Am 5. Juni 2025 um 12 Uhr wird am Eingang der Justizvollzugsanstalt Bochum in der Krümmede 3, vom Künstler Gunter Demnig die vierte Bochumer STOLPERSCHWELLE verlegt. Sie erinnert an politische Häftlinge im Justizgefängnis Krümmede 1933-1945. Bisherige Stolperschwellen stehen für Häftlinge des KZ-Außenlagers Buchenwald beim Bochumer Verein, deportierte Sinti und Roma und für verfolgte Homosexuelle. Die Patenschaft übernimmt das „Bochumer Bündnis gegen Rechts“. Es wirkt mit das Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte vom Stadtarchiv Bochum.
KRÜMMEDE 1933 – 1945
MEHR ALS 2000 POLITISCH VERFOLGTE MENSCHEN INHAFTIERT
ANGEHÖRIGE DES WIDERSTANDES AUS FRANKREICH, BELGIEN UND ANDEREN BESETZTEN LÄNDERN WESTEUROPAS
MITGLIEDER VERBOTENER PARTEIEN
CHRISTLICHE REGIMEGEGNER
HOMOSEXUELLE
ZEUGEN JEHOVAS
VIELE VERSTERBEN AN DEN HAFTBEDINGUNGEN ODER WERDEN IN HINRICHTUNGSSTÄTTEN DER NS-JUSTIZ GETÖTET
Nacht-und-Nebel Gefangene
Zeitlich in den NS-Jahren nicht die erste, aber die größte Gruppe der politischen Häftlinge im Strafgefängnis Bochum waren die verfolgten Angehörigen des Widerstandes vor allem in Belgien, Frankreich und den Niederlanden. Sie wurden bald als „Nacht-und-Nebel“ (NN)-Gefangene bezeichnet, weil sie nach einem Erlass von Generalfeldmarschall Keitel nach Festnahme ohne Mitteilung an die Familien in Gefängnisse und Zuchthäuser zunächst im Westen des Reiches verbracht wurden. Häufige Haftgründe waren Verbreitung von antideutschen Schriften, Spionage, Sabotage. Im Mai 1943 zählte die Strafvollstreckungskammer an einem einzigen Stichtag in Bochum 1131 NN-Häftlinge. Von den in den Jahren 1942-1945 in der Krümmede an Krankheiten und Haftfolgen verstorbenen 312 Häftlingen waren 117 aus Belgien, Frankreich und den Niederlanden. Viele in Bochum Inhaftierte erhielten von den Sondergerichten das Urteil Todesstrafe. Die wurde nicht in Bochum vollstreckt, sondern in den Gefängnissen Dortmund, Köln, Wolfenbüttel, Brandenburg-Görden und in anderen Richtstätten.

Vor dem Eingangsschild der Justizvollzugsanstalt Bochum ist deutlich der Platz für die Stolperschwelle freigehalten. Hinter dem Tor ist die „Alte Dame“ zu sehen, ein Mauerstück mit Zinne aus dem Jahr 1897.
Kommunistische Anhänger
Unmittelbar nach Machtergreifung wurden oppositionelle Parteien verboten. So gerieten zahlreiche Anhänger kommunistischer Gruppierungen wegen Vorbereitung zum Hochverrat in Haft, auch Sozialdemokraten und vereinzelt Zentrumsanhänger. Als Haftgründe kamen dazu nach der Heimtückeverordnung die „Hetze“, d.h. jegliche öffentliche Kritik an Vertretern von Partei und Staat oder die Wehrkraftzersetzung bei kritischen Meinungsäußerungen zur Kriegslage oder zur Wehrmacht. Viele der Inhaftierten wurden nach regulärer Strafverbüßung in Schutzhaft genommen und in Konzentrationslager verbracht. Vor allem in den Kriegsjahren sind zahlreiche Gefangene an Folgen der Haft verstorben. Bei Entschädigungsanträgen nach 1945 war die Zahl der Antragsteller aus kommunistischen Parteiungen und Gewerkschaften hoch.
Religiös Verfolgte
Zu den aus religiösen Gründen Verfolgten sind die Ernsten Bibelforscher, “Zeugen Jehovas“, zu zählen. Sie verweigerten den Eid auf Hitler und den Hitlergruß. Die 50 katholischen Priester, die von 1933-1945 in beiden Justizgefängnissen (Zentral- und Gerichtsgefängnis) inhaftiert waren, handelten aus religiös-kirchlicher Motivation, wiewohl ihre Urteile, teils vom Volksgerichtshof, meist auf Vorbereitung zum Hochverrat und Heimtücke lauteten. Einige sind in Bochum verstorben, viele in Anschlusshaft durch Hinrichtungen oder an Folgen der KZ-Haft. Nicht alle Verfolgten lassen sich einordnen unter politisch und religiös verfolgt. Karl Klauke aus Lüdenscheid etwa, Bochumer Häftling, wollte aus Gewissensgründen nicht seinem jüdischen Mieter kündigen. Das war Grund der Anzeige gegen ihn, wiewohl er formell wegen Rundfunkverbrechens verurteilt wurde. Seine menschliche und freundschaftliche Entscheidung für den jüdischen Bekannten hatte Freiheitsentzug und gesundheitliche Schäden zur Folge.
Alfons Zimmer
Weitere Informationen
Näheres vor allem zu einzelnen Biographien ist nachzulesen in der Broschüre „Schicksalsort Gefängnis in der NS-Zeit am Beispiel der `Krümmede´ in Bochum“ (Alfons Zimmer, 2018). Bei der Verlegung wirken neben dem Künstler Gunter Demnig mit: Uli Borchers von BgR, Anstaltsleiterin Karin Lammel, Alfons Zimmer, ehemaliger Gefängnisseelsorger und Schülerinnen und Schüler des Hildegardis-Gymnasiums, der Heinrich-Böll-Gesamtschule und des Klaus-Steilmann-Berufskollegs, sowie der belgische Soziologe und Aktivist Jan Hertogen.