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GefängnisseelsorgerInnen können in Verdacht geraten

30. Juli 2022

Die Bild-Zeitung berichtet als erstes mit dem Titel „Mein Gott! Seelsorger schmuggelt Drogen-Döner in den Knast.“ Dies hört sich an, als wenn dieser das geplant hat. Leider werfen solche Schlagzeilen kein gutes Licht auf die Gefängnisseelsorge. Immer wieder kommt es vor, dass SeelsorgerInnen für zwielichtige Zwecke von Gefangenen missbraucht werden. Doch GefängnisseelsorgerInnen sollten darin gut geschult sein, sich nicht ge- und missbrauchen zu lassen.

Es bleibt dahingestellt, was im Vorfeld zu dieser Aktion geführt hat. „Der Pastoralreferent soll versucht haben, Handys und Drogen in das Gefängnis zu schmuggeln“, heißt es in der dpa Meldung. Versteckt waren diese in Dönern. Sie sollten für eine Gruppenveranstaltung im Jugendgefängnis sein. Es ist nicht ungewöhnliches, auf Bestellung von Bediensteten mit Genehmigung der Anstaltsleitung für Projekte mit den Gefangenen einzukaufen. Der erste Döner fiel auf, weil er „weder mit Fleisch noch Salat, sondern mit augenscheinlich Drogenpäckchen befüllt“ war. Anscheinend 153 Gramm Haschisch in fünf Dönern. Darunter waren mehrere Handys und Ladegeräte. Die dazu gerufene Polizei nahm die Drogen mit, der Seelsorger wurde suspendiert. Die Anstaltsleitung verwies auf die ermittelnde Staatsanwaltschaft Aachen. Das Bistum Aachen hat den Pastoralreferenten „unwiderruflich freigestellt“ und arbeitsrechtliche Maßnahmen eingeleitet.

GefängnisseelsorgerInnen aus-nutzen?

Man kann vermuten, dass der Seelsorger von inhaftierten Jugendlichen vielleicht unter Druck gesetzt wurde. GefängnisseelsorgerInnen werden speziell ausgebildet und haben einen Blick für illegale Machenschaften. Spekulieren könnte man, dass der Seelsorger „leichtgläubig“ die Bestellung in einem bestimmten Dönerladen aufgab und dort abholte. Es scheint so zu sein, dass dort die Döner präpariert wurden. Die Informationen erscheinen nicht in der Meldung, weil dies (noch) im Unklaren ist. Die Öffentlichkeit wird das nicht weiter sonderlich interessieren. Ob mit der Meldung in fast allen Medien der Gefängnisseelsorger vorverurteilt wird? Bleibt abzuwarten, was die Ermittlungen ergeben. Deren Ergebnisse erscheinen leider auf keiner Titelseite mehr.

Immer einer Gefahr ausgesetzt

GefängnisseelsorgerInnen wie Bedienstete arbeiten an einem Ort, an dem sie manipuliert werden können. Gefangene kommen auf Ideen und haben möglicherweise auch gute Kontakte nach draußen. Das soll den Gefängnisseelsorger nicht aus seiner Verantwortung entlassen. Dass es im Alltag des Justizvollzuges immer wieder Stolperfallen gibt, kann man nicht verhindern, trotz vieler Sensibilitäts-Schulungen zum Thema. Oftmals hilft die kollegiale Beratung und das vertrauensvolle Zusammenspiel mit der Anstaltsleitung. Und doch kommt es zu solchen wenigen Fällen, wie dies aus der JVA Heinsberg berichtet wird. Kein/e GefängnisseelorgerIn kann sich davon freisprechen oder sicher sein. Jedoch die manches mal als „gutgläubig“ betitelte Gefängnisseelsorge generell zu verurteilen, ist nicht angesagt.

Michael King | JVA Herford

 

3 Rückmeldungen

  1. Meier sagt:

    Die Fraktion der Partei AfD (Alternative für Deutschland) des Landtages NRW nimmt das Ereignis mit dem Gefängnisseelsorger in der JVA Heinsberg zum Anlass eine „kleine Anfrage“ zu stellen. Unter der Drucksache 18/478 wird gefragt, „ob die derzeitigen Regeln zur Beschäftigung von Gefängnisseelsorgern zur Vermeidung solcher Vorfälle ausreichend oder gbf. erforderliche Anpassungen vorzunehmen sind.“ Es gibt bereits eine weitere „kleine Anfrage“ zur muslimischen Betreuung“ in den Haftanstalten, deren Fragen suggestiv formuliert sind, sprich die Antworten bereits enthalten sind. Eine der Fragen lautet: „Wie oft besuchen GefängnisseelsorgerInnen die Gefangenen zur Ausübung der ihnen übertragenen Aufgaben monatlich?“ Meines Erachtens versucht die AfD die Sache für sich und ihr Partei-Programm zu nutzen.
    Hier findet man die Anfragen der AfD…
    Antwort der Landesregierung nrw

  2. Stefan Thünemann sagt:

    Drama
    Die Medien stürzen sich drauf. Ein Seelsorger der Drogen und Handys mit in die JVA bringen wollte. So eine Nachricht geht durch und durch und sorgt für großes Erstaunen und auch eine gewisse Faszination, die jeden und jede in den Bann zieht, wie Zuschauer eines Dramas. Denn Bestandteil eines Dramas ist die Fallhöhe der Hauptpersonen. Denn „der Fall eines Helden (wird) umso eindringlicher empfunden … , je höher sein sozialer und moralischer Rang vorher war.“ Bei der Seelsorge in Gefängnissen ist sie von je her da. Und manchmal reicht schon der Verdacht. Es ist leicht in der Zuschauerrolle zu verbleiben.

    So unbegreiflich das Verhalten der Hauptperson im Drama ist, so klar liegen ihre Beweggründe des Handels zumindest für den Helden auf der Hand. Und der Zuschauer sieht gespannt zu, wie sich das Unheil Bahn bricht. In diesem Fall ist es nicht anders. Jeder und jede, der oder die in der Justiz arbeitet, steht in der Gefahr aus mehr oder weniger großer Höhe zu stürzen. Bestechung, Korruption, Manipulation oder Erpressung sind nur ein Teil der Gefahren, die nicht nur in einer JVA lauern. Wichtig wäre mir der Rollenwechsel vom Zuschauer zum Akteur, der sich dieser Gefahr immer bewusst wird.

  3. Hans-Gerd Paus sagt:

    Als ich den Artikel las: „JVA Heinsberg – Seelsorger mit Drogen und Handys in Döner erwischt“ rutschte mir zuerst raus, „So ein Idiot!“ Die Hintergründe zu dieser Tat kenne ich nicht, von persönlicher Bereicherung, Erpressung und totaler Naivität ist zunächst alles möglich. Selber 13 Jahre Seelsorger in einer Langzeit-Männer-Haftanstalt kenne ich die Versuche mancher Gefangener den Seelsorger dienlich zu machen. Dabei fängt es ganz harmlos an: der Brief, der an der Postkontrolle vorbei vom Seelsorger zum Hochzeitstag an die Ehefrau geschickt werden soll. Das Päckchen Tabak, das vom Gefangenen A zum Gefangenen B weitergereicht werden soll.

    Klein fängt es an
    Die Lieblingsschokolade die jemand von draußen einem Gefangenen zu seinem runden Geburtstag über den Seelsorger zukommen lassen möchte. Die Fantasien sind vielfältig. Hinter jedem Anliegen kann ein harmloser Grund stecken, aber auch ein versuchter Drogenschmuggel, ein illegales Geschäft oder der Versuch, den Seelsorger erpressbar zu machen. Klein fängt es an. Naiv ist, wer das in der Arbeit im Gefängnis nicht auf dem Schirm hat. Aber soviel Naivität traue ich einem Gefängnisseelsorger nicht zu. Und wenn er doch einmal reingelegt worden ist, weil die Story, die ihm erzählt wurde einfach zu gut war, dann sollte er spätestens beim nächsten Mal wach werden. Wenn nicht, ist er schnell erpressbar. Dann aber gilt es die konkurrierenden Werte zu erkennen und benennen. Einem in der Gefängnisseelsorge Tätigen traue ich zu, zwischen richtig und falsch, gut und böse, legal und illegal zu unterscheiden.

    Botschaft ist katastrophal
    Was ihn bewegt, dann doch den Erpressungsversuchen von Inhaftierten nachzugeben, weiß ich nicht. In Heinsberg hat der Kollege die Chance vertan, den Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu vermitteln, es gibt einen legalen Weg aus einem Dilemma. Als einer, der in und für die Justiz arbeitet und zugleich die Kirche vertritt hat er den dort Einsitzenden den illegalen Weg vermittelt. Diesen Weg hat sie hinter Gittern gebracht. Die Botschaft ist katastrophal. Sollte er dafür zu einer Haftstrafe in einer JVA verurteilt werden so wird der dort tätige Seelsorger seinem früheren Kollegen hoffentlich mit menschlichem Respekt und Empathie begegnen, aber die Tat aufs höchste verurteilen.

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