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Es kann keine Kontrolle bis ins Kleinste geben

9. September 2022

Im Jahr 2022 sind in Nordrhein-Westfalens Gefängnissen 1597 Handys entdeckt worden. Im Jahr 2020 waren es noch mehr. Insgesamt  1787. Das geht aus der Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage der AfD im Landtag hervor. Die Fraktion von Nordrhein-Westfalen hatte den Fall eines Gefängnisseelsorgers als Anlass für ihre Anfrage genommen, der laut Staatsanwaltschaft Handys und Drogen in Dönern in die JVA Heinsberg schmuggeln wollte.

Laut dem Ministerium der Justiz in NRW arbeiten derzeit 97 Seelsorger in den Gefängnissen des Landes. Einen ähnlichen Fall wie bei dem Gefängnisseelsorger in Heinsberg habe es in den vergangenen Jahren nicht gegeben. Man geht davon aus, dass der Seelsorger von Inhaftierten manipuliert wurde, damit er in einem bestimmten Imbissladen die präparierten Döner mit Drogen und zwei Handys abholt. Diese Vermutung wurde noch nicht bestätigt. Wie aus dem Papier des Justizministeriums hervorgeht, gab es im ersten Halbjahr 2022 459 Drogenfunde hinter den Mauern. 2021 waren es demnach 1079, im Jahr davor 1053. Wie ein Sprecher des Justizministeriums erläutert, ging es bei den Drogenfunden meistens um kleine Mengen, meistens Cannabis bis zu 6 Gramm.

Keine Kontrolle bis ins Kleinste

Zu den Handys erklärte das Ministerium, dass etwa die Hälfte bei Häftlingen im Offenen Vollzug aufgetaucht sei. Dort ist es leichter an Telefone zu kommen. Die Nutzung ist in einigen Anstalten mit gewissen Regeln sogar erlaubt. Die Kommunikation wird – wie draußen – auch über Smartphones geführt. Es gilt der Grundsatz, die Lebensverhältnisse ähnlich wie „draußen“ im Offenen Vollzug anzupassen. Bei allen Zahlen müsse man berücksichtigen, dass es 14.000 Haftplätze in Nordrhein-Westfalen gibt. Regelmäßig werden Kontrollen mit Drogenhunden in den Justizvollzugsanstalten durchgeführt.

Kein System kann man allerdings bis ins Kleinste kontrollieren. Die Wege der „begehrten Ware“ in den Knast sind unterschiedlich. Neben Mauerüberwürfen kommen Drogen und Handy beispielsweise über den Besuch rein. „Dem Einfallsreichtum sind keine Grenzen gesetzt“, so eine Mitarbeiterin von Sicherheit und Ordnung. Die Coronaschutz-Maßnahmen haben die illegalen Transportwege sehr eingeschränkt. Nichtsdestotrotz gibt es immer wieder Möglichkeiten. Dabei fängt es ganz harmlos an: der Brief, der an der Postkontrolle vorbei vom Seelsorger zum Hochzeitstag an die Ehefrau geschickt werden soll. Das Päckchen Tabak, das vom Gefangenen A zum Gefangenen B weitergereicht werden soll.

Klein kann es anfangen

Die Fantasien sind vielfältig. Hinter jedem Anliegen kann ein harmloser Grund stecken, aber auch ein versuchter Drogenschmuggel, ein illegales Geschäft oder der Versuch, den Seelsorger oder die Bediensteten erpressbar zu machen. Klein fängt es an. Naiv ist, wer das in der Arbeit im Gefängnis nicht auf dem Schirm hat. Und wenn er doch einmal rein gelegt worden ist, weil die Story, die ihm erzählt wurde einfach zu gut war, dann sollte ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin spätestens beim nächsten Mal wach werden. Wenn nicht, ist er schnell erpressbar.

 

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