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Immer diese Fürbitten: Wir bitten Dich, erhöre uns?

7. April 2019

Die Fürbitten, die wir Sonntag für Sonntag und zum Teil auch an Werktagen beten, sind nicht da, um Gott zu bewegen, er solle dies und das tun: „Lieber Gott, sag doch endlich mal dem Papst, er soll die verkrustete Kurie aufräumen…“ Fürbitten haben den Sinn, uns zu erinnern an Mitmenschen in schwerer Situation, unsere Solidarität zu wecken und zu stärken.

Gott braucht nicht daran erinnert zu werden; wenn schon, sind wir es, die uns erinnern sollten. Die gewohnten, stereotypen Antworten sind insofern problematisch als sie eine theistisch -personale Gottesvorstellung evozieren: wir bitten Dich, erhöre uns. Da ist Gefahr, dass sich ein kindlich-mechanistisches Verständnis verfestigt. Deus ex machina: „Gott mach doch, dass…“ Das Konzil hat 1963 das „Allgemeine Gebet“ (Oratio Fidelium) wiederhergestellt. In der Praxis verstärkten sich anthropomorphe Vorstellungen von Gott. Dies macht es schwierig für säkularisiert-emanzipierte Menschen in der Gottesdienstfeier mitzukommen. Eine Gruppe nahm sich dieser Thematik an und reflektierte die Entwicklung seit dem Vaticanum II. Im Jahr 2013 brachte sie das Ergebnis an die Öffentlichkeit unter dem Titel „Fürbitten jenseits theistischer Gottesbilder“. Insbesondere Paul Zemp (Priester und Supervisor) und Alois Odermatt (Theologe und Historiker mit Schwerpunkt Liturgiegeschichte) haben sich geäußert.

Odermatt verweist auf Hans Jonas (1903–1993) mit seiner erschütternden Stimme zum Gottesbegriff nach Auschwitz und auf den Mystiker Maurice Zundel (1897–1975) mit seinen Thesen zur schöpferischen Leere. „Gott hat sein `Sein` einzig dadurch inne, dass er es verschenkt. Er ist Liebe, rufende und schöpferische Leere. Er bittet uns, auf sein Rufen einzugehen und ihn zu erhören.“ Fürbitten jenseits einer theistisch-personalen Vorstellung von Gott, aber wie geht das? Vielleicht tun wir gut, wenn wir uns betend mit Menschen und Gemeinschaften verbinden, an die wir denken. Angeregt durch die Anliegen wird versucht, die Fürbitten in solidarischer Sicht, in Aussageform, zu äußern. Der Satz kann dann etwa so beginnen:

Wir beten mit… Wir denken an… Wir verbinden uns mit… Wir fühlen mit… Wir erinnern uns an… Wir sind dankbar und singen…“

Entsprechend wird sich eine passende Antwort der Mitfeiernden finden lassen, zum Beispiel: „Nach jeder Intention geben wir dem Schweigen Raum.“ „Wir beten in Stille.“ „Ich will euch Zukunft und Hoffnung geben, spricht der Herr.“ „Du bist das Licht in der Finsternis der Zeiten…“ Erwägenswert ist auch die Gebets-Aussage im Singular (pars pro toto). Statt: „Wir denken an die vielen Menschen…“ kann eine Formulierung im Singular lauten: „Wir verbinden uns mit einer Frau, die fürchtet, dass sie verlassen werde.“ „Wir beten mit einem Trauernden, dass er die Nächte bestehen kann.“ „Wir sind jetzt mit einem Menschen, der unter dem Druck der Arbeit kaum zurechtkommt.“¹ Der katholische Fundamentaltheologe Christoph Böttigheimer warnt vor Über-Strapazierung des Bittgebets. Der reformierte Ulrich Barth macht sich zum Anwalt jener, die Mühe haben mit dem herkömmlichen Bittgebet: „Mit dem transzendenten Grund des Lebens ´spricht´ man nicht, auf ihn ´besinn´ man sich. Theologische Personifizierungen des Göttlichen sind nicht jedermanns Ding.“²

Markus Isenegger | Romero Haus Luzern

¹ Vgl. Jacqueline Keune, Von Bedenken und Zusagen. Horw / Luzern 2004, pag. 84 u.a.
² Vgl. Barth Ulrich, Buch mit sieben Siegeln; Warum wir im 21. Jahrhundert nicht mehr einfach beten können in: Zeitzeichen. Evangelischer Kommentar zu Religion und Gesellschaft 17 (11/2016), 33–36, hier pag. 36.

 

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