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Von Weihnachten bis Dreikönig ist eine Kerze genehmigt

23. Dezember 2022

Die Stimmung in der Justizvollzugsanstalt Herford im Jugendvollzug zeigt das ganze Spektrum wie ganzjährig: Freudig, gleichgültig bis angespannt. Manche erwarten sich vom Weihnachtsfest gar nichts, andere erwarten sich zum Geschenkefest besonders viel Tabak und Kaffee. Beides gibt es nicht. Weihnachtspakete von draußen gibt es im Vollzug schon lange nicht mehr. 

Dekoration in einem Haftraum eines muslimischen Gefangenen. Den Adventskalender bekommen die Inhaftierten von der Anstalt geschenkt.

Dies hat seinen guten Grund: Man würde die ohnehin kaum zu bekämpfende Subkultur des Schwarzmarktes innerhalb der Mauern befeuern. Es gibt einen großen Bedarf an Zuwendung – ob materiell oder immateriell – der nicht gestillt werden kann. Dies ist nicht nur an Weihnachten so. „Kann ich den Weihnachtsbaum in der Kirche schmücken?“, fragt zum wiederholten Mal ein jugendlicher Inhaftierter. Es gibt auch Inhaftierte, die überhaupt keinen Tannenbaum sehen wollen.

Eine Kerze für Weihnachten

Im Jugendvollzug wird die Weihnachtszeit gestaltet, wie draußen auch. Es gibt Weihnachtsfeiern in den Abteilungen sowie zusätzlicher Umschluss an den Feiertagen. Umschluss bedeutet, es können bis zu drei Gefangene in einen Haftraum Zeit verbringen. Der weihnachtliche Gottesdienst wird gerne angenommen. Wie jedes Jahr erhalten die Inhaftierten eine Kerze auf ihren Haftraum. Dies ist keine Selbstverständlichkeit. Kerzen zählen zu den verbotenen Gegenständen hinter den Mauern. Die Brandgefahr sei zu groß, sagen die Verantwortlichen. Doch von Weihnachten bis Dreikönig ist eine Glaskugelkerze genehmigt.

Besuch in der JVA

Zu Weihnachten gibt es besonderes Essen. Ganz klassisch an Heilig Abend Kartoffelsalat und Bockwurst. An den Weihnachtsfeiertagen ist ein halber Hahn mit Wedges und Schoketten im Angebot sowie Gulasch mit Rotkohl und Kartoffelklößen. Ein Christstollen darf nicht fehlen. „Gott sei Dank ist dieses Weihnachten wie ein normales Wochenende“, sagt ein 22 jähriger, „da gibt es nicht so viele Feiertage“, bemerkt er. An den Feiertagen können Angehörige zu Besuch in die Anstalt kommen oder per Skype in Verbindung treten. Nach wie vor existiert eine Trennschreibe aufgrund der Corona-Schutzmaßnahme. „Kontaktbesuch ist nur zwei Mal im Monat möglich“, erzählt der junge Erwachsene. Das ist besonders für junge Väter, deren Kind(er) in die JVA kommen, wichtig. „Hoffentlich ändert sich das bald“, wünscht sich der Inhaftierte, für den es bereits das 3. Weihnachtsfest hinter Gittern ist.

Nicht hochstilisieren

„Weihnachten geschieht das ganze Jahr“, erzählt einer der Gefängnisseelsorger. „Wir wollen das Fest feiern, aber nicht hochstilisieren. Weihnachten ist ein Spiegelbild für das ganze Jahr. Das was wir feiern, kann sich täglich ereignen: Die Neugeburt einer Hoffnung, ein Neuanfang in einer Beziehung oder an einem neuen Ort. Im Jugendvollzug treffen kulturelle und religiöse Vielfalt aufeinander. „Bekenntnisfreie oder Muslime kommen ebenso in den christlich geprägten Gottesdienst. Alle religiösen Angebote richten sich an alle Inhaftierten, egal welche Konfession oder Weltanschauung jemand hat“, betonen die zwei Gefängnisseelsorger Thünemann und King.

M.K.

 

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