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Max und Kevin sind in der JVA getauft und gefirmt

22. Januar 2020

„Wo der Geist des Herrn wirkt, da ist Freiheit“, heißt es im zweiten Korintherbrief, und das ist auch der Leitspruch von Erzbischof Kardinal Reinhard Marx. Ausgerechnet an einem Ort der Unfreiheit überbrachte der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz am Sonntagnachmittag diese Botschaft. In der Justizvollzugsanstalt Laufen-Lebenau spendete er zwei 17-jährigen Strafgefangenen die Sakramente der Taufe und der Firmung. Jeder Mensch sei wichtig und wertvoll, auch wenn er zeitweise am Rand der Gesellschaft lebe, machte Gefängnisseelsorger Alfred Stadler in der großen Anstaltskapelle deutlich.

„Wir alle sind in Lebensumstände hineingeboren, die wir uns nicht ausgesucht haben“, sagte Kardinal Marx, doch jeder sei einmalig und keinen werde es so jemals wieder geben. Im Vergleich zur Erdgeschichte und in Anbetracht kosmischer Maßstäbe sei ein Menschenleben nicht mehr als ein Wimpernschlag, aber gerade deshalb einmalig und mit dem Auftrag: „Macht was draus. Bleibt nicht unter euren Möglichkeiten.“ So mancher nehme Umwege, sagte Marx, „aber aufgeben geht nicht“.

Aufmerksam hören die jungen Häftlinge Kardinal Reinhard Marx während des Gottesdienstes zu. Foto: JVA Laufen-Lebenau.

Max und Kevin sind beide 17, aus freien Stücken hatten sie sich für diesen Weg entschieden, wie sie später beteuerten. Etwa 20 Mitgefangene und eine ganze Reihe von Anstaltsmitarbeitern und Ehrengästen begleiteten die beiden, als sie versprachen, ihr bisheriges Leben hinter sich zu lassen, den „Verlockungen des Bösen“ zu widersagen, ebenso dem Satan als „Urheber des Bösen“.

Pfarrer Ludwig Westermeier assistierte beim Wasserschwall über das Haupt. „Lebt als Kinder des Lichts“, so der Kardinal, ehe Max und Kevin – nun in weißen Kleidern – ihre Kerzen entzündeten. Chrisam auf der Stirn besiegelte „die Gabe Gottes durch den heiligen Geist“. – „Friede sei mit dir“, sagte Marx zu den beiden und klopfte ihnen dabei kräftig auf die Schulter. Kevin bat um Vertrauen gedachte den Familien und Mitgefangenen. Musikalisch gestaltet hatte den Gottesdienst der instrumental bestückte Masithi-Chor aus Mettenheim-Altmühldorf, unter anderem mit englischen Titeln und afrikanischem Liedgut. Auf Marx´s Frage, um welche Sprache es sich handle, lautete die Antwort: „Afrikanisch.“ Worauf der Kardinal schmunzelnd erwiderte: „Diese Sprache gibt es nicht.“

Der Anstaltsleiter Florian Zecha bedankte sich bei Kardinal Marx, dass der den beiden jungen Männern in der Zeit ihrer größten Lebenskrise die Heilsbotschaft überbringe. Max und Kevin zollte er Respekt und Anerkennung für ihren Mut, „gerade in dieser schwierigen Phase der Haft ihren Glauben und ihre Zugehörigkeit zur christlichen Gemeinschaft offen zu bekennen und zu bekräftigen“. Bei der anschließenden kulinarischen Feier übergab Reinhard Marx die Urkunden an Max und Kevin, dazu je einen Rosenkranz. Laufens Bürgermeister Hans Feil erbat vom Kardinal einen Eintrag ins goldene Buch der Stadt, einer Stadt, die in einer „biblischen Gegend“ liege: Mit Salzburg als Jerusalem, der Salzach als Jordan und dem Abtsee als See Genezareth.

Reinhard Marx gab sich gesellig und leutselig, bat die beiden Hauptpersonen des Tags wie selbstverständlich an seinen Tisch und ratschte sich im Lauf des Nachmittags von Tisch zu Tisch. Florian Zecha sieht das „absolute Jahreshighlight“ seiner Anstalt mit dem Besuch des Kardinals bereits in der ersten Woche des Jahres verwirklicht. Der Leiter wünschte den beiden jungen Männern Kraft, den jetzt eingeschlagenen anständigen Lebensweg ohne Straftaten weiter zu gehen. Reinhard Marx fügte hinzu: „Es ist nicht so schwer, ein gutes Leben zu führen.“

Hannes Höfer | Mit freundlicher Genehmigung: Freilassinger Anzeiger/Südostbayerische Rundschau

An dem Gottesdienst, den Pfarrer Ludwig Westermeier zusammen mit dem Erzbischof feierte, nahmen Anstaltsleiter Florian Zech, der Laufener Bürgermeister Hans Feil (CSU), Ministerialdirigent Peter Holzner, Leiter der Abteilung Justizvollzug im Bayerischen Justizministerium, Pastoralreferentin Sonja Eichelbaum, Leiterin des Fachbereichs Seelsorge im Justizvollzug im Erzbischöflichen Ordinariat München, die Anstaltsbeiräte Regierungsrätin Magdalena Koch und Caritas-Kreisgeschäftsführer Rainer Hoffmann und dessen Stellvertreter Raphael Koller.

Gefängnisseelsorger Alfred Stadler hatte die beiden 17-Jährigen acht Wochen auf den Sakramenten-Empfang vorbereitet. Dabei lernten sie nicht nur die Lebensgeschichte Jesu, wichtige Feste im Kirchenjahr und den Ablauf eines katholischen Gottesdienstes kennen, sondern hatten zum Beispiel anhand des Gleichnisses vom barmherzigen Vater auch Gelegenheit, sich mit sich selbst und den eigenen Schwächen auseinanderzusetzen. „Es ist wichtig, dass auch sie wieder eine Chance bekommen, neu zu  beginnen“, betont Diakon Stadler. Deshalb wird er die Gruppe mit den beiden Neugetauften und anderen am Christentum interessierten Häftlingen in der JVA Laufen-Lebenau auch in Zukunft weiterführen. Zudem sollen Gefangene, die das möchten, die Gelegenheit erhalten, das Bußsakrament zu empfangen.

Hannelore Bohm  Münchner Kirchenzeitung

 

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