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Ein Weihnachtsgeschenk mit dem Segen für alle?

20. Dezember 2023

Mitte Dezember 2023 legt das vatikanische Dikasterium für die Glaubenslehre eine vom Papst gebilligte Erklärung „Fiducia supplicans“ zur Erlaubnis der Segnung von gleichgeschlechtlichen und anderen „irregulären“ Paaren vor. Viele Medien haben unmittelbar getitelt, dass der Papst die „Segnung gleichgeschlechtlicher Paare“ erlaube. Das klingt sehr revolutionär und befreiend. Doch schaut man genauer hin, ist es nur ein Scheinberuhigung zu Weihnachten. Ob „erlaubt“ oder nicht, trägt nichts zu den Lebensrealitäten von Menschen bei…

Die Erklärung der Möglichkeit der Segnung für queere und andere geschiedene oder wiederverheirateten Paare wirkt wie ein unerwartetes und vorgezogenes Weihnachtsgeschenk. Bei aller Freude über diesen vermeintlichen Fortschritt bleibt festzustellen, dass es sich um einen minimalen Schritt handelt. „Was der Vatikan präsentiert, ist in weiten Teilen eher eine Mogelpackung. Stell Dir vor Du wünscht Dir ein paar schöne Schuhe, bekommst aber nur ein paar selbstgestrickte Socken!“, kommentiert Miki Herrlein aus Freiburg im Breisgau treffend. Seine Identität ist non-binär, das heißt er ist ein zugeschriebener Mann, fühlt sich in seiner Identität aber den beiden biologischen Geschlechtern nicht zugeordnet.

Geschenk an das gläubige Volk

Die Erklärung sei ein „Geschenk an das gläubige Volk Gottes“, heißt es in der Einleitung zu der Erklärung. Im Text wird geregelt, wer dieses Geschenk für sich in Anspruch nehmen darf und wie es auszupacken und zu verwenden ist. Der Vatikan wird dabei kreativ und unterscheidet einen „ordentlichen“ liturgischen Segen von einer Segnung im „gottesdienstlichen“ Rahmen der Volksfrömmigkeit. Mehrfach zitiert der Text den Papst in seinem Bemühen um eine „väterliche und pastorale Haltung“. Das vatikanische Schreiben ist keineswegs als Kurskorrektur im Blick auf die Lehre der Katholischen Kirche einzustufen. Die ist nicht seine Absicht. „Die Regelungen sind Hinweise zur Praxis der Seelsorge. Weiterhin gilt jede Form von Beziehung und Sexualität, die nicht heterosexuell in einer sakramentalen Ehe gelebt wird oder gebrochen ist, als schwere Sünde und kann nicht öffentlich gesegnet werden. Ein kirchliches Segnungsritual in einem feierlichen Gottesdienst anlässlich einer standesamtlichen Trauung ist nicht vorgesehen“, betont Jens Ehebrecht-Zumsande aus Hamburg.

Pinkgewaschener pastoraler Scheinheiligenschein

Die Absage an die Erstellung liturgischer Feiern durchkreuzt die Bemühungen um klare liturgische Formen und eine entsprechende Gestaltung, die in der Umsetzung der Beschlüsse des Synodalen Weges der Katholischen Kirche in Deutschland weit fortgeschritten sind. „Was zukünftig möglich sein soll, entspricht in etwa dem, was im vergangenen Jahr die flämischen Bischöfe vorgelegt haben: eine Segnung im Kontext der Seelsorge, abseits der Öffentlichkeit. Dies unterläuft aber der Intention von Segnungen von Menschen in ihren gemeindlichen Kontexten. Segen ist nicht für die stillen Kammer gemeint. Dies wirkt wie ein Ja, aber Nein“, hebt Gunda Werner, ebenfalls Vorstandsmitglied bei OutInChurch hervor. „Für vatikanische Verhältnisse und in einer weltkirchlichen Perspektive mag die veröffentlichte Erklärung ein Riesenschritt nach vorne sein. Ein Signal an all diejenigen ist, die jede Diskussion über eine Weiterentwicklung der Sexualmoral strikt ablehnen und schon in dieser Form der Segnung den Untergang des Katholizismus vermuten.“, sagt Eva Dreier, ein weiteres Mitglied bei OutInChurch. In dieser Hinsicht ist dem Papier zu wünschen, dass es eine Eigendynamik entwickelt, die letztlich sichtbar macht, dass die herkömmliche Lehre keine Akzeptanz findet und folglich verändert werden muss. Die vorgelegten Regelungen ist eine Fortsetzung der bestehenden Diskriminierung, einmal mehr geschönt mit einem pinkgewaschenen pastoralen Scheinheiligenschein.

Ob das Hoffnung gibt

Die Erklärung „Fiducia supplicans“ des römischen Glaubensdikasteriums von 18. Dezember 2023 sei ein kleines Hoffnungszeichen, sagt Thomas Söding, Professor für Neutestamentliche Exegese an der Ruhr-Universität Bochum und Vizepräsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK). „Noch im Februar 2021 hatte dieselbe Kurienbehörde jeden Zweifel daran ausräumen wollen, dass ein Segen für Paare in irregulären Beziehungen unmöglich sei, weil nicht gutgeheißen werden könne, was objektiv schlecht ist. Das klingt jetzt anders“, sagt Söding. Ob das Hoffnung gibt? Wer weiß.

Quelle: Pressemitteilung OutInChurch

 

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