Der Künstler der KönigInnen aus Bonn, Ralf Knoblauch, bekommt von der Justizvollzugsanstalt Bremen ein Paket. Darin ist eine “blaue Königin” für den Erfinder der HolzkönigInnen. In der JVA Bremen waren im März verschiedene KönigInnen des Erschaffers unterwegs, um die Botschaft den Inhaftierten zu überbringen, dass sie weiterhin eine Würde haben. Acht Inhaftierte waren so angetan, dass sie selbst aus Holz eine Königin gestalteten.
In einem beigelegten Brief bedanken sich die Inhaftierten bei Knoblauch: “Mit dieser Königin möchten wir Sie in Ihrem Projekt bestärken und Ihnen sagen, dass Sie genau das Richtige tun”, so der Wortlaut. Der Künstler arbeitet als Diakon im Erzbistum Köln. Als Hobby fertigt er aus alten Holzbalken königliche Figuren, die einfach gestaltet sind. Und: Sie tragen eine Krone auf dem Kopf oder haben sie in der Hand. Knoblauch möchte mit diesen Skulpturen die Würde eines jeden Menschen durch die Krone zeigen.
Bezug zu Holz und Menschen
Jeden Tag widmet sich Ralf Knoblauch seiner Sache: Der gelernte Tischler geht in den Keller und verbringt eine Stunde lang mit Holzarbeiten. Er erschafft Königsskulpturen. “Ich habe schon immer diese Affinität zum Werkstoff Holz gehabt”, sagt der hauptamtliche Diakon. Im Jahr 2007 zog es ihn mit seiner Familie in den Bonner Nordwesten. Aus Zufall begann er mit dem Schnitzer dieser besonderen Figuren. Bonn-Tannenbusch, ein Stadtteil im Norden der Stadt, gilt als Problemviertel, als sozialer Brennpunkt. Dort ist Knoblauch diakonisch-pastoral in der sozialen Arbeit tätig. “Die ganzen menschlichen Brüche, die ich dort im Bonner Norden erlebe, von Gewalt in der Familie, Verschuldung, die ganze Suchtthematik: Da habe ich sehr viel Kontakt mit Menschen, wo die Würde jeden Tag eine hohe Aktualität bekommt”, so Knoblauch. “Letztlich ist das Tun und Arbeiten an den Königen ein Prozess, das auch persönlich zu verarbeiten.” Die Könige sieht er deshalb nicht als Hobby, sondern als fest integrierten Teil seines Lebensentwurfs.
Bewusst “unkirchliche” Orte
Etwa 50 Zentimeter hoch, mit freundlichem Blick, geschlossenen Augen und eine Krone auf dem Haupt oder in der Hand tragend: Am Motiv der Königlichkeit und der Würde ist Knoblauch hängen geblieben. Bewusst gibt er due Skulpturen an “unkirchliche” Orte, um mit Menschen ins Gespräch zu kommen: “Ich habe im Tattoo-Studio gestanden, im Nagelstudio, vor der Moschee, am Friedhof. Ich stelle mich also nicht direkt vor die Kirche”, so Knoblauch. Aus einer spontanen Begegnung werden oft tiefe Gespräche, erklärt er und betont, so das Thema dort diskutieren zu können, wo Kirche heute kaum noch präsent sei. Dazu zählt ebenso der Knast. In der nordrhein-westfälischen JVA Herford, in der hessischen JVA Butzbach und jetzt in der JVA Bremen sind die KönigInnen präsent.
Eine Königin für den Künstler
Wichtig ist Knoblauch, dass es zwischen einer Königsfigur und einem Menschen zu einer Beziehung kommt. Die Krone ist das entscheidendste Symbol bei den einfachen Figuren. Eine Königin* oder ein König* sind einfach gestaltet und gekleidet. Die Krone macht den Menschen aus. Knoblauch verkauft die Skulpturen nicht. Er gibt sie an Orte, an denen die Würde in den Mittelpunkt kommen soll. Das haben die inhaftierten Menschen in den verschiedensten Gefängnissen verstanden. Sie kennen aus eigener Erfahrung wie es ist, die Würde aufgrund einer oder mehrerer Straftaten aufgrund der damit verbundenen Zuschreibung zu verlieren. “Die Würde kann keinem Menschen genommen werden”, so der Künstler. Jetzt haben die Bremer Inhaftierten dem Künstler eine “blaue Königin” für seine Würde quasi zurückgegeben. “Danke für dieses starke Zeichen der Anerkennung!”, schreibt Knoblauch in den sozialen Netzwerken. Die Königsskulptur von Ralf Knoblauch ist in der Abteilung des Frauenvollzuges, der U-Haft, in der Bildhauerwerkstatt der Jugend und bei der Anstaltsleitung gewesen. In der Bildhauerwerkstatt der Erwachsenen ist die Königin ohne Arme entstanden. Die jugendlichen Inhaftierten haben ihr den Namen „Respekta“ gegeben.
Michael King
1 Rückmeldung
Das Zentralkomitee der Deutschen Katholiken (ZDK) beherbergt in Berlin seit längerer Zeit ein Königspaar. Das Thema meiner König*innen ist klar: Jeder Mensch hat WÜRDE. Alle zusammen und individuell. “Die WÜRDE des Menschen ist unantastbar. ” Der Gesetzestext trägt dem Staat deshalb die Achtung und den Schutz der antastbaren WÜRDE auf. Und wie sieht es innerkirchlich aus?
Ich habe das Königsmotiv gewählt, weil es mich anspricht und ich die Aussage von der Ebenbildlichkeit mit dem König und der Königin mit meinem Lieblingswerkstoff HOLZ verstehbar äußern lässt. Und weil ich den konkreten Widerspruch gegen Entwürdigung in der Kirche etwas entgegensetzen möchte. Themenfelder gibt es dafür reichlich. Das ist eine ganz schöne Spanne im Leben JETZT. Aber anders als in dieser Spannung ist Hoffnung nicht zu äußern. Sie haben sie in der Hand. Die König*innen mögen dazu ihren Beitrag leisten. Schwere Arbeit!