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Es gibt Beamte, die sind gut zu uns. Das ist dann ein König

9. Dezember 2023

Drei Jahre ist es her, dass die Knast-Krippe im Jugendvollzug der JVA Herford in kleinen Schritten entstanden ist. Inhaftierte, die Gefängnisseelsorger sowie der Ettlinger Holzbildhauer Rudi Bannwarth und zahlreiche SpenderInnen ermöglichen dies. In den ersten Adventstagen ist die besondere Krippe zum 3. Mal aufgebaut und wird bestaunt.

Die ersten, die die Knast-Krippe in der Adventszeit zu sehen bekommen, sind zahlreiche BesucherInnen der Angehörigen von Bediensteten am vergangenen Samstag zur Adventssausstellung. Die Idee zu dieser Krippendarstellung hatten jugendliche Gefangene, die mit dem Künstler aus Ettlingenweier bei Karlsruhe überlegten, wie eine sozialkritische Krippe im Gefängnis aussehen könnte. Schnell war klar, dass die Krippe ein Haftraum sein muss. Inmitten der Wirklichkeit wird ein Mensch geboren, von dem man nachsagt, er wäre der „Messias“. Neu sind die Dreikönige: Ein Bediensteter in Uniform mit seinem Funkgerät, eine Rechtsanwältin mit Aktenordner sowie die Freundin eines Inhaftierten mit einer Krone auf einem Kissen tragend. Die Krone symbolisiert die Würde eines jeden Menschen. Manche sagen, es könnte ebenso eine Sozialarbeiterin sein.

Neu geboren werden

Den Betrachtern kommen eigene Gedanken, wenn sie die Szenerie in der über 140 Jahre alten Anstaltskirche sehen. Ein Jugendlicher lacht, als er das „Pendel“ am Haftraumfenster der Kulisse sieht. „Das ist wie im richtigen Leben, sogar ein Pendel aus Klopapier“, stellt er fest. Der Fußball im Zaun ist ebenso ein Bild, dass die Inhaftierten an das Leben außerhalb der Mauern erinnert. Viele Einzelheiten erzählen die Geschichte der Geburt Jesu mit der Folie des Knastes. „Der Jugendliche auf dem Bett ist derjenige, der neu geboren werden will“. meint ein 17-jähriger Dortmunder. „Der Großvater als Josef ist eine wichtige Bezugsperson für viele der jungen Leute“, meint der Gefängnisseelsorger Stefan Thünemann. Die Mutter Maria ist eine etwa 40-jährige Mutter eines Gefangenen. Die kartenspielenden Jungs auf der Bank sind die Hirten.

Engel als Malerlehrling

Kaum jemand kennt die Weihnachtsgeschichte so richtig. Besser vertraut ist der Weihnachtsmann oder die Engel. Von dem ist einer auf dem Dach: Ein Malerlehrling in weißer Latzhose mit Flügeln. „Das ist die beste Figur“, meint ein junger Syrer mit Namen Mohammed. „Flügel sollte man haben“, fügt er hinzu. Fliegen zu können ist eine der Sehnsucht besonders hinter Mauern. Es hat Gründe und Ursachen, warum jemand eine Haftstrafe „absitzen“ muss. „Es geht aber nicht nur um das Absitzen, sondern darum, sich und seine Persönlichkeit besser kennenzulernen, sich zu weiter zu entwickeln, um nicht neu straffällig zu werden“, sagt Gefängnisseelsorger Michael King. Wie schwierig das ist, zeigen die Zahlen von denjenigen, die wieder in den Jugendvollzug zurückkommen.


Ein König

Die Darstellung der Knast-Krippe kann ein Spiegelbild sein. Sie gibt konzentriert in den einzelnen Figuren wieder, was das Leben ausmacht. Wie damals die Realität und die Umstände der Geburt Jesu nicht die Besten waren, sind die Menschen heute genauso Widrigkeiten von Schuld und Missgunst ausgesetzt. Der einschlagende Stern in der Kulisse zeigt, dass die Welt nicht dunkel bleiben muss, dass es positive Veränderungen geben kann. „Die Hoffnung stirbt zuletzt“, sagt ein 15-jähriger Jugendlicher, der mit großen Augen die Figuren betrachtet. „Es gibt Beamte, die sind gut zu uns“, erzählt er. „Das ist dann ein König“, meint er. Dass jeder seine eigene Krone wiederaufsetzen kann und damit seine Würde nicht verliert, ist wenigen der Inhaftierten klar. Die Knast-Krippe weist sie immer wieder neu darauf hin.

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