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Trösterin der Betrübten im Werler Knast nicht nur zu Besuch

2. August 2024

Die Stadt Werl in Nordrhein-Westfalen ist bekannt durch die Wallfahrtskirche mit der Marienstatue “Trösterin der Betrübten” sowie für die Justizvollzugsanstalt Werl für langstrafige Inhaftierte und der Sicherungsverwahrung. Beides sind gegensätzliche Orte, die in unmittelbarer Luftlinie nahe beieinander liegen. Dazwischen sind Welten und Mauern verschiedener Weltanschauungen. Gegenseitige Besuche sind nicht möglich. Zum ersten Mal in der Geschichte ist die seit Jahrhunderten verehrte Marienstatue der Werler Basilika zu Besuch bei den Gefangenen im Knast der Nachbarschaft.

Die Marienstatue wird im Schleusenbereich der JVA keiner Sicherheitskontrolle unterzogen. Sie kommt mit dem Vertrauen der dortigen Gefängnisseelsorge in die Knastkirche. Diese ist 1906 mit dem Gefängnis errichtet worden. In der Nachkriegszeit diente das Gefängnis als Britisches Militär- und Kriegsverbrechergefängnis. Hier verbüßten die verurteilten Kriegs- und NS-Verbrecher ihre Haftstrafen. Die Werler Justizvollzugsanstalt ist heute mit vielen An- und Neubauten eines der größten Gefängnisse in NRW.

Von links nach rechts: Gefängnisseelsorger Winfried Grohsmann, Organistin Brigit Maag, die evangelische Kollegin und Dekanin Uta Klose, Wallfahrtsseelsorger Stephan Mockenhaupt, Gefängnisseelsorger Sebastian Vieth und Wallfahrtsseelsorgerin Ursula Altehenger in der Anstaltskirche Werl.

Marienstatue mit langer Geschichte

Viel älter ist die Marienstatue. Sie gelangte im Jahr 1661 durch die Vermittlung des damaligen Kölner Kurfürsten Maximilian Heinrich und des Werler Bürgermeisters Hermann Brandis aus der Kirche St. Maria zur Wiese in Soest nach Werl. Hier gewann die volksfromme Verehrung des durch den Landesherren den Kapuzinern anvertrauten Marienbildes der “Trösterin der Betrübten” an Bedeutung. Seit 1849 waren Franziskaner am Wallfahrtsort, welche ihre Aufgabe im Jahr 2019 an das Erzbistum Paderborn weitergaben.

Maria selbst auf Wallfahrt

Das Wallfahrts-Team und die Gefängnisseelsorge in Werl bringen kurzerhand das Gnadenbild hinter die Mauern der geschichtsträchtigen JVA Werl. “Maria auf Wallfahrt sozusagen. Es gibt Menschen, die nicht so einfach rüber in die Basilika kommen können”, sagt Grohsmann, einer der Gefängnisseelsorger. Der Besuch der Trösterin wird mit einem gemeinsamen Gottesdienst in der Anstaltskirche mit 45 Inhaftierten, Sicherungsverwahrten und den Bediensteten gefeiert. Der Gegenbesuch hinter Gittern ist im Rahmen der 1. Gefangenenwallfahrt 2023 einzuordnen. Dort trafen sich Inhaftierte und Justizvollzugsbedienstete, vor allem aus dem Offenen Vollzug, in der Werler Basilika.

Ins gemeinsame Gebet aufnehmen

Für die Mitte August 2024 geplante Gefangenenwallfahrt wird eine Wallfahrtskerze und ein in der JVA Werl gefertigter Kerzenständer gestaltet. Die gesegneten Gegenstände sollen die Runde in den JVA’ en auf dem Gebiet des Erzbistums Paderborn machen. „Alle Gefangenen haben so die Möglichkeit in einer besonderen Weise teilzuhaben“, so der Wallfahrtsleiter Mockenhaupt. Persönliche Anliegen von Gefangenen werden innerhalb der Mauern aufgeschrieben. Die GefängnisseelsorgerInnen bringen diese zur Basilika in der Stadtmitte Werl. „Vieles, was den Menschen dort auf der Seele brennt, kommt zur Trösterin der Betrübten in die Wallfahrtsbasilika und wird in das gemeinsame Gebet aufgenommen. So entsteht eine wichtige Verbundenheit“, meint Wallfahrtsseelsorgerin Ursula Altehenger. Nach dem Gottesdienst in der JAV Werl, gibt es ein gemeinsames Kaffeetrinken mit guten Gesprächen. „Das ist schon fast wie in einer guten Nachbarschaft. Es gilt Mauern und Grenzen zu überwinden, egal welche dunkle Geschichten einen Menschen belastet. Hier wie drüben…“, sagt Gefängnisseelsorger Sebastian Vieth. „Im Knastladen NRW kann man sogar ein LED Lichterbogen der Basilika und der Trösterin in Werl kaufen“, fügt ein Inhaftierter hinzu.

Ursula Altehenger

 

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