Mit einer Art Rollenspiel versuchten die beiden Seelsorger, den biblischen Figuren Leben einzuhauchen. Foto: Dana.
In Form von 16 biblischen Figuren des polnischen Holzbildhauers Roman Śledź ist eine kunstvolle Krippendarstellung in die Jugendanstalt (JA) Hameln in Niedersachsen eingezogen. Dort sollen das Kind Jesus, Josef und Maria, einige Engel und Schafe Brücken zwischen Menschen und Nationen bauen. Die Personen der Krippe spiegeln so manche Lebenserfahrung wieder, die heute genauso gemacht werden können. Die Tiere ermöglichen einen Zugang zur Botschaft der Geburt Jesu, die sich in einem Stall ereignete.
Zum Festakt begrüßten Anstaltsleiter Wolfgang Kuhlmann sowie die Seelsorger als Ehrengast den niedersächsischen Wissenschafts- und Kulturminister Björn Thümler. Der CDU-Politiker ist ein Kenner der Arbeiten von Roman Śledź. Nach Meinung von Björn Thümler kann die Krippenkunst zwischen den Religionen vermitteln. Karsten Brüggemann und Matthias Weiß, evangelische Seelsorger in der Jugendanstalt, führten die Krippenfiguren im dialogischen Rollenspiel ein. Für das Justizministerium ist Ministerialdirigentin Christiane Jesse gekommen, die bis 2015 Leiterin der Jugendanstalt war.
In der Jugendanstalt sind Jugendliche und junge Erwachsene aus unterschiedlichen Kulturen und Religionen untergebracht. Viele der Jugendlichen haben keinen Bezug zur Kirche. Die Personen um die Geburtsgeschichte Jesu ermöglichen Zugänge, die den Lebenserfahrungen heute entsprechen können. Die Umstände sind in den Schilderungen der Weihnachtsgeschichte gar nicht so rosig. Josef war angeblich nicht der Vater des Kindes. Die Geburt Jesu durch Maria fand in einem Stall nahe Bethlehem statt: Unscheinbar und weitab der Weltöffentlichkeit.
Der Künstler der Krippenfiguren, Roman Śledź, stammt aus einer Bauernfamilie in Malinówka. Er unterstützte nach dem Tod seines Vaters die Mutter im Haushalt und bei der Betreuung der jüngeren Geschwister. Mit 20 Jahren unternahm er den ersten Versuch zu schnitzen. Das Interesse von ausländischen Kunstliebhabern in den achtziger Jahren waren die Ursache für die Probleme von Roman Śledź. Die häufigen Kontakte “in den Westen” führten dazu, dass das polnische Ordnungsamt Roman Śledź und seine künstlerischen Tätigkeiten aufmerksam betrachtete. Er erhielt den Bruder-Albert-Preis für sein religiöses Schaffen und (1979) und den Oskar-Kolberg-Preis, der ihm für herausragende Verdienste um die Volkskultur zuerkannt wurde (2002).
Hintergrund
Die Jugendanstalt ist auf einem 20 ha großen Gelände am südlichen Rand der Stadt Hameln in Niedersachsen im Jahr 1975 errichtet worden. Aktuell hat sie 589 Haftplätze. Das Hauptgebäude in der Mitte der Anstalt trennt den Werk- und Sportbereich vom Unterkunftsbereich. In den Unterkunftshäusern befinden sich Wohngruppen mit 7- 8 Hafträumen. Unmittelbar an das Werksgelände grenzt der Sportbereich. Im Zuge der Änderung des „niedersächsischen Einweisungs- und Vollstreckungsplans“ zum 1. Januar 2010 wurde der gesamte niedersächsische Jugendvollzug unter die Verwaltung der JA Hameln gestellt. Maßgebendste Veränderung war die Angliederung der ehemals selbständigen Jugendanstalt Göttingen-Leineberg sowie der Jugendarrestanstalt Göttingen.