parallax background

Ehemaliges Gefängnisareal heißt jetzt „maxfrei“

2. September 2019

Freiheit! Wer das Wort Gefängnis hört, denkt daran; wer im Gefängnis sitzt, sehnt sich nach ihr. 2018 hat der Investor Interboden das rund 3,5 ha große ehemalige Gefängnis-Areal an der Ulmenstraße in Düsseldorf-Derendorf vom Land Nordrhein-Westfalen gekauft. Gemeinsam mit dem Projektentwickler Hamburg Team hat Interboden bekannt gegeben, wie das dort geplante Stadtquartier heißen soll: „maxfrei“.

Die früheren Bewohner der Ulmer Höh` haben sich während ihres Zwangsaufenthaltes gewiss nicht frei gefühlt, da konnte auch die beste Wohnlage nichts ändern. Der Name soll, wie die Planer erklären, „maximale Freiheit“ für die Bewohner bedeuten. Sie spielen mit der Benennung „maxfrei“ geschickt mit der 120-jährigen Tradition als Gefängnisgelände. Vielleicht ist auch ein wenig Ironie dabei; irreführend ist der Bezug auf die Standorthistorie gewiss nicht.

Maximale Freiheit

Die Planungen für „maxfrei“ sehen ein autofreies Quartier mit mehr als 500 Wohnungen in bis zu fünf Vollgeschossen vor; darunter (jeweils ca.) 200 freifinanzierte und 170 geförderte Wohnungen sowie 170 geförderte Apartments für Studierende. Zum neuen Wohngebiet sollen Innenhöfe und Grünflächen, eine Kindertagesstätte, Spielplatz und Tiefgarage gehören, auch 15.000 Quadratmeter Gewerbefläche sind u.a. für Gastronomie und einen Supermarkt vorgesehen. Geplant ist der Baubeginn für das zweite Quartal 2020, die Fertigstellung für Ende 2023. Im Mittelpunkt soll der ehemalige A-Flügel des Gefängniskreuzbaus mit der Kapelle stehen.

Traurig stimmende Innnenansicht der verwüsteten Knastkirche nach dem Brand: der BLB hatte unzureichend gegen Vandalismus gesichert.

Wird die frühere Kapelle erhalten bleiben?

Gerade auch im Stadtteil Derendorf gab es Initiativen, die sich für die Erhaltung dieses Teils der alten Ulmer Höh´ eingesetzt haben. Es ist nicht sicher, ob es den in der Presse erwähnte Denkmalschutz wirklich gibt. Die Kapelle wurde im Jahr 2016 bei einer Brandstiftung erheblich verwüstet. Ärgerlich, dass der Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) des Landes das Gebäude nicht genügend gesichert hat, obwohl die örtliche Zeitung vorher schon über Vandalismus berichtet hatte.

Nach den publizierten Planungen soll das Gebäude mit der ehemaligen Gefängniskapelle zu einem sozialen Projekt umgebaut werden. Interboden hat dazu im April einen Baugruppenwettbewerb gestartet, in dem bis Ende September Bewerbungen möglich sind. Bereits 2015 hatte die Baugruppe „Leben-Kunst-Ulmer-Höh“ mit Horst Wackerbarth (der Künstler mit dem „roten Sofa“) ein Angebot (5 Mio. Euro) und fundierte Pläne mit Generationenwohnen, Ateliers und Bürgerzentrum vorgelegt. Wie teuer nach dem Brand aber zusätzliche Investitionen werden, ist unklar – und damit auch, was kommen wird.

Wenn Wände erzählen könnten

In der Kirche der Ulmer Höh´ hat in 120 Jahren eine unglaubliche Breite an Leben Platz gehabt. Natürlich gab es Gottesdienste, aber hierhin kamen Seelsorger auch mit Gefangenen nach einem Trauerfall für eine Kerze, Weinen oder Schweigen. Und die Kapelle war Kulturzentrum! Mit Auftritten und Proben von Rockband und Kirchenchor; Kabarett- und Theateraufführungen und klassischer Musik; Gruppen übten Autogenes Training; Bedienstete wetteiferten im Tischtennis; und die Toten Hosen brachten die Knastkirche und die Herzen zum Kochen.

Wolfgang Sieffert OP, Ulmer Echo | Fotocredit: Interboden Gruppe

 

Feedback 💬

Ihre E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert