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Advent und Weihnachten im Knast: Das Stroh als Symbol

19. Dezember 2024

Die Adventszeit und das Weihnachtsfest im Knast: Weit weg und abgeschottet von gewohnter Umgebung und von den Menschen, die einem vielleicht lieb und wichtig sind. Eine gewisse „Armut“ haben manche Inhaftierte vor den Mauern und vor ihrer gerichtlichen Verurteilung erfahren. Arm ist der Gegensatz von reich an materiellen Dingen oder arm an Beziehungen, an Wertschätzung oder Akzeptanz. Selbst schuld, weil die Menschen straffällig geworden sind?

Arten von Armut

In manchen Fällen ist das so. Doch es geht nicht alleine um das Schuldig-werden. „Schaut, wie das Kind in Armut liegt auf Stroh gebettet.“ So heißt es im Weihnachtslied „Nun freut euch ihr Christen“. Diese Liedpassage ist in der Adventszeit im Männer- und Frauenvollzug der JVA Gelsenkirchen eine Aufforderung, sich in den gottesdienstlichen Feiern über verschiedene Arten von „Armut“ Gedanken zu machen. Die inhaftierten Menschen sind mit einer oder mehreren Straftaten an den Rand der Gesellschaft gekommen. Vielleicht mit offenen Augen, absichtlich oder gewollt, manches Mal „irgendwie“ hineingeraten…

Stroh als Symbol

Jesus wird auf Stroh gebettet, das in einer Futterkrippe liegt. Die biblische Weihnachtsgeschichte erwähnt das Stroh fast nebensächlich. Inhaftierte Männer wie Frauen nehmen das Stroh in der Kapelle der JVA Gelsenkirchen und legen es symbolisch in die aufgebaute Krippe mit Ochs und Esel. Die Zeit hinter den Mauern bietet für manche eine Möglichkeit, zu erkennen, was toxisch und zerstörerisch im eignen Leben sein kann. Das Stroh steht für das, was im Leben schief gelaufen ist. Manche Strohfeuer im Leben verpuffen ohne Wirkung. Im floristischen Ausbildungsbetrieb der nordrhein-westfälischen Justizvollzugsanstalt werden die getrockneten Getreide- und Grashalme zu Stroh-Sternen verarbeitet. So findet das getrocknete Gras eine andere sinnvolle Verwendung als Kissen für das Jesuskind in der Krippe und als Schmuck am Christbaum in der Anstaltskapelle.

Abstürze und Dunkelheiten

Die Erzählung der Geburt Gottes ermuntert, die eigene Geschichte, die Abstürze und Dunkelheiten im Leben als Erfahrung anzuschauen. So kann daraus etwas Neues wachsen. Die eigene Verantwortung zu übernehmen und sein Leben zu reflektieren sowie seiner Persönlichkeit auf die Spur zu kommen, sind Sterne, die leuchten können und Kraft geben. „Meine Inhaftierung ist nicht das Aus. Durch die Zuwendung und der Barmherzigkeit der Göttlichkeit Jesu ist mein Leben anders“, sagt eine inhaftierte Frau theologisch fundiert. „Manches Mal auch durch Biegen und Brechen“, fügt sie hinzu. „Wenn ich nicht im Knast wäre, wäre alles so weitergegangen. Gottes Gegenwart bei der Geburt in Bethlehem zeigt mir, dass Neuanfänge immer wieder möglich sind“, meint sie als Inhaftierte und freut sich an ihrem Strohstern.

Maria Mauch | JVA Gelsenkirchen

Filmbeitrag: Weihnachten hinter Gittern

Rund 100 Frauen verbringen Weihnachten in der JVA Gelsenkirchen im „Frauenhaus“. Trotz Haft finden sie Gemeinschaft und Hoffnung in der Advents- und Weihnachtszeit. Ein Blick hinter die Gefängnismauern.


7 Minuten. Verfügbar bis 12. Dezember 2025

 

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