was die Gesellschaft als Ganze erfährt, davon können Sie ein Lied singen, wenn Sie sich erinnern an den ersten Tag, als Sie in die JVA kamen.“ Resignation, Hass und Selbsthass, Müdigkeit, Angst und die Frage „Werde ich in der Lage sein, mit dieser herausfordernden Situation zurechtzukommen“, gingen vielen Menschen in dieser Situation durch den Kopf.
Der aktuelle Lockdown mache die ganze Gesellschaft dafür sensibel, was die Menschen in der JVA durchlitten. Gott komme an Weihnachten in die enge Welt des Lockdowns und der vielen Fragen, die sich darin auftäten. „Gott kommt, um unsere Schwäche anzunehmen. Er wird Mensch, um uns unsere Würde als Menschen wiederzugeben“, betont Bischof Jung. Gott lade an Weihnachten ein, „uns in dem Kind selbst anzunehmen. Er lädt uns ein, mit ihm in dieser dunkelsten Nacht den Weg aus der Finsternis ins Licht zu gehen.“
Im akustischen Adventskalender sind Stücke vom Frauen- und Männerchor der JVA Würzburg zu hören. Selbst eingespielte Lieder von einem einsitzenden Singer-Songwriter gibt es, der im Rahmen eines CD-Projektes auf der Seite des Bistums Würzburg zu hören ist. Der akustische Adventskalender schließt ab mit dem Weihnachtsevangelium und einer Weihnachtspredigt. Diese mündet in die Wiedergabe des Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian Bach.
Da dieses monumentale Werk wahrscheinlich den meisten Gefangenen fremd ist, gibt es eine kurzweilige Werkseinführung, sowie eine Höraufgabe oder ein Hörrätsel zu jeder Arie und einen Predigtimpuls vor jedem Choral. Den Schluss bildet die berits erwöhnte weihnachtliche Grußbotschaft des Bischofs an die Gefangenen. Die Rückmeldungen seitens der Gefangenen ermutigt dazu, diesen Kanal für die Seelsorge weiterhin zu nutzen. Ein Angebot in der Fastenzeit vor dem Osterfest wird diskutiert.
Monika Schraut | JVA Würzburg