Von links nach rechts unten: Stefan Thünemann und Michael King von der JVA Herford. Stehend: Frank Kribber, Thomas Gotthilf und Marcus Lühn von der JVA Lingen.
Die aus tropischen Holz gefertigten Krippenfiguren der Justizvollzugsanstalt Herford wechseln das Gefängnis. Jahrelang sind die etwa 50-60 cm großen Figuren in der Weihnachtszeit zur Darstellung der Geburt Jesu in der Anstaltskirche aufgestellt worden. Jetzt kommen sie in die niedersächsische Justizvollzugsanstalt Lingen. Möglich machte dies eine Anfrage des Gefängnisseelsorgers Frank Kribber aus Lingen.
In einem Nebensatz erwähnte der Gefängnisseelsorger aus der JVA Herford, Michael King, dass die “alten Krippenfiguren” aufgrund der neuen Knastkrippe im Jugendvollzug nicht mehr gebraucht werden. Frank Kribber, Gefängnisseelsorger der JVA Lingen im Erwachsenenvollzug wurde hellhörig. “Gerne schickt man die Krippenfiguren auf die Reise in eine andere Anstalt”, sagt Gefängnisseelsorger Stefan Thünemann aus der JVA Herford. “Es ist wie eine Art Amtshilfe. Wenn die Figuren dort eine neue Verwendung finden, kann das nur gut sein”, meint Thünemann. Woher die Figuren stammen und wer sie geschaffen hat ist nicht klar. Man vermutet, dass die Gruppe aus Maria, Josef, dem Jesuskind in der Krippe, die Dreikönige, einen Hirten, zwei Schafe sowie Ochs und Esel von einem evangelischen Missionar aus Afrika der JVA Herford in den 80 er Jahren überlassen wurden.
Das Schaf hat ein Bein ab
“Der Esel wurde schon einmal geklebt. Auch das Schaf hat ein Bein ab”, erzählt King. So kam kurzerhand das Schaf in der eigenen Tischlerei zur Reparatur, damit die Krippe nicht unvollständig abgegeben wird. Der Tischlermeister der JVA Herford hatte schon einmal den Stab des Hirten neu verleimt. Trotz den wenigen Macken sind die Krippenfiguren schön anzusehen. “Durch das massive Holz und die Größe machen sie schon Eindruck”, meint ein jugendlicher Gefangener. Mit einem Justizbully kommen die Figuren auf Transport, liebevoll in Decken eingepackt. Die Delegation aus der JVA Lingen mit den katholischen Gefängnisseelsorgern Frank Kribber, Markus Lühn und dem Evangelisch-lutherischen Pastor Thomas Gotthilf nutzen zudem den Besuch, um die JVA Herford und den Jugendvollzug kennenzulernen.
Es geht in den offenen Vollzug
Die Krippenfiguren kommen in die JVA Lingen-Damaschke, dem größten niedersächsischen Offenen Vollzug mit 230 Haftplätzen. “Die Figuren haben Lockerung bekommen und verlassen den geschlossenen Vollzug”, meint Gotthilf. “Dafür brauchen sie nicht einmal einen Ausgangsschein”, fügt Lühn schmunzelnd hinzu. Die Figuren finden eine neue Verwendung an einem anderen Knast-Ort. Einiges läuft im Jugendvollzug anders ab, bemerkt einer der Gefängnisseelsorger. “Aber auch die erwachsenen Inhaftierten können sich mit der Darstellung dieser Krippenfiguren identifizieren.” Er spielt auf die Reparaturstellen und Gebrochenheit der Figuren mit ihrer langen Geschichte an. “Menschen sind nicht perfekt und müssen mit ihren Narben leben”. sagt King. Die Menschen der Weihnachtsgeschichte können ein Spiegelbild für das eigene Leben sein.
Michael King