Verändert mich mein Dienst als GefängnisseelsorgerIn?

13. Juni 2023

Zu einer zweitägigen Studientagung außerhalb der Justizvollzugsanstalt treffen sich neun von derzeit 13 GefängnisseeslorgerInnen auf dem Gebiet des Erzbistums Paderborn in der Katholischen Landvolkshochschule in Hardehausen. Ein idyllischer Ort einer ehemaligen Zisterzienserabtei nahe der nordrhein-westfälischen Stadt Warburg. Hier machen sich die GefängnisseelsorgerInnen Gedanken über ihren Dienst hinter Gittern.

Manche sind schon Jahre in den JVA´en tätig, einer erst seit vier Monaten. Die Arbeit im Justizvollzug kann Einstellungen und Haltungen als Seelsorgende im Knast verändern. Das zumindest sagt einer der Gefängnisseelsorger, der schon fast lebenslang hinter den Mauern arbeitet. „Es gibt Schlüsselmomente im Dienst, die mir gezeigt haben, ob ich am richtigen Ort bin“, sagt Andreas Altehenger von der JVA Iserlohn. Da gibt es durchaus Höhen und Tiefen im Leben eines/einer GefängnisseelsorgerIn. Ins Thema führten eine Menge Schlüssel ein, von denen man/frau sich zwei auswählen konnte. Der Schlüssel, mit denen GefängnisseelsorgerInnen ausgestattet sind, bedeutet Freiheit, aber auch Verantwortung. Ob der je eigene Schlüssel mit Empathie zu den Gefangenen und Bediensteten passt, oder auch nicht, zeigt sich im konkreten Tun.

Schlüsselmomente

Die Gruppe der GefängnisseelsorgerIn machte sich auf den Weg, um diesem nachzuspüren. Wie haben die Menschen im Vollzug mich als Person schleichend oder bemerkbar selbst verändert? Im Widerspruch und Zuspruch lernen wir, davon gibt es im Strafvollzug reichlich. Inwiefern beschäftigen mich die Geschichten Inhaftierter für mein persönliche Leben?  An vier verschiedenen Stationen machten sich die GefängnisseelsorgerIn im Zweiergesprächen Gedanken. Einige Stichworte sind auf Schlüsselanhänger geschrieben und an die Schlüssel angehängt worden. So sagt ein Gefängnisseelsorger, dass er im Gefängnis mehr Freiheiten habe, als draußen. Er spielt auf die kirchliche Situation an, die in den Kirchengemeinden vor Ort als einengend erlebt werden. In der Enge des Knastes und den Begegnungen mit oftmals kirchenfernen Menschen aber als befreiend wahrgenommen werden.

Nicht hinter frommen Worten verstecken

Veränderungen bei einem selbst können positiv wie negativ sein. Ein Gefängnisseelsorger meldet zurück, dass er zuhause darauf angesprochen wird, in welchem Ton er in bestimmten Situationen rede. Manches Mal bekommt man von außen eine Rückmeldung, die den Kern der Wahrheit trifft. Es gilt sensibel mit sich selbst umzugehen und sich nicht einem bestimmten Knastjargon anzupassen. Die Realität der Menschen in den JVA´en verändert die Art, wie von Göttlichkeit gesprochen und in den Gottesdiensten gefeiert werden kann. „Man kann sich nicht so einfach hinter frommen Worten verstecken“, sagt ein Gefängnisseelsorger aus dem Jugendvollzug. „Die Botschaft sollte bodenständig und lebensnah rüberkommen“, führt dieser aus.

Was trägt mich?

Was trägt GefängnisseelsorgerInnen in ihrem Dienst? Ist es der Glaube daran, dass es noch mehr geben kann, als einem zugeschrieben wird? Welchen Ausgleich nutzen die hauptberuflichen MitarbeiterInnen neben ihrem Dienst hinter Gittern? Die Antworten sind so vielfältig, wie die Menschen in ihrer Persönlichkeit sind. Der eine geht gerne joggen, der andere tankt neue Kraft am Meer. Wie gehen die Fachpersonen der Seelsorge mit eigenen Dunkelheiten und Abgründen um, die sie von verurteilten Gefangenen gespiegelt bekommen? Auf jeden Fall sollte sich jeder und jeder in dieser Arbeit über seine Leben mit den eigenen Wunden und Brüchen bewusst sein. Nur so kann man seinem Gegenüber eine andere Sicht erschließen. Im Gegenzug bekommen die kirchlichen MitarbeiterInnen einiges geschenkt an Lebensstrategien, die seine eigene Haltung hinterfragen können. GefängnisseelsorgerInnen haben nicht immer die passenden Schlüsselantworten, aber sie hören zu, konfrontieren, geben Mut und können in aller Offenheit in den Gesprächen mit den Gefangenen „Hilfe zur Selbsthilfe“ leisten.

Michael King | www.gefaengnisseelsorge-paderborn.de

 

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