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Christus kann ein Gefängnis-Schlüssel zum Leben sein

22. Oktober 2023

„Denn verschlossen war das Tor, bis der Heiland trat hervor.“ So resümiert das bewegende Adventslied „Tauet Himmel“, verbreitet in mehreren Melodien. „Oh komm, schließ auf des Himmels Tor!“ Christen verbinden sich in ihren Emmanuel-Rufen mit der Messias-Sehnsucht des vorchristlichen Israels. Die weihnachtliche Antwort findet sich im katholischen Gotteslob unter der Nummer 247: „…der heut schließt auf sein Himmelreich und schenkt uns seinen Sohn.“

Der Benediktiner Abraham Fischer von der Abtei Königsmünster in Meschede, Mönch, Priester, Schmiedemeister greift das Schlüsselmotiv auf für ein Weihnachtsbild. Christus hat nicht nur den Schlüssel zum Leben. Er ist der Schlüssel. Wie das aussieht, zeigt der Benediktiner in seinem Werk, das er mit etwa 30 Jahren schuf: Ein Schlüsselabdruck. Justizvollzugsbedienstete denken bei Fischers Schlüsselabdruck sofort an ihre großen Gefängnisschlüssel. Jeder hat davon zwei, einen für die Durchgangstüren, einen für die Haftraum-Türen. Dass jeder seitliche Schlüsselbartabdruck und jegliche Fotografie davon aus Sicherheitsgründen verboten sind, ist nachvollziehbar. Der Benediktiner Abraham erkennt, dass man den Schlüssel auch senkrecht in Wachs oder Ton drücken kann. Dann entsteht ein stilisiertes Kleinkind mit Köpfchen und Körper.

Weihnachtsbotschaft auf den Punkt

Er wählt für die Bronzeplakette die Kreisform und teilt diesen Kreis mit einer Ying-Yang-Linie. Die stammt aus der chinesischen Philosophie. Die Sache aber, dass es zusammengehörige Gegensätzlichkeiten gibt, kennt auch das Christentum, Aktion und Kontemplation etwa. Für die Familie Jesu bildet die geschwungene Linie die Höhle und für die Könige den Horizont. Den glänzenden Kern der einen Ying-Yang-Hälfte stellt das Jesuskind dar, abgebildet als Schlüsselloch. Mittelpunkt der zweiten Bildhälfte ist der Stern in Kreuzform. In wenigen Zeichen bringt Abraham die Weihnachtsbotschaft auf den Punkt.

Kein sauberes Klick-Klack

Zweck des Gefängnisschlüssels ist das Zuschließen, bei Inhaftierung und am Ende jeden Hafttages. Aber mit dem Schlüssel wird auch aufgeschlossen, zur Arbeit, zum Hofgang, zum Umschluss, zur Gruppenstunde, zum Sonntagsgottesdienst. Bei Haftende auf dem Weg zur Pforte wird einmal die letzte Türe aufgeschlossen. Das darf als Bild genommen werden für den erwarteten großen Aufschluss, den Johannes auf Patmos so beschreibt: „Ich war tot, doch siehe, ich lebe in alle Ewigkeit. Und ich habe die Schlüssel zum Tod und zur Unterwelt.“ (Offb 1,18) In der großen Osterikone der östlichen Christenheit ist dieses eindrückliche biblische Bild des letzten Aufschlusses noch einmal dramatisch gesteigert. Dieser endzeitliche Akt ist nach orthodoxem Verständnis keine ruhige Schlüsseldrehung, kein sauberes Klick-Klack. Es ist ein Brechen und Bersten. Der Auferstandene mit Wundmalen und Siegeskreuz zerstört, zertritt die Tore der Unterwelt. Zerbrochen, zertrümmert liegen sie da. Sünde und Tod sind besiegt. Weggeworfen in eine Ecke ist der Schlüssel.

Alfons Zimmer | Titelfoto: imago

 

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