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Segnen: Nicht Sorge um Menschen, sondern um Erhalt der Macht

11. Oktober 2025

Die Segensfeier für gleichgeschlechtliche Paare und Menschen, die nach einer Scheidung eine neue Partnerschaft beginnen, ist in der katholischen Kirche nach wie vor ein Streitfall. Manche Bischöfe sorgen sich um das Ehesakrament in seiner traditionellen Form als Segnung von Mann und Frau, die Kindern das Leben schenken und zeitlebens beieinander sein sollen.

Gott in verschiedenen Lebensumständen

Könnte es zu Verwechslungen kommen zwischen dem Segen für homosexuelle und heterosexuelle Paare? Könnte das Ehesakrament aufgeweicht werden in seiner Bedeutung, wenn Paare zum Beispiel keine Kinder haben? Ist die klassische Familie womöglich in Gefahr? Weniger sorgenvoll hatte Papst Franziskus mit seiner Erklärung „Fiducia Supplicans“ (was „Gebet voller Vertrauen“ bedeutet) Segensfeiern für Paare ausdrücklich gewürdigt, die nach kirchlicher Lehre das Ehesakrament nicht erhalten dürfen, zum Beispiel gleichgeschlechtliche Paare. Franziskus schrieb: „Die Bitte um einen Segen drückt die Offenheit für die Transzendenz, die Frömmigkeit, die Offenheit für die Nähe zu Gott in tausend verschiedenen Lebensumständen aus und nährt sie, und das ist keine Kleinigkeit in der Welt, in der wir leben. Dies ist ein Same des Heiligen Geistes, den es zu nähren und nicht zu behindern gilt“. Doch auch gegen seine Erklärung regt sich Widerstand, sie geht manchen Kirchenführern zu weit.

Nun wird versucht, das Ehesakrament auf der einen Seite zu bewahren als einzig reguläres Ritual, während Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paare und geschiedene Menschen nicht ritualisiert sein dürften, sie sollten möglichst unauffällig nebenbei stattfinden. Da offenbart sich wohl eine andere Sorge, es ist nicht die Sorge um die betroffenen Menschen, sondern die um den Erhalt der eigenen Macht, Menschen einzuteilen in würdig und unwürdig. Eine Sorge, die in allen Religionen immer wieder von den Führenden geteilt wird. Doch einer hat da entschieden widersprochen: Jesus von Nazareth. So erzählt es das Lukasevangelium.

Kein Mensch ist unrein im Sinne von unwürdig

Die Geschichte von den zehn an Aussatz erkrankten Menschen, die von Jesus zu den Priestern geschickt werden und auf dem Weg dahin plötzlich geheilt sind, ist nur auf den ersten Blick vor allem eine Heilungsgeschichte und auch nur nebenbei ein Hinweis auf die Dankbarkeit wegen des einen, der Gott dankend zu Jesus zurückkehrt. Wie die Heilung geschehen ist, wird gar nicht erzählt. Nur dass die eben noch als unrein geltenden Menschen plötzlich von den Priestern als rein erklärt werden mussten – einfach, indem Jesus sie ihnen direkt vor die Augen sandte. Seht den Menschen, kann er als unrein gelten? Dem Evangelium geht es nicht um eine außergewöhnliche Wunderheilung, sondern um Jesu originäre Botschaft: kein Mensch darf als unrein im Sinne von unwürdig aussortiert werden.

Jesus konnte sehr deutlich werden gegenüber denen, die dies tun, Heuchler nannte er sie. Einer der auf dem Weg zu den Priestern Geheilten kehrte um, ging nicht zu den Priestern, sondern zu Jesus zurück und pries Gott. Als Samaritaner war er auch gar nicht auf eine Heilungsbestätigung der Priester und das entsprechende Dankesopfer im Tempel angewiesen, er galt aus jüdischer Sicht als Heide. Seine Unabhängigkeit von den Priestern und ihrem Opferkult und der Glaube, den Jesus in ihm sah, lässt dieses Evangelium zu einem entschiedenen Plädoyer werden für eine Überwindung jeder religiösen Einteilung von Menschen in würdig und unwürdig.

Segen heißt Fest feiern

In vielen Begegnungen, die spürbar heilend und aufrichtend wurden für die Menschen, sagte Jesus zu ihnen: „dein Glaube hat dich gerettet“. Segen geschieht, wo wir dies erkennen und einander zusagen. Die heilende und befreiende Kraft des Glaubens ins Fließen bringen, sie sich ausweiten lassen im eigenen Herzen und von da aus zu den anderen, ist nur möglich in der Bewegung des Glaubens an das göttliche und somit bedingungslose Ja-Wort im und an den Menschen. Können wir den Segen daraus durch irgendwelche Formalitäten verhindern? Ich glaube nicht. Segnen heißt ein Fest feiern – und das ist immer ein schönes Ritual. Gott sei Dank! Im Bistum Magdeburg bieten wir ausdrücklich und gern Segensfeiern an für Menschen, die den Mut haben, miteinander in Liebe zu gehen – sind es doch liebende Menschen, gleich ob sie homosexuell oder heterosexuell sind, und ob sie erstmals oder wiederholt in eine Partnerschaft gehen!

Christoph Kunz | Lukas 17, 11-19

 

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