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Straffällige auf den Boden der Realität zurückholen?

5. Dezember 2019

Eine Strafe muss sein, heißt es. Aber wozu? Vor allem zur Resozialisierung, im Gefängnis sollen die Häftlinge lernen, künftig ein Leben ohne Straftaten zu führen. Doch können die Justizvollzugsanstalten das? Nein, sagen zwei profilierte Kenner des deutschen Strafvollzugs, Thomas Galli und Bernd Maelicke, beide Praktiker des Vollzuges und bekannte Buchautoren.

Die Autoren sind bekannt durch die Bücher mit den Titeln „Endstation Knast“ und „Das Knastdilemma“. Ihre Kritik an den Mängeln der Justizvollzugsanstalten geht so weit, dass sie sagen: Die meisten Gefangenen gehören gar nicht ins Gefängnis. Und: Die Angebote im Knast sind nicht geeignet, die Inhaftierten auf das Leben danach vorzubereiten. Eine Reportage des SWR 1 unter dem Titel „Strafen wir falsch?“

Bernd Maelicke ist ein deutscher Jurist und Sozialwissenschaftler und war seit 2005 Direktor des Deutschen Instituts für Sozialwirtschaft (DISW) und Honorarprofessor an der Leuphana Universität Lüneburg. Maelickes Vater arbeitete als Volkswirt beim Reichspropagandaministerium und meldete sich im März 1945 freiwillig an die Ostfront, wo er bald darauf zu Tode kam. Bernd Maelicke wuchs in den Nachkriegsjahren unter prekären Verhältnissen heran. Er hauste mit seiner Mutter und seinem älteren Bruder in einem halbzerbombten Haus im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg. 1948 wurde er zu seinem Großvater nach Göttingen abgegeben, dem es wirtschaftlich besser ging. Der Junge fühlte sich dort aber nicht wohl und verwahrloste zusehends. Als 12-Jähriger nahm Bernd, der damals „Glatze“ genannt wurde, mit seiner Jugendgang in Göttingen an verschiedenen Raubüberfällen teil. 1953 holte ihn seine Mutter wieder zu sich, nachdem sie erneut geheiratet hatte und an den Bodensee gezogen war. Die neue Familiensituation ermöglichte Bernd ein geregeltes Leben. Er konnte in Singen das Gymnasium besuchen, wurde Klassensprecher und machte Abitur.

Thomas Galli ist ein deutscher Jurist und Autor. Er ist promovierter Jurist und studierte ferner Psychologie (mit dem Abschluss Bachelor of Science) und Kriminologie (mit dem Abschluss Master of Arts). Galli war ab 2001 im Strafvollzug tätig, unter anderem in der Justizvollzugsanstalt Straubing. 2013 wurde er Leiter der Justizvollzugsanstalt Zeithain, 2015 für über 6 Monate zusätzlich Leiter der Justizvollzugsanstalt Torgau. Galli entwickelte zunehmend Zweifel an dem System des Strafvollzugs und legte seine Leitungstätigkeiten letztlich 2016 nieder: „Ich möchte niemand sein, der für die Abschaffung der Gefängnisse plädiert, aber selbst ein Gefängnis leitet.“ Er sagt unter anderem: „Das Gefängnis macht die Menschen gefährlicher.

 

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