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Der Nikolaus sorgt für gute Stimmung im Knast

4. Dezember 2020

Der Heilige Nikolaus mit einer FFP2 Atemschutzmaske im Gefängnis? Dieses Jahr ist dies in der hessischen Justizvollzugsanstalt in Hünfeld der Fall. Der Bischof, der traditionsgemäß aus dem türkischen Myra stammt, ist nicht ins Gefängnis gegangen, weil er „absitzen“ muss. Der Schutzheilige der Diebe, Gefangenen und Gefängnisbediensteten hat sich dieses Jahr bewusst entschlossen, seine schützende Hand den Mitarbeitern und hunderten Inhaftierten der JVA Hünfeld zu reichen. Dies verwirklicht er mit einem Geschenk in Form des „süßen Goldes“, einer Ferrero Rocher Praline in goldfarbener Hülle.

Bevor die Nikolausaktion im Gefängnis durchgeführt wird, muss intern einiges besprochen werden.  Besonders um eventuelle Unsicherheiten bezüglich der Geschenkausgabe frühzeitig zu klären. Schon Wochen vor der Ankunft von Sankt Nikolaus im Hünfelder Gefängnis tauchten Fragen auf: Ist es nicht gefährlich, Sankt Nikolaus im Knast zu feiern? Wie werden die harten Jungs reagieren? Trotz gemischter Reaktionen haben die Seelsorger einen Konsens mit der Anstaltsleitung gefunden und den Eindruck gewonnen, dass Sankt Nikolaus als Patron der Gefangenen gut empfangen werden kann. Vom historischen Nikolaus, der im 3. und 4. Jahrhundert lebte, ist überliefert, dass er sein gesamtes Vermögen den Bedürftigen vermachte. Nikolaus von Myra (in der heutigen Türkei) soll ein großer Wohltäter und Nothelfer gewesen sein. Es heißt, der Bischof habe unschuldig Verurteilten das Leben gerettet, weswegen er auch zum Schutzheiligen der Gefangenen wurde.

Nikolaus sorgt für Stimmung

Genug Gründe, diesen Schutzheiligen, der durch Reisende und Pilger schon früh in Deutschland bekannt wurde, auch im Gefängnis zu feiern. Die meisten Inhaftierten reagieren sehr positiv auf die ungewöhnliche Seelsorgeaktion. Auch die Justizvollzugsbediensteten auf den Stationsbüros werden mit Süßigkeiten bedacht. In einer Prozession mit Wagen und Sack bewegten sich „die himmlischen Mitarbeiter“ durch die Hafthäuser, hunderte Zellentüren entlang. An fast jeder Zellentür wurde geklopft und gefragt, ob man das „süße Gold“– eine kugelförmige Schokolade – erhalten möchte. Zusätzlich werden Kalender mit ermutigenden Worten aus dem Evangelium verteilt. Lächelnde Gesichter strahlten dem edlen Spender und seinen zwei Helfern entgegen, als sie vor der Zellentür auftauchten. Zwei südamerikanische Gefangene fingen an, aus voller Brust zu singen, als sie ihr „Gold“ in Empfang nehmen. Andere mussten zutiefst lachen. „Tolle Aktion!“ sagen ein paar erfreuliche und schmunzelnde Hausarbeiter. „Sankt Nikolaus ist nicht der Weihnachtsmann, aber er hat definitiv für gute Stimmung hier im Knast gesorgt!“

In den Hafen „einfahren“

„Natürlich kann St. Nikolaus in Hünfeld nicht nach niederländischer Tradition in einem Hafen empfangen werden,“ lacht Diakon Coetsier. „Es gibt hier keinen Hafen, in dem er mit dem Dampfschiff ankommen könnte. Hier ist der Hafen das Gefängnistor an der Molzbacherstraße, das muss reichen.“ Man spricht interessanterweise von „einfahren“, wenn jemand ins Gefängnis kommt. Pfarrer Hilfenhaus äußert sich erfreut: „Diese christlichen Tradition ist sehr wichtig! Unbedingt! Die meisten Gefangenen finden es eine großartige Idee, die Tradition vom Heiligen Nikolaus auf diese Weise fortzusetzen“.

Auch Pfarrer Leipold war angetan von der Aktion: „Man spürt die Spannung, wenn die Zellenklappe aufging und die Person nachfragt, was dies so spät abends zu bedeuten hat. Als wir dann erklärten, dass es um die Nikolaus-Aktion der Gefängnisseelsorge ging, freuen sich die meisten über ihr kleines goldenes Geschenk.“ Die Seelsorger wollen zeigen, dass trotz Covid 19 und aller Weihnachtsunsicherheiten es wichtig bleibt, das zu vermitteln, was der Heilige Nikolaus vorgelebt hat: Liebe und Mitmenschlichkeit – und zwar für alle. Die Nikolaus-Aktion wurde ermöglicht durch den treuen Einsatz und die Hilfsgelder von den Ehrenamtlichen der Justizvollzugsanstalt, Helmut Rensch und Gerhard Röchow, als auch durch Spenden aus dem Pastoralverbund Hessisches Kegelspiel. Bischof Nikolaus und sein Team rufen alle in diesen schwierigen Zeiten dankbar ein ganz herzliches „Vergelts Gott“ zu.

 

 

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