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Polizei will Nationalität Tatverdächtiger nennen

28. August 2019

Die Pressestellen der Polizei in Nordrhein-Westfalen sollen generell Angaben zur Nationalität von Tatverdächtigen machen, falls sie bekannt ist. Dem wollen sich nicht alle Länder anschließen. Es sollen zukünftig in Nordrhein-Westfalen alle Nationalitäten von Tatverdächtigen genannt werden, sofern diese zweifelsfrei feststehen. Der Erlass zur Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Polizei in NRW werde derzeit entsprechend überarbeitet, teilte das Innenministerium in Düsseldorf mit. Die Praxis ist in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich, und das wird voraussichtlich auch so bleiben.

„Ich werbe seit meinem Amtsantritt um Transparenz. Das sollten wir in Zukunft auch in der Pressearbeit der Polizei noch konsequenter umsetzen“, erklärte Innenminister Herbert Reul (CDU) die geplante Änderung. Künftig solle gelten: „Wir nennen alle Nationalitäten von Tatverdächtigen, die wir sicher kennen – selbstverständlich auch die von deutschen Tatverdächtigen. Ich bin der festen Überzeugung, dass diese Transparenz das beste Mittel gegen politische Bauernfängerei ist.“ Im bisherigen Erlass heißt es: „Auf die Zugehörigkeit zu einer Minderheit wird in der internen und externen Berichterstattung nur hingewiesen, wenn sie für das Verständnis eines Sachverhalts oder für die Herstellung eines sachlichen Bezugs zwingend erforderlich ist.“

Der Deutsche Presserat begrüßte, „dass die Polizei der Presse die Information über die Nationalität von Tatverdächtigen zur Verfügung stellt“. Presserats-Sprecher Volker Stennei sagte weiter: „Die Entscheidung, ob die Nationalität für die Berichterstattung relevant ist, muss jede ethisch gebundene Redaktion sorgsam selbst abwägen und treffen. Das kann und darf keine Behörde entscheiden.“ Außerdem erklärte Stennei: „Allein die Tatsache, dass eine Behörde die Nationalität nennt, rechtfertigt nicht die Verwendung in der Berichterstattung.“ Nach der entsprechenden Richtlinie des Presserates müsse „ein begründetes öffentliches Interesse an der Herkunft eines Tatverdächtigen bestehen“.

Dies sei zumeist bei besonders schweren Taten wie Mord oder Terrorismus gegeben. Der Pressekodex empfiehlt in Richtlinie 12.1, in der Berichterstattung über Straftaten außerdem darauf zu achten, „dass die Erwähnung der Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu ethnischen, religiösen oder anderen Minderheiten nicht zu einer diskriminierenden Verallgemeinerung individuellen Fehlverhaltens führt“. Dort, wo die Polizei selbst als Kommunikator beziehungsweise Redaktion in direkter Ansprache gegenüber der Bevölkerung auftrete, sei es ihre ethische Verantwortung, mögliche Folgen zu bewerten. „Das ist nicht Aufgabe des Deutschen Presserates“, betonte Stennei.

Innerhalb Deutschlands ist die Praxis bei der Polizei nicht einheitlich: In Schleswig-Holstein etwa soll die Nationalität weiterhin nur dann genannt werden, wenn der Sachzusammenhang das erforderlich mache. „Diese Regelung hat sich bewährt“, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. In Thüringen gibt es nach Angaben des Innenministeriums weder einen Erlass zur Nennung von Nationalitäten in Pressemitteilungen, noch sei ein solcher in Planung. „Es liegt grundsätzlich im Ermessen des Polizeibeamten, zu entscheiden, ob die Nennung der Nationalität relevant für das Tatgeschehen ist“, sagte ein Ministeriumssprecher. Dabei sollen sich die Polizisten am Pressekodex orientieren, wie eine Sprecherin der Landespolizeidirektion ergänzte. „Letztlich muss von Fall zu Fall entschieden werden“, sagte die Sprecherin.

In Rheinland-Pfalz sei kein Erlass geplant, bei Presseauskünften künftig die Nationalität aller Tatverdächtigen zu nennen, so weit diese zweifelsfrei feststehe, sagte ein Sprecher des Innenministeriums in Mainz. Sie werde genannt, sofern dies aus Ermittlungsgründen für sinnvoll gehalten werde oder wenn in Übereinstimmung mit dem Pressekodex „ein begründetes öffentliches Interesse“ bestehe. Und auch in Baden-Württemberg ist in Presseauskünften der Polizei keine generelle Nennung der Nationalität von Verdächtigen bei Straftaten geplant. Ein Sprecher des Innenministeriums sagte in Stuttgart, die Nationalität werde in Abstimmung mit den beteiligten Staatsanwaltschaften und Gerichten dann veröffentlicht, wenn sie bei der Beurteilung einer Straftat eine Rolle spiele – bei einfachen Körperverletzungen zum Beispiel werde sie nicht genannt.

Von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) hieß es, die Nationalität von Tatverdächtigen spiele bei der polizeilichen Ermittlungsarbeit immer eine Rolle. „Ermittlungsergebnisse gehören aber nur begrenzt in die Öffentlichkeit“, erklärte der GdP-Bundesvorsitzende Oliver Malchow. „Deshalb kann es eine generelle Transparenz bei der polizeilichen Pressearbeit in diesem Zusammenhang nicht geben.“

Mit freundlicher Genehmigung der dpa

 

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