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Ausbildungskurs: Sicherheit entsteht nicht durch Gebäude

23. März 2023

Vier Tage treffen sich neu im Dienst befindliche GefängnisseelsorgerInnen im Wilhelm-Kempf Haus in Wiesbaden-Naurod zur Aus- und Weiterbildung. Der 49. Ausbildungskurs „Kirche im Justizvollzug“ mit fast 40 TeilnehmerInnen der evangelischen und katholischen Gefängnisseelsorge aus dem Bundesgebiet ist gut besucht. „Darunter sind auch alte Hasen“, sagt einer der Teilnehmer. Es will gelernt sein, den Dienst in einem Gefängnis zu tun.

Die Räume eines Gefängnisses sowie die eigene Rolle im Justizvollzug rücken die GefängnisseelsorgerInnen im Ausbildungskurs 2023 in den Fokus. Es sind GefängnisseelsorgerInnen, die vor relativ kurzer Zeit im Gefängnis angefangen haben sowie Berufserfahrene. Viele Fragen, die im Wilhelm-Kempf-Haus in Naurod durch Referate und Workshops zum Austausch kommen, werden in diesem Berufsfeld gestellt: Ist der Strafvollzug in Deutschland wirklich Garant für mehr Sicherheit in der Gesellschaft? Wie zukunftsfähig ist das Gefängnissystem? Gibt es Alternativen? Birgt das System „Gefängnis“ Risiken und Nebenwirkungen für die Gesellschaft?

Ausbildungsgruppe 2023 in Wiesbaden-Naurod. Fotos: Lothar Schäfer

Sicherheit entsteht im Sozialen

Die einschlägige Erkenntnis am Ende der Tagung lautet:  Die Sicherheit entsteht im Sozialen. Welchen Anteil daran und welche Aufgabe dabei die Gefängnisseelsorge hat, wurden zu wichtigen Wegmarken für die Teilnehmenden. Knapp 40 SeelsorgerInnen aus dem Bundesgebiet und eine Kollegin aus Österreich folgten der Einladung der Katholischen Gefängnisseelsorge in Deutschland e.V. Sie nahmen teilweise dafür Anreisen von über 6 Stunden auf sich.

Die Veranstaltung wird zu Recht mit den im vierjährigen Rhythmus rotierenden Schwerpunkten als Einführung und Ausbildungskurs in die Gefängnisseelsorge durch die deutschen Bistümer mitgetragen. Das Konzept der Veranstaltung überzeugt mit den Impulsen aus der ökumenischen und interdisziplinären Zusammenarbeit. Für die „Frischlinge“ und für die „alten Hasen“ der Gefängnisseelsorge beider Konfessionen sind sie bereichernd. Ob im Vergleich der verschiedenen Regelungen in den Bundesländern oder bei Best Practice-Bespielen aus dem Dienstalltag.

Eine andere Art von Sicherheit

Das Vorbereitungsteam mit Angela Gessner (JVA Weiterstadt), Lothar Schäfer (JA Hameln) und  Michael Kullinat (JVA Schwalmstadt) hat ReferentInnen wie beispielsweise Prof. Dr. Frieder Dünkel oder Peter Asprion (siehe Titelbild) eingeladen. Er und andere Fachleute stießen kontroverse Diskussionen an. Sie teilten tief aus dem Glauben und individueller Beobachtung ihre Erkenntnisse aus dem System „Gefängnis“ mit. Für die vielschichtigen Aufgaben der Gefängnisseelsorge sind Impulse gesetzt worden. Zu den drei Säulen der Sicherheit gehört nicht nur die bauliche und die administrative Sicherheit im Gefängnisalltag, sondern es gehört wesentlich die soziale Sicherheit dazu. Mit dieser anderen Art von „Sicherheit“ sind GefängnisseelsorgerInnen Teil des Sicherheitsapparates. Die Gespräche, die gottesdienstlichen und gruppenorientierten Angebote sowie Krisenintervention nehmen bei Inhaftierten wie Bediensteten oft Druck aus dem System. „Wenn wir unseren Dienst mit Transparenz, Weitsicht und Verständnis für alle Beteiligten wahrnehmen, das System Gefängnis trotz seiner Fehler annehmen, motiviert darin arbeiten und unsere persönlichen Wirkmöglichkeiten entfalten, erfüllen wir Jesu Auftrag“, sagt die Gefängnisseelsorgerin Stephanie Eckstein von der JVA Bamberg.

 


Dank an die Leitung

Den Auftrag nehmen die TeilnehmerInnen nach den Ausbildungstagen motiviert an, trotz allem Restrisiko und Unwegbarkeiten hinter den Mauern. Sie gehen mit den Worten der Referentin und evangelischen Gefängnisseelsorgerin Lotte Jung aus der JVA Frankfurt zurück in ihre Einrichtungen: „Ich bin und weiß mich in Gottes Hand!“ Einen Dank geht an Angela Gessner, dass sie trotz ihres Ruhestandes die Veranstaltung mitvorbereitet und den Auftakt angeleitet hat. Auf diesem Weg die besten Wünsche an Lothar Schäfer für den Endspurt zu seinem Ruhestand. Viele werden beim nächsten Mal seine Art vermissen. Der Ausbildungskurs wird weiter von Michael Kullinat (JVA Schwalmstadt), Alexander Rudolph (JVA Weiterstadt) und Manfred Heitz (JVA Frankenthal) begleitet.

Stephanie Eckstein | JVA Bamberg

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