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Eine lange Knasterfahrung als Gefängnisseelsorger hinter sich

17. Oktober 2023

Von links nach rechts: Gerd Lüssing (JVA Lübeck), Lothar Schaefer (JA Hameln), Dietmar Niesel (JSA Arnstadt) sowie der Vorsitzende Andreas Bär (JVA Nürnberg).

Drei Gefängnisseelsorger sind im Rahmen der Mitgliederversammlung der Katholischen Gefängnisseelsorge in Deutschland e.V. in Hildesheim verabschiedet worden. Der Vorsitzende, Andreas Bär, überreicht den in Ruhestand gehenden Kollegen die Leonhard-Tafel mit dem Abbild des Schutzpatrons der Gefangenen. Leonhard wird als Abt mit Stab und mit Ketten als Symbol für befreite Gefangene dargestellt.

Dietmar Niesel von der JSA Arnstadt setzt sich im Michaeliskloster in Hildesheim an den Flügel und spielt spontan „So war mein Leben“ von Frank Sinatra.

Gerd Lüssing

Einer, der sehr lange in verschiedenen schleswig-holsteinischen Justizvollzugsanstalten tätig ist, ist Gerd Lüssing. Seit 1. Mai 1990 arbeitet er als Gefängnisseelsorger in den JVAen Neumünster, Lübeck und Kiel. Im Juni 2024 wird Lüssing mit 34 Jahren Knasterfahrung seinen Dienst hinter Gittern beenden. In einem Meditationstext schreibt Lüssing von Sympathieträgern: Jemand, der trotz aller Dunkelheit, Widersprüchen und Notlagen da ist und mitgeht, der Mut macht und neue Zuversicht ausstrahlt. „Im Knast sind nicht nur die Bösen und die Guten draußen. Manche der Straftäter können durchaus sympathisch sein“, erzählt Lüssing.

Dietmar Niesel

Mörder, Vergewaltiger und Betrüger – Dietmar Niesel hat mit ihnen in den thüringischen Anstalten gesprochen, sie getröstet und ihre Geschichten angehört. Seit 2003 ist er, zunächst ehrenamtlich, als Gefängnisseelsorger in der JVA Nürnberg und später ab 2011 in der Jugendstrafanstalt (JSA) Ichtershausen hauptberuflich tätig. In der neu gebauten JSA Arnstadt ging sein Dienst als Gefängnisseelsorger im Jahr 2014 weiter. Vor seinem pastoralen Studium und der Diakonenweihe war Niesel Tischlermeister. Für die Gefangenen ist er ein erfahrener Gesprächspartner, zu dem sie mit jedem Thema kommen können – häufig auch ohne jeden religiösen Bezug. „Es war nicht immer einfach im System Vollzug, aber ich habe das gerne gemacht“, sagt Niesel.

Lothar Schaefer

Die Schura Niedersachsen hat in Kooperation mit dem niedersächsischen Justizministerium ein Ausbildungskurs für Gefängnisseelsorger gestartet. Darin war Lothar Schaefer, Lehrsupevisor in Gefängnisseelsorger der Jugendanstalt (JA) Hameln, neben der Seelsorge im Jugendvollzug engagiert. „Das werde ich im kleinen Rahmen auch weiter tun“, sagt Schaefer. In Niedersachsen ist die muslimische Gefängnisseelsorge durch die Vereinbarung zwischen der Schura Niedersachsen und dem niedersächsischen Justizministerium seit 2012 verankert. Viel länger ist Schaefer in der Gefängnisseelsorge tätig: 25 Jahre hat er im Jugendvollzug hinter sich.

Leonhard als Geschenk

Der Vorsitzende Andreas Bär von der JVA Nürnberg dankt den drei erfahrenen Gefängnisseelsorgern im Rahmen des Vereins mit der Leonhard-Tafel. Der heilige Leonhard ist Schutzpatron der Gefangenen und wird als „Kettenheiliger“ bezeichnet. Er gilt bei alpenländischen Bauern als Schutzpatron für das Vieh, insbesondere für die Pferde. Leonhard wird als Abt mit Stab und mit Ketten als Symbol für befreite Gefangene dargestellt. „Ein schönes Geschenk, das mich an die Zeit im Knast erinnern wird“, sagt Lüssing. „Es ist schon ein wenig traurig, dass ich den Schlüssel abgeben muss“, meint Schaefer. Doch Dietmar Niesel springt spontan auf die Bühne und tröstet die beiden und alle anderen anwesenden KollegInnen mit dem Lied „So war mein Leben“ von Frank Sinatra.

Michael King

 

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