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Ob der junge Mann im Knast gute Karten hat?

1. März 2023

Jugendvollzug will auf die Delinquenten positiv einwirken, damit die Jugendlichen und jungen Erwachsenen zukünftig einen straffreien Weg gehen. Doch das System Strafvollzug hat einige Nebenwirkungen, die sich nicht verhindern lassen. Der Künstler Rudi Bannwarth drückt dies in der Herforder Knast-Krippe mit den Figuren der Hirten aus. Erst zwei kartenspielende Jungs im Freistundenhof auf einer Bank. Jetzt kommt ein neuer Hirte dazu.

Manchen Gefangenen spielt es gut in die Karten hinein inhaftiert zu sein. Sie haben sich im System angepasst machen Karriere in negativer Hinsicht. Die subkulturellen Gegebenheiten mit den Mitgefangenen prägen mehr, als das was die Behandlungs-Maßnahmen im Jugendvollzug bewirken wollen. Der Einfluss inoffizieller Regeln ist groß. „Im System Vollzug kann ich mich durchsetzen, indem ich mich behaupte. Das heißt, ich muss zeigen, dass ich kein Draufgänger bin, aber wenn es notwendig ist, auch zuschlagen kann“, erzählt der 21 jährige Joel freimütig. Er sitzt wegen Totschlags ein. Eine angeblich ideale Voraussetzung auf der „Leiter des Angesehen-seins“ im Knast aufzusteigen. „Auf der anderen Seite kann man hier auch untergehen, indem ich den Haftraum selten verlasse und ich mich in den Schlaf stürze“, sagt ein anderer Inhaftierter.

Frei zu entscheiden?

Im Brennglas des Jugendgefängnisses kommen Menschen zusammen die „draußen“ wahrscheinlich nicht zusammentreffen würden. Verschiedene Biografien, kulturelle Hintergründe, Sprachen und religiöse Zugehörigkeiten prallen aufeinander. Die klar vorgegebene Strukturierung des Alltages im Knast kann straffällig gewordenen Jugendlichen helfen. „Doch nie ist man frei zu entscheiden, was ich tun will, oder nicht“, sagt Joel nachdenklich. Er meint damit die Entscheidung, ob er die Behandlungsmaßnahme für inhaftierte Gefangene zum Thema Anti-Gewalt Training mitmacht, oder nicht. „Wenn ich mich weigere, dann werde ich nicht früher entlassen werden. Die Richterin wird mich fragen, warum ich dieses Training nicht mitgemacht habe“, reflektiert Joel weiter. Deshalb spielen viele Gefangene mit.

Leroy Sané als Vorbild?

Die Knast-Krippe drückt die Lebensrealität aus. Trotz des dunklen Ortes werden hier und da neue Sichtweisen klarer. Dies drückt der Künstler aus Ettlingenweier bei Karlsruhe mit der in der Entstehung befindlichen dritten Figur des Hirten aus. Ein junger Mann mit wachen Augen aus einem anderen Kulturkreis spielt mit. Ob er gute Karten im Knast hat? Als Vorbild im Aussehen der Hirtenfigur dient dem Holzbildhauer Bannwarth der Fußballspieler Leroy Sané. Der deutsch-französische Fußballspieler wurde als Sohn des ehemaligen senegalesischen Fußballnationalspielers Souleymane Sané in Essen geboren. Er steht für die vielfältigen Integrationsgeschichten aus dem Ruhrgebiet. Einige der Geschichten Inhaftierter sind nicht so glanzhaft, wie der des erfolgreichen Fußballspielers. Und doch haben die jungen Menschen mit ihrer Biografie Möglichkeiten, ihre Begabungen in legaler Weise umzusetzen und zu entfalten. Wie werden die Karten für den Menschen, wie die der Figur des Hirten, nach der Haft aussehen?

Michael King

 

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