parallax background

Nach Fertigstellung der Königin: „Jetzt fehlen noch Ochs und Esel“

23. Juni 2023

Die Dreikönige der sogenannten Knastkrippe der Justizvollzugsanstalt Herford sind vollständig. Der Holzbildhauer Rudi Bannwarth aus Ettlingenweier bei Karlsruhe hat „den letzten König“ fertiggestellt: Es ist eine Königin. Sie symbolisiert die Freundin eines jugendlichen Inhaftierten. Eine neongrüne Jacke, weiße Schuhe und einen gestreiften Pullover. Sie trägt eine Krone auf einem roten Kissen. Genug Stoff, um Geschichten rund um den Knast zu erzählen.

Rudi Bannwarth bei der Präsentation und Verpackung der Königin in seiner Holzbildhauerwerkstatt in Ettlingenweier bei Karlsruhe.

Die Dreikönige sind in der Knastkrippe ein Bediensteter in Justizuniform mit einem Funkgerät, eine Rechtsanwältin mit einem Aktenordner und nun „der/die Dritte“ im Königsbund ist die Freundin eines Gefangenen. Eine Beziehung zu pflegen ist in Haft nicht einfach. Oftmals sind die Partnerschaften bereits davor brüchig gewesen. Doch sie gibt Halt und Hoffnung während einer Inhaftierung. Durch persönliche Besuche im Knast, Skype-Telefonate oder Langzeitbesuch kann der Kontakt gepflegt werden. Der Holzbildhauer, Bannwarth, hat mit jugendlichen Gefangenen gesprochen. Dabei stellte er fest, dass die Würde eines jeden Verurteilten hinter Mauern besonders hervorgehoben werden soll. „Die Krone ist das Symbol der Würde, die die Freundin mitbringt“, erzählt er.

Freud und Leid mit der Freundin

Nicht immer geht es würdevoll in einer Zweierbeziehung zu. Die Freundin kann selbst Probleme haben, sie ist überfordert und traut sich vielleicht nicht zu sagen, dass sie am liebsten nicht mehr zum Besuch kommen möchte. Es gibt sie aber, die Freundin, die die Treue hält, die mitträgt und mit aushält. Für viele ist sie der einzige Halt. Bricht dieser weg, fallen Jugendliche und junge Erwachsene in ein großes Loch. Der evangelische Gefängnisseelsorger, Stefan Thünemann, meint, dass die Figur auch eine Sozialarbeiterin sein könnte. „SozialarbeiterInnen setzen sich für die Jugenlichen ein und sie sind das Sprachrohr nach draußen. Damit wird der psychische Stress etwas abgemildert“, meint Thünemann. Fasziniert schaut der Gefängnisseelsorger Michael King die Figur an. „Das ist einfach klasse, wie solch eine Holzfigur innerlich Bilder aufsteigen lassen“, meint dieser. „Da kann man viele Geschichte dazu erzählen. Besondern die jugendlichen Gefangenen“, sagt er. King holt die Königin in der Werkstatt des Künstlers ab und bringt sie auf den Weg ins ostwestfälische Herford.

Wer könnte der Esel sein?

Dafür wird die Figur in eine Holzkiste eingepackt. „Damit nichts passiert“, sagt Bannwarth und schraubt den Deckel zu. Die Knastkrippe ist 2021 stückweise und prozesshaft mit Jugendlichen und dem Holzbilhauer entstanden. Im Zentrum steht ein Haftraum mit einem Inhaftierten als Jesus, den Großvater als Josef und Maria als eine etwa 40 Jahre alte Mutter eines Gefangenen. Die Kulisse bildet den Eingang der JVA Herford mit den großen schweren Toren. Ein Engel ist als arbeitender Gefangener mit Sonnenbrille dargestellt. Die Hirten sind kartenspielende Jugendliche auf einer Bank im Freistundenhof.  „Es fehlen nur noch Ochs und Esel“, sagt King. Wer könnten diese beiden Tiere in der Geburtsgeschichte Jesu im Knast verkörpern? „Dazu hat ein Jugendlicher schon gesagt, dass der Ochse die Justiz sei. Weil diese so schwerfällig und langatmig arbeite“, berichtet der Gefängnisseelsorger. Wer der Esel sein könnte, ist noch offen.

Michael King

 

 

1 Rückmeldung

  1. Mooshage sagt:

    Danke für die Links; beeindruckende Figuren und viele neue Eindrücke für meine Frau und mich. Eine ganz andere Welt, diese Welt hinter Mauern – und doch ein realer Bestandteil unser aller Gemeinschaft, leider allzu sehr oft vergessen und verdrängt. Es freut uns sehr, wenn wir ein bisschen helfen konnten. Alle Figuren gefallen uns, die Königin natürlich noch ein wenig mehr. Unser Telefonat war eine absolute Überraschung und eine schöne Bereicherung; es hat uns Freude gemacht, Ihre Begeisterung und Freude spüren zu dürfen! Weiterhin viel Erfolg und gute Erfahrungen sowohl für Ihre wichtige Arbeit wie auch die Ihrer KollegenInnen.

Feedback 💬

Ihre E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert