Die Migrationsdebatte in Deutschland wird scharf geführt. Begrenzung und Abschottung bestimmen den Diskurs, die Ankündigungen werden immer weiter ins Extreme verschoben und die Grenzen, die die Grund- und Menschenrechte setzen, missachtet. Der Caritasverband möchte dem entgegentreten und hat zu diesem Zweck einige Fakten zusammengestellt.
In den Jahren 2022 und 2023 stieg die Zahl von illegal einreisenden Menschen in die EU und nach Deutschland an, die Mehrheit sucht Schutz vor Krieg und/oder Verfolgung. Parallel zu den steigenden Zahlen Schutzsuchender ist der politische Überbietungswettbewerb gewachsen, so dass mittlerweile nicht nur an den extremen Rändern Maßnahmen zur Reduzierung der Schutzgewährung gefordert werden, die nicht mit dem Grundgesetz, dem EU-Recht und der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar sind.

Wahplakat in Nürnberg 2025.
Diskurs ist migrationsfeindlich
Der Diskurs wird zunehmend per se migrationsfeindlich geführt, auch der dauerhafte Aufenthalt von Arbeitskräften und ihren Angehörigen wird in Frage gestellt. Parallel dazu ist die Zahl derjenigen gewachsen, die laut Umfragen unzufrieden mit der Migrationspolitik sind. Obwohl die Zahlen zuletzt gesunken sind, bleibt der Diskurs schrill. Die Situation in vielen deutschen Kommunen ist tatsächlich schwierig. Wir müssen Herausforderungen bewältigen, die sich aus der Zuwanderung von Schutzsuchenden ergeben, wie insbesondere die Unterbringung und Versorgung während des Asylverfahrens. Gleichzeitig sind vor Ort die Folgen von allgemeiner Wohnungsnot, Bildungsnotstand, Pflegenotstand sowie Klima- und Energiekrise, Inflation und Eintrübung der Wirtschaftsdaten unübersehbar. Folgt man der Diskussion, scheint die Bewältigung auch dieser Probleme davon abhängig, dass weniger Schutzsuchende es schaffen nach Deutschland zu kommen.
Unrealistisches Gutmenschentum…
Dabei bleiben Vorschläge auf der Strecke, deren Umsetzung auch im Interesse der Gesellschaft wären – wie ein schnellerer Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylsuchende. Es gibt viel zu viele „gefühlte Wahrheiten“ und aus Annahmen entwickeln sich ohne Beleg über die zu erwartende Wirksamkeit Scheinlösungen. Wenn sie nicht die erhoffte Wirkung zeigen, ist die Enttäuschung groß und werden weitere, noch „schärfere“ Maßnahmen gefordert. Klar ist, es gibt keine einfache Lösung im Umgang mit Migration, Flucht und Integration. Aber es kann auch keine Lösung sein, die Grundlagen unserer Gesellschaft in Frage zu stellen, indem Solidarität und Schutz der Menschenwürde als unrealistisches Gutmenschentum abgetan wird oder Hilfe für die Schwachen einerseits ins Ausland verlagert werden soll, dort aber in Frage gestellt wird, um bei den nächsten Wahlen zu punkten.
Einwanderung als Bedrohung
Die Sozialethikerin, Michelle Becka, aus Würzburg sagt, dass die Probleme in Deutschland, auch in der Gestaltung der Zuwanderung und der Integration, nur sachlich gelöst werden können. „Dazu trugen die eingebrachten Anträge von Merz (CDU) in den Bundestag aber nicht bei. Sie sind zudem unvereinbar mit geltendem Recht“, so Becka. Auch die Art, wie die öffentliche Debatte über Einwanderung geführt werde, trage nicht dazu bei, sondern führe zu Politikverdrossenheit. „Es gibt eine problematische doppelte Engführung im aktuellen Diskurs: Die erste ist die Engführung auf das Thema Einwanderung – als gäbe es die anderen Probleme nicht. Die zweite ist die Engführung auf Einwanderung als Bedrohung.“ Dies werde weder den Menschen gerecht, die auf Schutz angewiesen seien, noch denen, die hier lebten. Eine unbegrenzte Zuwanderung nach Deutschland gebe es nicht. „Die aktuelle Migrationsdebatte ignoriert bewusst den Rückgang der Zuwanderung.“ Zudem sei bei der Integration seit 2015 vieles geschafft worden. Sieben Jahre später hätten zwei Drittel der 2015 gekommenen Geflüchteten eine Arbeit gehabt. Auch die schulischen Erfolge seien – bei allen Schwierigkeiten, die es auch gebe – teilweise beeindruckend. „Es wäre aber nötig, auch diese Geschichten zu erzählen“, so Becka. Zu den Factsheet der Caritas…