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O du traurige? Seelsorgerliche Weihnachtstütenaktion

2. Dezember 2025

Durch die Lage der Weihnachtstage in diesem Jahr sind fünf Tage am Stück arbeitsfrei. Der Heiligabend 24. Dezember und die Weihnachtstage 25. und 26. Dezember sind ohnehin Feiertage, und der 27. und 28. Dezember fallen auf einen Sonnabend bzw. Sonntag. Was viele Arbeitnehmer jubeln lässt, bedeutet für manche Menschen jedoch verstärkte Einsamkeit. Das betrifft beispielsweise auch Gefangene, wissen die Gefängnisseelsorger Frank Kribber und Thomas Gotthilf von der JVA Lingen.

Thomas Gotthilf (links) und Frank Kribber in der Gefängniskapelle.

Um in dieser schwierigen Zeit ein wenig Freude in die Zellen zu bringen, werden von der Gefängnisseelsorge bereits seit Jahrzehnten Weihnachtstuten an besonders bedürftige Inhaftierte ausgegeben. Das Leben im Gefängnis ist kein Zuckerschlecken – im wahrsten Sinne des Wortes. Abgesehen von den Mahlzeiten müssen sich die Inhaftierten alles kaufen. Und das Geld, das sie dafür zur Verfügung haben, ist nicht eben üppig. Die meisten arbeiten und erhalten dafür einen Lohn“, sagt der katholische Gefängnisseelsorger Frank Kribber. Auch wenn dieser nicht hoch ist, so haben die Verdiener immer noch mehr zur Verfügung als diejenigen, die nicht arbeiten wollen oder können.

Tüten packen

Im Moment sind die Gefängnisse voll, Arbeit ist knapp und somit Luxus. Nicht alle, die arbeiten wollen, bekommen auch eine Arbeit, weiß der Katholik. Wer keine Arbeit hat, erhält ein monatliches Taschengeld von etwa 45 Euro. Davon müssen Hygieneartikel und zusätzliche Lebensmittel wie Kaffee, Zucker, Süßigkeiten etc. eingekauft werden, die über den Anstaltskaufmann bestellt werden können. Wer im Dezember nicht mehr als 50 Euro Einkaufsgeld zur Verfügung hat, kommt auf die – anonymisierte – Liste derjenigen, die von uns eine Weihnachtstüte erhalten“, erläutert sein evangelisch-lutherischer Kollege Thomas Gotthilf, der gemeinsam mit dem sechsköpfigen Seelsorgeteam seit Jahren die Tüten packt. Tabak und Blättchen, Instantkaffee, Zucker, Kondensmilch, Schokolade, Stollen, Spekulatius, Erdnüsse, ein Feuerzeug und ein Kugelschreiber, das enthält die diesjährige Tute im Wert von rund 20 Euro. Ein Drittel davon stammt aus Sach- oder Geldspenden, Zweidrittel finanzieren die Kirchen. Was nicht gefällt, kann mit Mitinhaftierten getauscht werden.

Weihnachten hochemotional

Doch nicht nur fehlende Schokoladennikoläuse trüben die Stimmung. „Die Sehnsucht nach einer heilen Welt draußen ist nie so groß wie zur Weihnachtszeit“, so die Erfahrung von Frank Kribber. Zur Sehnsucht komme die Langeweile. Fünf freie Tage bedeuten fünf Tage, an denen es kaum Ablenkung gibt: keine Arbeit, keine Gruppenangebote, insgesamt wenig, das von trübsinnigen Gedanken ablenkt. „Manche Inhaftierte organisieren deshalb selbst Schachturniere oder Ähnliches“, sagt Thomas Gotthilf. Und auch die Weihnachtstüte soll ein wenig über diese Zeit hinweghelfen, in der die Sehnsucht überhandnimmt. „Weihnachtszeit ist Plätzchenzeit. Deshalb bieten wir in unseren Gruppen auch immer Kekse oder Stollen an“, ergänzt Frank Kribber, der deutliche Worte findet: „Weihnachten ist hier drin eine grausame Zeit, hochemotional“. Auch mit dem gemeinsamen Schmücken der Christbäume, Gottesdiensten und anderen seelsorgerischen Angeboten möchten die Seelsorger ein wenig festliche Stimmung schaffen. Die Weihnachtstutenaktion findet in den Justizvollzugsanstalten für Männer in Lingen Kaiserstraße, Damaschke, Groß Hesepe und Meppen statt; auch bedürftige Patientinnen und Patienten des Niedersächsischen Justizvollzugskrankenhauses in Lingen werden bedacht.

Christiane Adam | Emsblick Nr. 9/2025

 

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