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Nach der Flutkatastrophe zeigt sich ungewohnte „Erlösung“

27. Juli 2021

Nach dem zerstörerischen Hochwasser zeigt sich nun eine Welle der Hilfe und Solidarität für die Betroffenen. Peter Otten, Pastoralreferent im Erzbistum Köln, ist davon sehr berührt und sieht in der gegenseitigen Unterstützung Gottes Heil aufblitzen. Die Hilfsbereitschaft gegenüber den Menschen in den vom Hochwasser zerstörten Katastrophengebieten ist unglaublich. Landwirte und Bauarbeiter kommen mit ihren Maschinen. Andere starten Hilfs- und Spendenaktionen. Bewohnerinnen und Bewohner erzählen, dass plötzlich wildfremde Menschen in Gummistiefeln anrücken und einfach loslegen.

Mich elektrisieren und berühren diese Geschichten, in denen sich Menschen gegen Verzweiflung, Resignation und Sinnlosigkeit stemmen. Sie zeigen, dass Solidarität, Zusammenhalt und Verantwortungsbereitschaft in weiten Teilen der Gesellschaft greifen, wenn es Not tut. Eine beeindruckende Wärmeskulptur ist da im Entstehen – um ein Bild von Joseph Beuys aufzugreifen: Menschen erzählen von der Hoffnung, wo andere gerade alle Hoffnung fahren lassen, indem sie kommen und einfach anpacken. Das ist wichtig in einer Gesellschaft, die sich ja in vielen politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und auch sozialen Bereichen spürbar atomisiert. Und: Das scheint gerade die gemeinsame Motivation der Menschen zu sein, die sich engagieren – ob sie nun religiös sind oder nicht: Wir wollen die Hoffnung nicht fahren lassen. Im Stich lassen ist keine Option.

Andersorte

Wer nun aber mit christlich grundierten Augen auf das blickt, was an Ahr und Erft gerade geschieht, wird sagen können: Wo von der Hoffnung wider alle Hoffnung erzählt wird, machen Menschen das Bild von Gott stark, der das Leben nicht fahren lässt. Der unbekannte Helfer mit der Schüppe – übersetzt er nicht das Bild vom guten Hirten in die Gegenwart, der dem, der im finsteren Tal wandert, die Angst nimmt? Die Kirche von Mayschoss haben Menschen kurzerhand zum Versorgungszentrum gemacht. Von dort werden Lebensmittel, Windeln, Wäsche und andere Hilfsgüter verteilt.

Kann dies nicht ein starkes Bild für die Kraft von Gemeinschaft sein – von Menschen untereinander und mit Gott? Mir geht es nicht darum, Motive von Helfern missbräuchlich zu deuten. Mir geht es um die Kraft, die in all dem steckt. Der Theologe Hans-Joachim Sander spricht von „Andersorten“ und meint damit „andere“ Orte, an denen Gottes Heil deutlich wird – andere als die Gewohnten. Erlösung kannst du nicht herstellen, anordnen oder einhegen. Sie ereignet sich – schlicht dann, wenn irgendeiner anfängt. Auch für die Kirche gäbe es gerade viel Gutes zu lernen.

Peter Otten | www.theosalon.de

 

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