„Denk mal anders… was kann unsere Phantasie noch beflügeln?“ Die Weihnachtszeit im Gefängnis galt in den letzten Jahren als ein Höhepunkt im Jahr, doch dann kam die Pandemie und schaffte viele Feierlichkeiten und Aktivitäten ab, auch hinter den Mauern. Seitdem gibt es aufgrund der Corona-Maßnahmen, Mindestabstände, Masken und der Quarantäne-Station wenige Möglichkeiten, berichtet einer der Gefängnisseelsorger: „Wir suchen trotz allem das Licht in dunklen Zeiten, den Wert der Freiheit, und was uns noch Kraft zum Leben geben kann.“
Die Gefängnisseelsorger erhoffen sich neu die Kraft der Botschaft von der Geburt zu erwecken, Berge zu versetzen, Mut zu geben und Raum zu finden für Neues in einer schwierigen Lage. Wegen der derzeitigen Pandemie sind sie motiviert, trotz aller Einschränkungen, eine humane und vorweihnachtliche Stimmung innerhalb der Anstalten zu schaffen. Dies geschieht mit Gesprächen, Gebet und Musik. Der Adventsstern leuchtet und der Weihnachtsbaum steht erwartungsvoll im Kirchenraum. Besinnliche und zum Nachdenken anregende Vorweihnachtsmusik haben die Menschen im Gefängnis begleitet: in Gottesdiensten, in der Musikgruppe und in der von der Gefängnisseelsorge organisierten Adventsfeier mit akkustischer Soul- und Kirchenmusik. Auch der Nikolaus kam vorbei. Das diakonische Gefängnismusik-Projekt „Divine Concern“ (Göttliche Betroffenheit) hat zur Ermutigung ein Advents-Album herausgebracht unter dem Titel „Wings of a Night’s Vision“, mit einem spirituellen und hoffnungsvollen Sound in dunklen Zeiten.
Adventszeit spürbar machen
Gemeinsam schauen die Gefängnisseelsorger Dr. Meins Coetsier, Dr. Andreas Leipold und Franz Hilfenhaus, mit dem ehrenamtlichen Musiker Tilo Zschorn, Peter Gebhard vom Vorstand des Vereins „Förderung der Bewährungshilfe in Hessen“, Heinrich Möller und Gerhard Röchow von den Gideons, was sie gemeinsam für die Menschen hinter Gittern tun können, um ihnen Weihnachten nahezubringen. Damit das Besondere in der Adventszeit für die Inhaftierten spürbar wird und nicht verloren geht. „Mit über 700 Kalendern unterschiedlicher Art, Weihnachtskarten und Bibeln in verschiedenen Sprachen, sind die Gefangenen in Hünfeld und Fulda gut bedient“, sagen die Gefängnisseelsorger.
Menschlichkeit und Würde hinter Gittern
Von gesellschaftlichen Spannungen in der Vorweihnachtzeit berichten die erfahrenen Gefängnisseelsorger: „Es sind schwierige Zeiten für alle Menschen, sowohl innerhalb als auch außerhalb der Gefängnisse. Als Kirche im Knast auf Weihnachten hin, möchten wir ökumenisch ein Zeichen setzen, dass wir in schwierigen Zeiten die Menschlichkeit und Würde hinter Gittern nicht verlieren. Vor allem im geschlossenen Gefängnissystem ist es wichtig die weihnachtliche Botschaft Jesu, eines verzeihenden und menschwerdenden Gottes zu vermitteln. So wie der Bengalische Dichter und Philosoph Tagore (1861–1941) treffend sagt: „Wenn jeder von jedem alles wüsste, würde jeder jedem gerne verzeihen.“