Wer kriminell ist, muss hinter Gitter â das ist ja wohl nur gerecht. Aber ist es wirklich so einfach? Seelsorger und Gefangene der Justizvollzugsanstalt (JVA) WĂŒrzburg sprechen ĂŒber Gerechtigkeit im Strafvollzug. GrundsĂ€tzlich hadert zum Beispiel der Inhaftierte Musta nicht mit seiner Haftstrafe, so wie die meisten der aktuell etwa 550 Gefangenen in der JVA WĂŒrzburg.
Musta ist seit vier Jahren Gefangener in der Justizvollzugsanstalt WĂŒrzburg. Etwa zehn Quadratmeter hat der 27-JĂ€hrige fĂŒr sich zur VerfĂŒgung â spartanisch ausgestattet mit Stuhl, Tisch, Bett, Fernseher und Nasszelle. Der Alltag in der JVA ist streng geregelt, Freiheiten sind auf ein Minimum reduziert. Musta sitzt wegen Körperverletzung, ganz nachvollziehen kann er das Gerichtsurteil aber nicht. „Meiner Meinung nach habe ich in Notwehr gehandelt, das wurde aber nicht berĂŒcksichtigt“, erzĂ€hlt er. Die viereinhalbjĂ€hrige Freiheitsstrafe findet der Gefangene nicht angemessen.
Manche werden aus Armut straffÀllig
„Ungerecht behandelt fĂŒhlen sich vor allem Insassen, die aus finanzieller Not heraus gehandelt haben und das VerhĂ€ltnis zwischen Straftat und Strafe im Ungleichgewicht sehen“, berichtet die GefĂ€ngnis-Seelsorgerin Astrid Zeilinger. Als klassisches Beispiel bezeichnet die Pfarrerin Insassen, die wegen Schwarzfahrens hinter Gittern gelandet sind. „Oft erzĂ€hlen diese Gefangenen, dass sie gerade genug Geld fĂŒr die Miete zur VerfĂŒgung hatten, es fĂŒr das Ticket aber schlichtweg nicht mehr gereicht hat“, sagt Zeilinger. Hier sieht sie den Fehler im System. Denn durch eine GefĂ€ngnisstrafe wird nicht nur der Verurteilte bestraft, sondern die gesamte Familie. GleichermaĂen entsteht auch ein volkswirtschaftlicher Schaden, wenn Menschen durch eine Haftstrafe ihre Arbeit verlieren und danach auf Sozialleistungen angewiesen sind.
Zeit im GefÀngnis als Chance nutzen
„FĂŒr Gefangene, die sich schwererer Vergehen schuldig gemacht haben, ist die Haftstrafe hingegen oft auch die Chance auf einen Neuanfang“, sagt die Seelsorgerin. So geht es auch Sabrina. Sie wurde wegen Körperverletzung zu einer GefĂ€ngnisstrafe verurteilt. Die 26-JĂ€hrige sieht darin nicht nur eine gerechte Strafe, sondern versucht auch das Beste aus ihrer Zeit in der JVA zu machen. Sie macht wĂ€hrend ihrer Haft ihren Hauptschulabschluss nach, berichtet aber auch von einer persönlichen Entwicklung. „Hier hat sich nicht nur meine Einstellung gegenĂŒber Straftaten geĂ€ndert, sondern ich habe auch viel ĂŒber den Umgang mit Mitmenschen gelernt“, erzĂ€hlt Sabrina.
Ohne Einsicht keine VerhaltensÀnderung
GefĂ€ngnisseelsorgerin Astrid Zeilinger hĂ€lt die Kombination aus Strafe und Resozialisierung fĂŒr einen guten Weg, um Gerechtigkeit zu schaffen. Aus theologischer Sicht hĂ€lt sie Schuldeinsicht fĂŒr den ersten Schritt, um Vergebung zu erlangen und Gerechtigkeit herzustellen. Sie berichtet von einem groĂen Umdenken, das bei vielen Insassen erst wĂ€hrend der Haft eintritt. „Viele erzĂ€hlen, dass sie diese Zwangspause gebraucht haben, um aus der alten Schiene rauszukommen“, beschreibt Zeilinger ihre Erfahrungen. Ăhnlich sieht es auch Musta. SozialpĂ€dagogische GesprĂ€che haben ihm geholfen, sich aktiv mit sich selbst auseinanderzusetzen und seine Einstellung zum Leben zu wandeln. Allein mit dem Absitzen einer Haftstrafe ist es seiner Meinung nach nicht getan. Musta sieht jeden Gefangene selbst in der Pflicht, Wiedergutmachung zu leisten. „Man muss sich auch Ă€ndern wollen“, lautet sein Fazit.





