parallax background

Wunsch nach assistiertem Suizid im Gefängnis?

11. Juli 2020

In der schweizerischen Zeitschrift „Seelsorge & Strafvollzug“ ist ein Artikel zum Thema des „Assistierten Suizid im Gefängnis“ veröffentlicht worden. Dieses Thema wird zurzeit in der Schweiz breit diskutiert und beschäftigt durch die Medien die allgemeine Öffentlichkeit. Anlässlich des ergangenen Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum § 217 StGB und der Aufhebung des Verbots der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung, ist das Thema in Deutschland neu entflammt. Der Paragraf verstoße gegen das Grundrecht im Artikel 2 des Grundgesetztes zu den allgemeinen Persönlichkeitsrechten.

Mit all den Reglementierungen und Vorgaben in einem Gefängnis sowie so mancher Perspektivlosigkeit hat die Gefängnisseelsorge einen wichtigen Auftrag.

Am 26. Februar hat das Bundesverfassungsgericht ein Urteil zum „Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung“ verkündet. Demnach verstoße der entsprechende Paragraf 217 des Strafgesetzbuches (StGB) gegen das Grundgesetz und sei somit nichtig. Das im Grundgesetz verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasse auch ein „Recht auf selbstbestimmtes Sterben“ und die „Freiheit, hierfür bei Dritten Hilfe zu suchen“, begründet der Zweite Senat sein Urteil. Der Bundestag hatte Anfang November 2015 mit einer Drei-Fünftel-Mehrheit einen fraktionsübergreifenden Gesetzesentwurf beschlossen, der die „geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung“ strafbar gemacht hatte. Weitere Anträge, etwa die Suizidbeihilfe durch ÄrztInnen  zu erlauben, scheiterten.

Demzufolge machte sich seit Dezember 2015 strafbar, „wer in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt.“ Mit der Neufassung des Paragrafen 217 wollte der Gesetzgeber verhindern, dass Vereine wie „Sterbehilfe Deutschland“ oder die Schweizer „Dignitas“ ihre Angebote ausweiten. Sterbehilfe schaffe das Angebot eine Nachfrage. Aus juristischer Sicht konnte es bereits als geschäftsmäßiges Handeln gelten, wenn sie etwa wiederholt Schwerkranken Medikamente zur Verfügung stellen, mit welchen diese bei einer Überdosis ihr Leben beenden könnten. Die Kläger, die sich aufgrund einer schweren Erkrankung Sterbehilfe wünschen, leiteten außerdem aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht in Artikel 2 des Grundgesetzes ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben ab. Dieses Recht beinhalte auch die Inanspruchnahme der Unterstützung Dritter bei der Umsetzung eines Suizids. Ähnlich begründete das Bundesverfassungsgericht sein Urteil.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes stellt einen Einschnitt in Deutschland dar. Es wird befürchtet, dass die Zulassung organisierter Angebote der Selbsttötung Menschen auf subtile Weise innerlich oder äußerlich unter Druck setzen. Je selbstverständlicher und zugänglicher Optionen der Hilfe zur Selbsttötung werden, desto größer ist die Gefahr, dass sich Menschen in einer extrem belastenden Lebenssituation von einer derartigen Option Gebrauch machen und ihrem Leben selbst ein Ende zu bereiten. Dies insbesondere von Menschen, die hinter Gittern inhaftiert sind. Bedenkt man, dass in den Justizvollzugsanstalten Inhaftierte immer älter werden, krank sind und keine Perspektiven in ihrem Leben mehr sehen, wäre es in den Augen mancher eine mögliche Option. Es wären plötzlich alle Probleme gelöst. Doch dies ist ein Trugschluss.

Der schweizerische Artikel in „Seelsorge & Strafvollzug“ mit seinen detaillierten Überlegungen zu diesem hochkomplexen Thema, plädiert letztlich dafür, alles in der Verantwortung der Justiz Liegende zu tun, um Menschen aus ihrer existenziellen Krise herauszuführen. Die Aufgabe der Gefängnisseelsorge ist es, Menschen treu zur Seite zu stehen, die sich hinter Gefängnismauern in tiefer Dunkelheit befinden. Die Thematik des assistierten Suizides durch Sterbehilfeorganisationen (SHO) innerhalb des Gefängnisses in der Schweiz wird aufgegriffen und unter juristischen, theologisch-ethischen sowie seelsorglichen Aspekten beleuchten. Kann der Wunsch nach assistiertem Suizid im Gefängnis aus juristischer und theologischer Perspektive legitimiert werden? Welche alternativen Handlungsoptionen kann die seelsorgliche Begleitung für Gefangene und Angehörige aufzeigen? Mit Blick auf die Schweiz und der Argumentation von dortigen Seelsorgenden im Gefängnis ist der Artikel ein lohnenswerter Beitrag. Mehr lesen…

 

1 Rückmeldung

  1. Tobias Claren sagt:

    Strafgefangene haben ein Recht auf Suizid.
    Laut Urteil des Bundesverfassungsgericht in Deutschland, muss der Staat sogar eine tödliche Dosis Penthobarbital aushändigen.

    Vor Corona gab es mal einen Prozess eines Insassen mit dem Ziel Suizidhilfe zu erhalten. Er verlor. Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes sollte der jetzt Recht bekommen.

    Daher sollte der erneut klagen. Auch wenn er keine Todespille bekommt (bisher ja kriminellerweise niemand, wofür Jens Spahn in Erzwingunshaft gehen sollte), nur um ein Urteil zu erwirken.

Feedback 💬

Ihre E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert